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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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jemand aus ihrer Familie war?«
    »Nun ja, wenn Naz es nicht war - und das glaube ich nicht -, dann gab es da ja noch ihre zwei jüngeren Brüder. Nach allem, was ich mitbekommen habe, hat sie ihren Vater nie kennengelernt, aber ich kann mir vorstellen, dass ihre Mutter auch ihre Liebhaber hatte.«
    »Sie sollten die Mutter selbst nicht automatisch ausschließen«, warf Melody ein. »Es wäre nicht das erste Mal, dass einer Mutter die Hand ausgerutscht wäre, auch wenn die Tochter schon erwachsen war.«
    Gemma hatte in Betracht gezogen, dass Sandras Mutter Charlotte vernachlässigen oder beschimpfen könnte, dass sie sie schlechten Einflüssen aussetzen könnte, aber auf den Gedanken, dass Gail sie auch körperlich misshandeln könnte, war sie einfach nicht gekommen. Das war selbstverständlich nicht auszuschließen. Sie kam sich dumm vor, und sie war zutiefst entsetzt.
    »Mr. Ritchie, wären Sie bereit, vor dem Familiengericht auszusagen, dass Sandra möglicherweise von einem Familienmitglied geschlagen wurde?«
    »Vor dem Familiengericht?« Er starrte sie an, als ob sie es wäre, die den Verstand verloren hatte. »Aber das ist doch nur ein vollkommen unbegründeter Verdacht. Und es ist Jahre her. Ich verstehe wirklich nicht -« Er sah sich um, und obwohl
sonst niemand im Empfangsbereich war, senkte er die Stimme. »Ich kann es mir nicht leisten, in irgendwelche Streitereien hineingezogen zu werden, die den Ruf des Clubs beschädigen könnten.«
    »Streitereien?« Jetzt war es Gemma, die laut wurde. »Mr. Ritchie, das Wohlergehen eines Kindes hängt -«
    Melody legte Gemma die Hand auf den Arm, ein unmissverständliches Signal, dass sie sich mäßigen sollte. »Chefin, ich glaube, Mr. Ritchie hat uns schon sehr geholfen.«
    Gemma sah ein, dass Melody recht hatte, und rang sich ein Lächeln ab. »Natürlich. Ich verstehe Ihre Bedenken, Mr. Ritchie. Aber wenn Sie an Charlotte denken -«
    »Hören Sie, ich bin nun mal nicht so der Kindertyp. Und Sandra hat Charlotte auch nie mitgebracht, wenn sie in den Club kam - ich schätze also, dass ich die Kleine zuletzt gesehen habe, als sie noch in den Windeln lag. Sie trägt doch nicht immer noch welche, oder?« Der Gedanke schien Ritchie ein wenig unbehaglich zu sein.
    »Nein. Sie ist fast drei, und sie ist ein entzückendes, aufgewecktes kleines Mädchen.« Gemma beugte sich vor und setzte ihre ganze Überredungskunst ein. »Ich kann mir vorstellen, dass sie sehr viel von Sandra hat. Und sie hat zuerst ihre Mutter verloren und jetzt auch noch ihren Vater. Mr. Ritchie, ich habe Sandras Mutter kennengelernt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand, dem Sandra etwas bedeutet hat, wünschen könnte, dass Charlotte zu ihr kommt.«
    »Das ist glatte Erpressung, und das wissen Sie ganz genau«, gab er zurück, doch sein Ton war jetzt nicht mehr so feindselig. »Ich bin ja gerne bereit, Sandras kleiner Tochter zu helfen. Aber das kann ich doch wohl nicht, indem ich Spekulationen über einen Vorfall wiederhole, der Jahre zurückliegt. Sind Sie sicher, dass Pippa Ihnen nicht mehr sagen kann? Schließlich stand sie Sandra in mancherlei Hinsicht näher als ich.«

    »Roy Blakely sagte mir, Sandra und Pippa hätten sich in letzter Zeit nicht mehr verstanden. Als ich Pippa Nightingale fragte, sagte sie, sie hätten eine Meinungsverschiedenheit darüber gehabt, wie Sandra ihre Kunst vermarktete, und dass sie Sandras Werk nicht mehr vertrete. Aber die Nachricht von Naz’ Tod schien sie sehr getroffen zu haben.«
    »Hat wohl ein schlechtes Gewissen, weil sie sich so zickig aufgeführt hat«, sagte Ritchie, und sein Ton war derart giftig, dass Melody, die gerade beobachtet hatte, wie ein Neuankömmling den Aufzug betreten hatte, sich umdrehte und ihn ebenso entgeistert anstarrte wie Gemma.
    Als Ritchie ihre Gesichter sah, zuckte er mit den Achseln und stellte seine leere Tasse auf das Tablett. »Sie dürfen nicht alles für bare Münze nehmen, was Pippa Ihnen erzählt. Sandras Auftragsarbeiten für mich und meine Kunden waren ihr ein Dorn im Auge. Tja, wer’s selber nicht kann, muss eben irgendwie an denen herumkritteln, die es können.«
    »Pippa war eifersüchtig auf Sandra?«, fragte Gemma, während sie sich ihr Gespräch mit der Galeristin ins Gedächtnis rief.
    »Für Sandras Talent hätte Pippa morden können. Oh, das habe ich natürlich nicht wörtlich gemeint«, verbesserte er sich hastig, als ihm klar wurde, was er gesagt hatte. »Und eines muss man Pippa lassen, sie

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