Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
Vom Netzwerk:
hat ein Talent dafür, Talent zu erkennen. Aber ihre eigenen Arbeiten waren immer schon wenig originell, nur am neuesten Trend orientiert, ohne je eine eigene Vision zu verkörpern. Nicht, dass ich selbst viel besser gewesen wäre.« Er lächelte bekümmert. »Aber Pippa … Pippa war nie eine gute Verliererin. Wenn sie schon keine Kunst schaffen konnte, wollte sie sie wenigstens kontrollieren, und da hat Sandra nicht mitgespielt. Sandra wollte einfach nur das machen, was ihr gefiel, und davon auch anständig leben können. Die meisten von uns konnten davon immer nur träumen.« Sein Blick ging zu der Collage über dem Empfangstresen, und seine
Züge verhärteten sich. Er stand auf. »Entschuldigen Sie, aber ich habe schließlich auch noch einen Club zu managen.«
    Karen hatte einen stetigen Zustrom an Gästen zu bewältigen gehabt und schon mehr als einmal gestresste Blicke in Ritchies Richtung geworfen.
    Da er die Unterredung offensichtlich als beendet betrachtete, erhoben Gemma und Melody sich ebenfalls, und er begleitete sie zum Ausgang. Als er die Tür öffnete, sagte er: »Es gibt doch sicherlich jemanden, der sich um Charlotte Maliks Belange kümmert.«
    »Das Jugendamt, Mr. Ritchie«, antwortete Gemma, die sich jetzt mehr denn je sicher war, dass dies nicht genügte. »Und ich.«
     
    »Was glauben Sie, was er im Schilde führt?«, fragte Melody, als sie in Richtung Spitalfields zurückgingen. »Er hat Ihre Frage, ob er und Sandra etwas miteinander hatten, ja nie richtig beantwortet.«
    »Stimmt, das hat er nicht«, antwortete Gemma. »Und ich kann mir nicht so recht vorstellen, warum er sich um die Antwort drücken sollte, ganz gleich, wie sie lautet. Was hat er denn zu verlieren? Aber ich habe den Eindruck, dass er und Pippa Nightingale sich nicht gerade grün sind.«
    »Tatsächlich?« Melody grinste sie an. »Glauben Sie vielleicht, dass diese Pippa was von ihm wollte, er aber nicht von ihr, und dass sie einen Groll gegen Sandra hegte, weil er sie vorgezogen hat?«
    Gemma dachte nach, während sie weitergingen. Sie kamen an der alten Nussrösterei vorbei, mit dem verblassten Schriftzug auf der Backsteinfassade, die sich vor dem tiefblauen Augusthimmel abzeichnete. »Pippa ist eine merkwürdige Frau. Sie wirkt ein bisschen entrückt … und ich denke, Ritchie hat recht, was den Kontrollwunsch betrifft. Sie steht gerne im Mittelpunkt.
Und bei ihrem Streit mit Sandra ging es vielleicht um mehr als nur um Kunst.«
    »Könnte sie eifersüchtig genug gewesen sein, um Sandra nach dem Leben zu trachten?«, fragte Melody.
    »Sie gehen davon aus, dass Sandra tot ist«, sagte Gemma in neutralem Ton und ohne Melody anzusehen.
    »Sie etwa nicht?«
    »Ich will es nicht glauben.« Doch Gemma dachte an den kurzen Fußweg vom Markt in der Columbia Road zu Pippa Nightingales Galerie, und das Bild der Schwarzweißzeichnungen mit den leuchtend roten Farbspritzern ging ihr nicht aus dem Sinn. Was, wenn Sandra an jenem Tag dorthin gegangen war, um mit Pippa zu reden, und es zum Streit gekommen war? Gemma hatte gespürt, dass sich unter Pippas elfenhaftem Äußeren eine unbarmherzige Härte verbarg, und Lucas Ritchie hatte diesen Eindruck bestätigt - wenn er denn die Wahrheit gesagt hatte.
    Sie hatten die Brushfield Street erreicht, mit dem Vordach an der Westfassade des Spitalfields Market, das an ein Segel erinnerte. Ein Straßenmusiker in farbenfrohem afrikanischem Kostüm spielte Steelpans, und im Schatten der Markise saßen Familien zusammen, plauderten und lachten und aßen Eis. Gewiss waren auch Sandra und Naz mit Charlotte hierhergekommen, dachte Gemma, und hatten ihr ein Eis gekauft.
    »Ich würde vielleicht gerne noch einmal mit Pippa Nightingale sprechen«, sagte sie zu Melody. »Aber jetzt möchte ich nach Hause fahren, nach den Jungs sehen und Betty anrufen, um sie zu fragen, wie es Charlotte heute geht. Was ist mit Ihnen? Soll ich Sie ins Büro fahren?«
    Melody schien zu zögern. »Ich wollte noch etwas … Nein, vergessen Sie’s.« Sie schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich nehme die U-Bahn. Ich muss noch etwas … erledigen, bevor ich nach Notting Hill zurückfahre.«

    Melody stieg an der Haltestelle High Street Kensington aus und ging die kurze Strecke die Kensington High Street hinunter zum Whole Foods Market zu Fuß - oder bahnte sich vielmehr mühsam ihren Weg dorthin, denn es war kurz nach sechs, und Scharen von Käufern und Pendlern bevölkerten die Gehsteige.
    Der riesige Naturkost-Supermarkt bot

Weitere Kostenlose Bücher