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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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zogen die Skier aus und stürzten auf Leonies Vater zu. Leonie erschrak über den plötzlichen Lärm und beobachtete mit weit aufgerissenen Augen die fremden Menschen, die ihren Vater abzutasten begannen. Hinter ihr riefen Leute andern zu, stehen zu bleiben . Verwirrt blickte sie sich um.
    Was sie sah, gab ein skurriles Bild ab. Einige Skifahrer , die dazugekommen waren, hatten ihre Skier ausgezogen , sie über die ganze Pistenbreite gekreuzt in den Schnee gesteckt und bildeten nun eine Absperrung aus Fleisch, Blut und Sportgeräten. Zusätzlich wedelten manche mit ihren Skistöcken hangaufwärts oder sie hoben sie, ebenfalls überkreuzt , weit in die Luft. Auch die Gaffer waren zur Stelle . Es wirkte, als würde b einahe der ganze Wintersportbetrieb inne halten und die Menschen schienen im Geiste Bilder für das persönliche Tagebuch zu schiessen .
    Leonie traten die Tränen in die Augen. Warum schauten diese Leute alle zu? Sie konnte kaum hinsehen, aber diese Menschen starrten förmlich und man konnte sie reden hören. Wie ein Bienenschwarm brummten die Unterhaltungen ununterbrochen. Immer wieder seufzte jemand, äusserte seinen Schrecken, s ein Mitleid und stellte Fragen.
    Leonie war zwar noch klein, aber dieses Verhalten liess ein unangenehmes Wutgefühl in ihr aufsteigen. Das war ganz alleine ihr Vater und nicht einmal sie wusste , was geschehen war. Dann ging es die anderen erst recht nichts an. Die sollten alle verschwinden, Papa sollte endlich wieder aufstehen und weiterfahren. Sie hatte genug von dieser Pause. Das machte keinen Spass.
    Aber er stand nicht auf.
    Plötzlich durchbrach ein lautes Geräusch Leonies Gedanken. Erneut zuckte sie zusa mmen, als auf einmal hinter der Bergkuppe ein rot -weisser Helikopter mit laut schlagenden Rotorblättern auftauchte. Begleitet vom wilden Tanz aufgewirbelten Schnees schwebte e r w ie ein Monster über dem Erdb oden , setzte schliesslich auf die Erde auf und spuckte dann zwei in rot gekleidete Männer aus seinem Bauch. So etwas hatte Leonie noch nie aus nächster Nähe gesehen. Vertieft in die Betrachtung des Rumpf es , spürte sie im ersten Augenblick nicht , wie sich eine Hand sanft auf ihre Schulter legte. Erst als ein Arm folgte, der sich um sie schlang , liess sie den Kopf herum fahren. Die hübsche Brünette mit einem runden gutmütigen Gesicht liess sich nicht beirren. Ganz sanft zog sie Leonie an sich und wiegte sie in den Armen. Leise summte sie ein Lied , und obwohl sie fremd war und Leonie wusste, dass sie nicht mit Fremden sprec hen geschweige denn, sich von ihnen in die Arme nehmen lassen durfte, hatte die Geste der Frau nichts Bedrohliches. Im Gegenteil, der Gefühlsaufruhr legte sich langsam und obwohl die Angst und die Ungewissheit blieben, wurde Leonie ruhiger. Vertrauensvoll legte sie den Kopf an die Schulter der Frau und liess nun auch ihren Tränen freien Lauf.
     
     

2010
     
    „Sebastian?“ Sascha stand breitbeinig über einem Stapel mit Weinkisten, um dahinter spähen zu können. Zwischen Schulter und Ohr klemmte noch das i Phone, während er mit den Händen eine Kiste mit Putzutensilien jonglierte. „Sebastian!“
    „Mensch, wenn du in dieser Tonlage weiter machst, können dich nur noch Hunde verstehen.“ Lässig die Hände in seine Jeans eingeha kt , schlenderte Sebastian in den Lagerraum. Als er Sas c has Zirkusnummer sah, die definitiv zu scheitern drohte, beschleunigte er sein Tempo. Gerade noch rechtzeitig konnte er ihm die Kiste aus der Hand nehmen, so dass das unter dem Ohr wegrutschende Telefon sicher in Saschas Händen landen konnte. „Wenn du damit die Mädels beeindrucken willst, musst du noch ein bisschen üben. Und das Material für die Hände würde ich ebenfalls überdenken.“ Naserümpfend blickte er auf den schmut zigen Lappen, der unter allerlei Bürsten und Schwämmen hervorlugte.
    „Ich seh’ schon, du sprühst mal wieder vor Witz. Vielleicht suchst du dir für deine Komikereinlage andere Zuschauer. S olche , die es witzig finden , wären ganz gut. Möglicherweise wirst du in Br ig fündig?“ Auffordernd blickte Sascha sein Gegenüber an, g enau wissend, dass er die Doppeldeutigkeit seiner Aussage verstanden hatte.
    Sebastian kniff die Augen zusammen und bedachte seinen Freund mit einem finsteren Blick. „ Lass mich raten. Deine Glasbruchversicherung für das Display deines Telefons hätte sich beinahe ausgezahlt, weil Pablo dich angerufen hat, um dich über den eingetroffenen Nachschub zu informieren.“
    „Du

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