Wenn die Wahrheit nicht ruht
benützen?“
„Sicher. Was brauchst du denn?“
„Du hast Z ugriff auf die Archivakten , oder?“
„Auf die , die sc hon digitalisiert sind, ja.“ Noë lia setzte sich an ihren PC. Während Timo sich hinter sie stellte, eine Hand auf ihrer Stuhllehne, die andere auf den Schreibtisch gestützt, lugte er ihr über die Schulter.
Mit ein paar wenigen Klicks war sie im entsprechenden Programm. „Was suchst du denn?“
„Gib mal Ebner ein.“
Noë lia tat wie geheissen. Der Name ergab einige Treffer , was angesichts der vielen Ebners, die in der Schweiz lebte n, nicht besonders hilfreich war . „Alles klar. Versuch mal Marc Ebner .“
Noë lias Finger flogen förmlich über die Tastatur.
„Das sieht doch schon viel besser aus.“
„Aber das ist eine Krankenakte aus dem Jahr ’ 86. In Anbetracht der Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren müsste diese Akte schon längst entsorgt sein, abgesehen davon, dass ein Dossier aus dem Jahre ’86 überhaupt nicht im Computer gespeichert sein sollte. Die Digitalisierung begann erst viel später. Das muss ein Systemfehler sein.“
„Ich hoffe nicht.“ Timo war klar gewesen, dass die Akte aufgrund ihres Alters mögliche rweise nicht mehr existierte . Dennoch hoffte er, zumindest einen Anhaltspunkt finden zu können und das schien ihm gelungen zu sein.
„ Was willst du denn …“ Noë lia zögerte, sortierte ihre Gedanken neu und begann die Frage anders. „Wenn ich dich fragen würde, wer das ist und was du mit dieser alten Akte willst, bekäme ich eine Antwort?“
Ihre Ahnung bestätigte sich, denn Timo schüttelte den Kopf. Stattdessen zeigte er auf den Stuhl, auf dem sie sass. „Darf ich?“
Ohne Widerworte erhob sich Noelia und gab den Platz frei. „Wenn ich etwas tun kann , sag ’ s mir, ja?“
„ Ja . Danke.“ Seine Haltung zeigte deutlich, dass ihre Anwesenheit nicht mehr erforderlich war. Er antwortete, ohne den Bildschirm auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
„Sagen Sie, welchen Beschäftigungen gingen die drei Herren denn so nach?“ Leonie versuchte die Frage beiläufig klingen zu lassen. Der Versuch, ihre Aufregung zu unterdrücken , war nicht ganz so erfolgreich, wie gewünscht, denn die Nervosität schwappte spürbar zu Angela über , die sich bereitwillig anstecken liess.
Nur die Frau hinter dem Tresen bemerkte nichts davon. „Oh, das ist alles schon so lange her! Lasst mich mal überlegen. Am besten gehen wir der Reihe nach. Der Josef besass einige Grundstücke im und um den Ort. Auf dem ein en oder anderen stand ein Hof, den er anderen zur Bewirtschaftung überliess. Aber es war wie verhext. Nie blieben die Pächter länger als drei Jahre. Wieso, weiss niemand so genau. Dabei waren die Gebäude immer so gut im Schuss! Was ja auch kein Wunder ist, war doch der Josef handwerklich wirklich geschickt! Sehen sie die Theke hier? Die hat er gemacht. “ Fast ein wenig stolz strich die Frau über das Barblatt.
„Machte er das nur zum Spass oder auch beruflich?“
„Nein, nein, ihm gehörte die Schreinerei. Das war ja gerade das Problem. Er stellte nämlich eine Frau ein. Da dauerte es natürlich nicht lange, bis die Gerüchteküche brodelte. Nachdem er verschwunden war, hiess es, er wäre mit ihr auf und davon. Die arme Marlene blieb mit gebrochenem Herzen zurück. “
„Tatsächlich? Ganz schön schlimm.“ Daran war Leonie nicht wirklich interessiert, sie wollte aber auch nicht unhöflich wirken. „Und die anderen beiden?“
„Nun, der Moritz hat te eine eigene Treuhandgesellschaft und arbeitete in dieser Funktion auch in der Gemeindeverwaltung. Wenn’ s um Zahlen ging, gab’s keinen b esseren.“
„Wirklich?“ Diesmal war das Intere sse nicht geheuchelt. „Und der D ritte?“
„Der Dritte im Bunde ist, nein, war der Hans Zumbrunn. Gott hab ’ in selig.“ Den Blick zum Himmel gerichtet, bekreuzigte sich die Frau. „Er war zwar hart und streng, aber auch gerecht. Ein en guten Mann hat sich der Herr da geholt.“
Leonie und Angela tauschten einen vielsagenden Blick. „Von ihm habe ich auch schon gehört. Natürlich nicht nur wegen den jüngsten Ereignissen. War er nicht der Gemeindepräsident?“
„Und ob! Aber er war noch viel mehr! Ihm gehörte diese Gaststube, mitsamt dem Rest des Hauses. Kontrolliert hatte er das Dorf ja im mer schon, ihm entging nichts. A ber i rgendwann liefen die Geschäfte so gut, dass ihm dann auch bald das halbe Dorf gehörte. Aber nur während ein paar Jahre n . Dann wurde ihm
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