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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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passenden Leichen zur Lache ausspuckt.“
    Ohne den Blick von Leonie abzuwenden, wies sie mit dem Daumen auf das Foto. „Das ist doch irgendwie unheimlich, nicht? Fast so, als wäre da etwas, das danach schreit, nicht zu vergessen, sondern die Täter zu finden.“
    Tatsächlich fröstelte Leonie. Aber sie spürte auch, dass diese Unterhaltung ein einmaliger Zufall war, den sie nutzen musste. „ Wer waren…“ Doch dann rief ein Gast nach der Frau und sie eilte davon. Mist. In Gedanken versunken wartete Leonie auf ihre Rückkehr.
    „So, da bin ich wieder. Wo waren wir?“
    Inzwischen war Leonie froh, dass die Kellnerin so scharf auf diese Geschichte war. „Diese Männer, hatten die irgendwie miteinander zu tun ?“
    Kurz zögerte die Frau und betrachtete Leonie eingehend. „Das ist jetzt echt irre.“
    Leonie verstand nicht. „Was ist irre?“
    Die Frau blieb an Leonies Augen hängen und schien auf einmal von ganz weit weg wieder zurückzukommen . „Entschuldige. Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, ich bin d ir schon mal begegnet. Das hier “ , sie machte eine ausladende Geste, „und dieses Ges präch, es wirkt irgendwie so vertraut. Aber wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein, weil ich schon so einiges über dich gehört habe.“ Die Frau winkte ungeduldig ab und lenkte das Gespräch zurück auf das Thema. „Ich quatsche Blödsinn, das kommt davon, wenn man nie was anderes gemacht hat, als hier rumzuhängen. Also, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja! Klar haben die Jungs miteinander zu tun gehabt. An dem Tisch in der Ecke haben sie immer gesessen und die Köpfe zusammengesteckt.“
    „Tatsächlich.“ Nachdenklich folgte Leonies Blick der angedeuteten Richtung .
    „Oh, hallo Angela! Wie geht’s den Kindern?“
    Leonie hatte gar nicht bemerkt, wie Angela an ihre Seite getreten war . „Wunderbar. Ich hab ’ sie gerade abgeliefert.“
    „Ah, verstehe.“ Ohne zu fragen, was Angela trinken wollte, brachte ihr die Frau mit dem tiefen Ausschnitt einen Gin Tonic.
    „Leonie? Alles in Ordnung ? “
    Bewegungslos sass Leonie einfach da und schaute ins Leere. Erst als Angela ihr vorsichtig auf die Schulter tippte, erwachte sie aus ihrer Starre. „ Kann das sein? “ Leonie flüsterte die Worte mehr vor sich hin, als dass sie sie an Angela richtete. Diese hatte entsprechend Mühe, Leonie zu folgen. Sie beugte sich etwas vor, um besser verstehen zu können. „ Kann was sein ?“
    Leonie überging Angela und wandte sich erneut an die Kellnerin. „Entschuldigung? Ich hätte da noch eine Frage.“
     
     

1986
     
    „Wie geht es jetzt weiter?“ Helen hatte keine Kraft, verärgert zu sein. Abgesehen davon hätte Wut auch nichts verändert. Einlenken war alles, was sie noch tun konnten.
    „Die Tiere wird er bei uns belassen. Aber sie gehören jetzt allesamt ihm. Wir kümmern uns um sie, als Gegenleistung verlangt er nichts mehr für die Stallungen und den Boden, auf denen sie stehen.“ Heinz legte eine Pause ein. Das erste Mal seit Beginn des Gesprächs, wagte er, sein e Frau anzusehen. Ihr Blick führte ins Leere und ihr Nicken wirkte hölzern, wie das einer Marionette.
    „Und weiter?“
    „ Für den Anfang werde ich den Sessellift am Seetalhorn bedienen, um das Haus halten zu können.“
    „Warum ausgerechnet den Sessellift?“
    „Das ist der einzige Ort, an dem er noch keinen Verbündeten abgestellt hat.“
    Kurz dachte Helen nach. „Stimmt. Und sonst?“
    Heinz zögerte. Er schien die Worte genau abzuwägen. „Manchmal muss ich noch einige Zusatzaufgaben erledigen.“
    Die Augenlieder schlossen sich und Helen atmete konzentriert aus. „Zusatzaufgaben?“ Die Worte kamen gepresst zwischen ihren schmal gewordenen Lippen hervor.
    Heinz schluckte. „ Das werde ich erfahren, wenn es soweit ist.“
     
    Anfangs war alles in Ordnung. Heinz musste sogar zugeben, dass ihm die Arbeit am Skilift Spass machte. Mit der Zeit begann er sich zu fragen, weshalb er nicht schon früher auf die Idee gekommen war , einen solchen Job anzunehmen. Die Antwort war schnell gefunden: Weil der Verdienst eindeutig zu gering war , um den Traum seiner Frau von einem eigenen Hof aufrecht zu erhalten. Und jetzt hatte er irgendwie doch beides , den Hof und den Job, der zuwenig einbrachte . Welche Ironie.
    Mit der Sonne im Gesicht erhob sich Heinz, als er hörte, wie einige Skifahrer begleitet von lautem Gelächter und prahlerischen Sprüche n um die Ecke gerauscht kamen. Geduldig wartete Heinz , bis sich die Gäste

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