Wenn die Wahrheit nicht ruht
„danke und bis zum nächsten Mal.“ Leonie nickte er kurz zu und wandte sich an die Führerkabine.
„Nicht so schnell mein Lieber. Ich komme mit.“
Ein Fuss war bereits im Wagen drin, als er innehielt und den Kopf hängen liess. Ohne sich umzudrehen fragte er: „Du hast doch ein Auto. Oder ist dieses Ei etwa nicht deines ?“
„Doch. Und weil Pablos Frau gerne einmal eine Spritztour mit einem derart süssen Auto, wie sie es zu nennen pflegt, machen würde, haben Pablo und ich spontan beschlossen, ihr eine Freude zu bereiten.“
„Du kennst sie doch überhaupt nicht und Pablo kann sich dieses Raffaello auch mieten.“
„Tu ich nicht und könnte er. Wird er aber nicht, er kriegt meins. Sie bringen es mir morgen zurück ins Dorf, denn sie verbinden es mit einem Skiausflug, weil Pablo es nämlich wieder einmal an der Zeit findet, die Geduld seiner Frau mit einem Wohlfühlprogramm zu würdigen.“
„Pablo kann nicht Autofahren und seine Frau noch weniger. Du weiss t, wie sich der Weg nach Grächen gestaltet. Stell dir bitte die Katastrophe vor!“ Inzwischen hatte sich Sebastian hinters Steuer gesetzt.
„Ovalium ist gutmütig und kennt den Weg.“ Leonie marschierte entschlossen um den Lieferwagen herum, warf Pablo den Schlüssel ihres Autos zu , schickte einen Handkuss hinterher und stieg ein. Sebastian verdrehte die Augen, sah aber ein, dass er verloren hatte. Er startete den Motor, setzte zurück und fädelte dann in den Verkehr ein. Eigentlich hatte er sich vorgenommen sie zu ignorieren. Sie jedoch schien es darauf anzulegen, ihm ihre Anwesenheit wörtlich unter die Nase zu reiben. Obwohl sie schwieg, nahm er ihre Anwesenheit überdeutlich wahr. Der Duft ihrer Haare stieg ihm in die Nase, aus dem Augenwinkel sah er ihre Hand mit den schlanken , langen Fingern auf dem Knie ruhen, welches in eine h autenge Jeans eingepackt war. Als dann auch noch ‚ Sex On Fire’ aus dem Radio dröhnte, hielt er es nicht mehr aus. Besser zur Ablenkung mit ihr zu sprechen als seiner Fantasie die Grenzen zu öffnen.
„Ovalium?“
„ Jep. Mein Cinquecento ist ein Ei, also oval und nicht unbedingt der S chnellste. Fast so, als gäbe ich ihm ab und an ein Valium in den Tank. Das ergibt zusammen Ovalium. “
Jetzt musste sogar er grinsen.
„Oh, warte! Halt bitte an!“ Aus Reflex legte sie eine Hand auf seinen Arm. Während sie sie wegzog, als hätte sie sich verbrannt, fühlte sich die Stelle auf seinem Arm exakt genauso an.
„Was? Was ist?“
„Ich habe Lust auf Schokolade.“
„Das ist jetzt nicht dein Ernst. Ich halte nicht an wegen Schokolade. Die gibt es auch bei uns.“
„Hast du auf die Uhr gesehen? In der Bar haben wir keine und die Läden haben geschlossen, bis wir oben sind.“
Da musste er ihr allerdings Recht geben. „Der Automat bei der Post?“
„Ach bitte, nur kurz an die Tankstelle. Ich bin auch gleich wieder da. “
Beim Wort Tankstelle warf Sebastian ganz automatisch einen Blick auf die Tankanzeige im Auto. „Mist. Könnte sein, dass du uns soeben vor dem Schieben bewahrt hast.“
Leonie folgte seinem Blick und kam nicht umhin, spöttisch zu lächeln. „Hat Sascha nichts gesagt?“ Sebastian schüttelte mit zusammen ge pressten Lippen den Kopf, setzte den Blinker und fuhr an die Zapfsäule. „Dann hat er es wohl vergessen.“ Daran glaubte Sebastian allerdings nicht, aber er hütete sich, Leonie etwas von seinem Verdacht zu sagen.
Angela trat in die Bar und war mehr als verwundert, nur Sascha vorzufinden. „Wo sind die anderen?“
Sascha, der am Mischpult zugange war, zuckte etwas zusammen, denn er hatte Angelas Eintreten nicht bemerkt. „Die sind bei Pablo.“
„Pa blo? Um diese Zeit? Sascha Bernard Schneider, was hast du angerichtet?“
Wieder zuckte er zusammen. Angela nannte ihn nur bei seinem vollen Nam en, wenn ihre Mami-Sensoren Ungezogenheit orteten. „Du hast doch erwähnt, dass es kräftig gefunkt hat , sie sich aber seither nicht mehr ansehen können .“ Eingeschüchtert verstummte er unter ihrem strengen Blick.
„Also schickst du sie los, bei Pablo die neuen Getränke zu holen?“
„Nicht ganz. Du warst noch nicht da und Leonie hatte den Tag bereits in Brig verbracht, also habe ich sie um Hilfe gebeten. Ist doch naheliegend!“
„Ja , natürlich.“ Angela sah ihn ungläubig an.
„Ich will doch nur, dass er wieder in den Sattel kommt. Die Geschichte mit Julia ist jetzt schon so lange her und es scheint, als hätte ich endlich eine erwischt, bei der
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