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Wenn Die Seele Verletzt Ist

Wenn Die Seele Verletzt Ist

Titel: Wenn Die Seele Verletzt Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sautter
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heute mit den Auswirkungen solcher Traumata zu tun. Derart belastete Kinder sind in der Regel kaum fähig, sich Wissen anzueignen und so eine Grundlage für eine qualifizierte Ausbildung zu erwerben, mit all den Auswirkungen auf die Gesellschaft. Verständnis über die Umstände, die einem solchen Verhalten vorausgehen müssen, ist leider meistens Mangelware.
    Nach unseren Erfahrungen gelingt es den Männern besser, traumatische Erlebnisse zu verkraften. Sie versuchen weitaus öfter als Frauen, ihre Opfererfahrungen durch Kämpfen zu verhindern. So verarbeiteten einige unserer Klienten ihre schweren Kindheitstraumata dadurch, daß sie hervorragende Kampfsportler, Soldaten oder Bodyguards wurden. Auch dasArbeitsleben scheint sich hervorragend sowohl im Sinne der Ablenkung als auch für die Abfuhr von aggressiven Impulsen zu eignen. Der amerikanische Psychiater Bessel van der Kolk verweist in seinem Buch „Traumatic Streß“ darauf, daß in der „Grant Study“, einer über 50 Jahre laufenden Studie der Harvard Universität festgestellt wurde, daß Männer, die nach dem Zweiten Weltkrieg an einer Posttraumatischen Belastungsstörung litten, mit viel größerer Wahrscheinlichkeit im „Who’s who in America“ aufgelistet wurden als ihre nicht traumatisierten Altersgenossen (S. 51). Das prominenteste Beispiel hierfür ist sicherlich John F. Kennedy, der trotz schwerster Krankheit im Jugendalter und traumatischer Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg Präsident der Vereinigten Staaten wurde.
    Auch heute noch ist es für Männer kein Manko, wenn sie sich nicht über Gefühle äußern können. Aggressives Verhalten ist zudem für Männer gesellschaftlich akzeptabel. So fallen traumatisierte Männer viel weniger auf als Frauen. Da ihnen nicht ständig vermittelt wird, mit ihnen stimme etwas nicht, suchen männliche Traumaopfer oft erst dann therapeutische Hilfe, wenn sich ihre schlimmen Erlebnisse in körperlichen oder psychischen Symptomen Ausdruck suchen oder wenn es durch die Abspaltung der Gefühlswelt zu Spannungen in der Partnerschaft kommt.
    Frauen haben es da viel schwerer, da sie durch ihre Erziehung, aber zum Teil auch durch ihre Veranlagung eher zum Fliehen als zum Kämpfen neigen. Darüber hinaus gelten kämpferische Frauen auch heute noch als unweiblich. So erleben mißbrauchte Mädchen ein Dilemma: Sie erfahren Gewalt, dürfen sich aber nicht wehren, da jede Form von Kampf weitere negative Sanktionen nach sich zieht. So bleibt den weiblichen Traumaopfern häufig nur der Rückzug in eine Innenwelt, in der der Mißbrauch an Körper und Seele so vollständig abspalten wird, daß das Trauma der bewußten Erinnerung nicht mehr zugänglich ist. Diese Abspaltung hat allerdings einen gewaltigen Preis, da die Frauen einen Großteil ihres differenzierten Gefühlslebens ebenfalls abspalten.
    Dies ist in unserer Gesellschaft im Gegensatz zu den Männern ein großes Manko: Frauen haben Gefühle zu haben und sollten darüber sprechen können! So gelten diese Frauen als gefühlskalt oder total blockiert. Sie sindselbst davon überzeugt, daß „etwas mit ihnen nicht stimme“, und greifen auf ihr bewährtes Bewältigungsmuster für belastende Situationen zurück: Rückzug in die Innenwelt. Ist dieser Teufelskreis erst einmal wirksam, sind die Auswirkungen auf die Paarbeziehungen massiv.
    Gesellschaftlich hat der falsche Umgang mit Trauma schlimme, auch finanzielle Folgen. Arbeitsunfähige, chronisch psychosomatisch Erkrankte, auffällige bis straffällige Jugendliche und Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, belasten die Solidargemeinschaft. In ihrer Studie zeigen North und Smith (1992, in v. d. Kolk, S. 156) auf, daß die Posttraumatische Belastungsstörung eine der verbreitetsten psychischen Störungen unter Obdachlosen ist; diese Störung verursachte den gesellschaftlichen Abstieg. Eine australische Studie (ebd. Raeside, Shaw, McFarlane, 1995) zeigte einen deutlichen Zusammenhang von sexuellem Mißbrauch in der Kindheit und späterer Kriminalität der betroffenen Frauen. Eine Studie aus einer Drogenrehabilitationsklinik (ebd. Fullilove, 1993) bewies einen signifikanten Zusammenhang (59%) zwischen einer Posttraumatischen Belastungsstörung und der späteren Sucht.
    In diesen Bereich gehört natürlich auch das Thema „Mobbing am Arbeitsplatz“. Ständiges Abwerten fällt unter den Oberbegriff „psychische Mißhandlung“ und wirkt nicht nur auf Kinder traumatisierend. Aus Sorge um den Arbeitsplatz wagen viele

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