Wenn die Wahrheit nicht ruht
Ordnung . Die zwei Wochen ver gingen wie im Flug und schliesslich musste ich sie w i eder gehen lassen. Anfangs dachte ich, das wäre kein Problem, denn ich nutzte damals ohne Wenn und Aber noch absolut alle Vorzüge eines Skilehrers aus, vor allem die Anziehungskraft auf Frauen. Aber bei ihr war es anders. Sie fehlte mir. Und ihr schien es genauso zu gehen. Weitere zwei Wochen später stand sie mit Sack und Pack vor meiner Tür. Sie erklärte mir, sie habe in der Bar in Basel gekündigt und bereits mit Sascha über einen Arbeitsvertrag gesprochen. Es fehl e nur noch mein Einverständnis. Natürlich fiel ich aus allen Wolken, konnte mir a ber nicht s Schöneres vorstellen. Das gemeinsame Leben nahm seinen Lauf und der Alltag kehrte ein. Bald wusste jeder männliche Gast mehr über sie , als ich. A ber nat ürlich wusste keiner über mich B escheid. Das gab mir zu denken. Schlussendlich kam sie dann nach einer langen Arbeitsnacht nach Hause und offenbarte mir, sie wolle nach Australien, um dort eine eigene Bar zu eröffnen. Sie hätte ein total angeregtes Gespräch mit einem Typen gehabt, der einige Zeit in Australien verbracht hatte und nun diesen Traum verfolgen würde. Dann erklärte sie, dass dies doch die Gelegenheit wäre, aus dieser Arschkälte rauszukommen und ein gemeinsames Leben mit Sonne, Strand und Meer zu beginnen. Gäbe es denn etwas Schöneres? Wiederum der Fall aus allen Wolken. Ich wusste nicht einmal, dass sie aus Grächen weg wollte, geschweige denn aus der Schweiz. Du kannst dir vorstellen , was dann kam. Ich wehrte mich, erklärte sie für verrückt und sie packte ihre Sachen ohne mich. Dann folgte wohl aus Trotz ein One-Night-Stand mit Sascha auf dem Rücksitz meines Autos , bevor d ieser Crocodile Dundee-Verschnitt aus der Bar sie dann in seinen VW-Bus ein lud und los cruiste . Die Moral von der Geschichte: S ie schaffte es genau bis nach Brig, aber zurück zu mir kam sie dennoch nicht. Das war vor zwei Jahren. Seither hat Sascha Sommer wie Winter immer neue Saisonarbeiterinnen im Angebot.“
Inzwischen war der Lieferwagen leer und sie hockten im Lager auf zwei umgedrehten Harrassen.
„ Und du hast sie alle verachtet, während Sascha immer noch dein Freund ist. Meinst du nicht, Sascha wollte dir damit einen Gefallen tun? Er setzt dir hübsche Mädels vor die Nase, die nur zu bereit für ein wenig Spass sind. Das klingt für mich nach Therapie.“
„Therapie?“
„Jawohl. Mir hat mal ein Mann gesagt, bedeutungsloser Sex tröstet über jeden Schmerz hinweg.“
„ Da bin ich anderer Meinung. E r betäubt ihn nur. Lässt die Betäubung nach, kehrt der Schmerz mit voller Wucht zurück.“
„Deshalb hast du also alle abgewiesen. Wenn ich mir das genauer überlege, kann ich dich verstehen. Wie nervtötend muss es sein, wenn einem Frauen Honig um den Bart schmie ren, deren Qualitäten nicht im D enken, s ondern im Gutaussehen und V ögeln liegen. Kann Mann nichts damit anfangen, sind Umgarnungsversuche solcher Weiber sicher anstrengend.“
„Jetzt wirst du unfair. Sie hatten auch ein anderes Talent. Ausnahmslos alle waren tolle Barkeeperinnen.“
Leonie musste schmunzeln. „Hat dich denn wirklich keine einzige auch nur ein bisschen gereizt?“
Sebastian betrachtete erst den Boden zwische n seinen Füssen, dann hob er de n Kopf und fixierte Leonies Augen. „Doch. Eine gibt es.“
Ein aufregendes Kribbeln durchzog Leonie. Angefangen vom Haaransatz bis hin zum kleinen Zeh. Ihre Kehle wurde trocken und sie musste schwer schlucken. Es war beinahe eine Qual seinem Blick standzuhalten, während die grünen Sprenkel in seinen unergründlichen honigbraunen Augen so geheimnisvoll aufglommen. Nur mit grösster Mühe fand sie ihre Sprache wieder, die Stimme zu beherrschen kostete sie Kraft. Aber was sie noch mehr Kraft kostete , war ihre Reaktion auf diese vier schlichten Worte. Wie oft hatte sie sich schon in solchen Situationen befunden? Avancen erhalten und mit dem Feuer gespielt? Unmengen an verheissungsvolle n Flirts hatte sie bereits geführt, nicht wenige davon hielten am Ende auch, was sie versprachen. Sie beherrschte diese Kunst bis ins kleinste Detail. Aber nie, niemals , hatte sie derart weiche Knie bekommen. „Nun, es ist zwei Jahre her. Möglicherweise hast du genug gelitten.“
„Möglicherweise.“ Es war nur noch ein raues Flüstern. Sich vorsichtig herantastend beugte Sebastian sich langsam vor, bis er so nahe an Leonies Gesicht war, dass sie seinen Atem auf ihren Lippen
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