Wenn die Sinne erwachen - Teil 3
und streichelte dabei zärtlich ihre Hand. „Aber ich will ehrlich zu dir sein: Die Chancen, dass ich damit Erfolg haben werde, sind sehr, sehr gering! Äußerst gering!“
Er sah, wie Lillian sich bei seinen wenig ermutigenden Worten verzweifelt auf die Lippen biss.
Sie entzog ihm ihre Hand und begann im Salon unruhig auf und ab zu gehen. Irgendetwas schien sie zu beschäftigen und John beschlich das Gefühl, dass sie ihm noch nicht alles gesagt hatte.
Von Zeit zu Zeit warf sie ihm immer wieder einen nachdenklichen, aber auch unruhigen Blick zu, so, als ob sie ihm gerne etwas sagen wollte, aber im letzten Moment immer wieder davor zurückschreckte.
„ Es reicht nicht, dass du es nur versuchst, John. Es muss klappen! Ich habe Edan mein Wort gegeben, dass er als freier Mann zurückkehren kann und ...!“ Sie holte tief Luft, bevor sie atemlos hervorstieß: „Er ist bereits auf dem Weg nach Engand!“
Für Sekunden war es totenstill im Salon. John warf Lillian einen fassungslosen Blick zu, aber in ihren Augen konnte er lesen, dass sie die Wahrheit sagte.
„ Mein Gott, Lillian! Das ist absoluter Wahnsinn!“, stieß er hervor. „Wieso bist du nicht schon viel früher zu mir gekommen? Als ich noch Lord Chancellor gewesen bin?“
„ Das ging nicht! Charles hasste Edan und hätte es niemals zugelassen, dass ...!“, brach es aus Lillian hervor.
„ Dein Mann hasste seinen eigenen Sohn?“, fragte John verblüfft. „Warum nur um Himmels Willen?“
„ Darüber möchte ich lieber nicht sprechen!“
„ Ach? Ich soll das Unmögliche für dich vollbringen, aber du willst mir nicht einmal deine Beweggründe verraten?!“ In seiner Stimme war deutliche Verärgerung zu hören.
„ Ich kann es dir nicht sagen ...!“
„ Warum nicht?“
„ Weil … weil ich es einfach nicht kann!“ Lillian versuchte bestimmt zu klingen, nervös wich sie seinem Blick aus.
Johns Neugier war geweckt.
„ Wenn du willst, dass ich mich für deinen Sohn einsetze und etwas völlig Unmögliches vollbringen soll, dann wirst du mir verdammt noch mal etwas entgegenkommen müssen! Wie zur Hölle, kann ein Vater seinen eigenen Sohn hassen?“
Lillian wandte sich hastig von ihm ab. Statt zu antworten, begann sie sich schweigend mit ihrem Retikül zu beschäftigen.
„ Lillian!“, sagte John gedehnt und trat langsam näher. Als er dicht hinter ihr stand und sein Atem ihren Nacken berührte, konnte er sehen, wie sich darauf Gänsehaut bildete.
Sein Herz begann zu jubeln. Diese schöne, abweisende Frau reagierte noch immer auf ihn, wie vor vierzig Jahren. Ihre Gänsehaut strafte ihre abweisende Haltung Lügen.
„ Sag mir, wieso dein Mann euren Sohn hasste?“ Dabei legte er seine Hände auf ihre Oberarme und begann sie leicht zu streicheln.
Er genoss die Wärme ihrer Haut, die selbst durch den Stoff ihres hübschen Tageskleides zu spüren war und seine Handflächen wunderbar prickeln ließ. Noch mehr gefiel ihm, dass sie seine Berührung duldete und sie ihr sogar zu gefallen schien.
Es kam ihm vor, als ob Lillian leicht schwanken würde. Rasch umschlang er sie mit beiden Armen, um sie zu stützen. Ihr Protest währte nur kurz. Stattdessen lauschte John mit Freuden ihrem leichten, sehnsüchtigen Seufzen, das ungewollt ihren Lippen entschlüpfte, als sie sich gegen seine Brust lehnte.
Lillian reichte ihm gerade bis zum Kinn. John konnte nicht anders, als seine Nase in ihrem herrlich duftenden Haar zu vergraben und ihren so schmerzlich vermissten Duft tief in sich aufzunehmen. Er hatte diesen wunderbaren Duft weißer Lilien nie vergessen können.
Manchmal, wenn ein großer Schmerz aus Einsamkeit und Melancholie auf seine Seele drückte, suchte er Zuflucht an dem kleinen See im Garten von Rosewood Manor und sog wie ein Ertrinkender den Duft der vielen hundert weißen Lilien in sich auf, die die Gärtner auf sein Geheiß hin angepflanzt hatten. Dieser Duft brachte ihm immer wieder die Erinnerung an Lillian zurück! An sie und jene unvergessliche Liebesnacht!
Manchmal hatte ihn dieser Lilien-Duft auf wunderbare Art getröstet, manchmal sein Gemüt noch wunder und einsamer zurückgelassen, als es ohnehin schon war.
John seufzte ergeben in ihr Haar. Er genoss diesen seltenen Augenblick mit der Frau, die er aus ganzem Herzen liebte. Er spürte, wie alles an ihm mit unglaublicher Macht zu ihr drängte – sein Geist, sein Köper, vor allem aber seine dürstende Seele.
„ Sag es mir, Lillian!“, hauchte er leise in ihr Haar. „Was auch
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