Wenn Die Wahrheit Stirbt
Informationen.
Vielleicht war es Zeit, einen Gefallen einzufordern, den ihm ein Reporter der Chronicle noch schuldete. Wie die meisten Kriminalbeamten hatte auch Doug schon eine ganze Liste von Kontakten in der Schublade, die für beide Seiten von Vorteil waren - nach dem Motto »eine Hand wäscht die andere«.
Er griff nach dem Telefon, und nach ein paar Telefonaten hatte er endlich seine frühere Quelle an der Strippe, einen altgedienten Reporter namens Cal Grogan.
Doch als er den Hörer wieder auflegte, war er verwirrter denn je. Cal hatte ihm versichert, dass er ihm liebend gerne geholfen hätte, aber diese Story sei direkt vom Schreibtisch des Eigentümers gekommen, und Ivan Talbot gebe niemals seine Quellen preis.
Der kleine Platz abseits der Kensington High Street war grün und ruhig, eine Enklave aus eleganten Stadtresidenzen, in denen heute zum Teil Geschäfte untergebracht waren, darunter auch - im Erdgeschoss eines der Eckhäuser - das Café, in dem Hazel arbeitete.
Als Gemma eintrat, erblickte sie ein sauberes, in Weiß gehaltenes Lokal mit nur wenigen Tischen, an denen noch eine Handvoll Gäste beim Mittagessen saßen. Hazel stand am Ende des langen, schmalen Raums und räumte saubere Gläser in ein Regal. Sie trug eine weiße Schürze und ein weißes T-Shirt über einer hellbraunen Hose, und als sie Gemma erblickte, strahlte sie übers ganze Gesicht und kam nach vorne geeilt.
»Gemma! Was machst du denn hier? Was für eine nette Überraschung!«
»Tut mir leid, dass ich nicht vorher angerufen habe. Aber ich habe mich erinnert, dass du gesagt hast, du würdest heute arbeiten, und da dachte ich mir - na ja, ob wir vielleicht reden könnten. Hast du viel zu tun?«
Hazel warf einen Blick auf die verbliebenen Mittagsgäste. »Der Lunchbetrieb ist so ziemlich vorbei. Danach wird’s dann ein bisschen ruhiger, bevor die ersten Gäste zum Nachmittagstee eintrudeln.« Sie wies auf einen kleinen Tisch in der Nähe des Eingangs. »Setz dich doch, dann bring ich dir einen Tee. Ich bin gleich wieder da - du kannst ja solange die Aussicht genießen. Es sind auch noch ein paar Mittagsmenüs übrig. Hast du schon gegessen?«
»Ein Tee wäre prima, danke«, wich Gemma der Frage aus.
»Du siehst ja fürchterlich aus«, rief Hazel, während sie Gemma genauer ansah. »Was hast du denn da angestellt?«
»Ach, das war nur so ein blöder Unfall während der Arbeit. Mir fehlt nichts, wirklich.«
»Na ja, das ist immerhin eine bessere Antwort als ›Ich bin gegen eine Tür gerannt‹.« Hazel taxierte sie mit einem skeptischen
Blick, ließ es aber dabei bewenden und brachte ihr eine Tasse Tee. Nachdem die letzten Gäste gegangen waren, nahm sie ihre Schürze ab und setzte sich mit ihrer eigenen Tasse zu Gemma. »Für mich muss es leider Kaffee sein. Ich brauche den Koffeinschub, um den Rest des Nachmittags zu überstehen.«
»Und das, wo du doch früher so auf Kräutertees geschworen hast?«, neckte sie Gemma.
»Ach, das ist lange her. Und irgendwie war ich damals auch ein anderer Mensch«, fügte Hazel mit bedauerndem Unterton hinzu. Doch dann lächelte sie. »Und ich habe entdeckt, dass mir Kaffee eigentlich ganz gut schmeckt. Ich werde die kleine Verschnaufpause voll ausnutzen - der Koch musste nämlich noch mal dringend weg, um Vorräte einzukaufen.« Sie sah wesentlich besser aus als zuletzt bei ihrem Gespräch auf der Bank unter dem Westway.
»Ich bin froh, dass du dich allmählich einlebst.«
»Das tue ich. Aber im Moment mache ich mir eher Sorgen um dich. Ist es wegen deiner Mutter?«
»Auch.« Gemma erzählte ihr von Cyns Anruf am Morgen.
Hazels Miene wurde finster. »Also, niemand wird bestreiten können, dass deine Schwester eine ziemliche Zicke sein kann, aber das ist ja wirklich ein starkes Stück, selbst für ihre Verhältnisse. Na ja, sie ist eben eifersüchtig auf dich.«
»Cyn? Eifersüchtig auf mich? Aber sie ist doch diejenige, die immer die ganze Anerkennung einheimst.«
»Manchmal bist du wirklich schwer von Begriff, Gemma«, erwiderte Hazel seufzend. »Ich schätze, das ist ihr Ausgleich dafür, dass sie nicht dein Leben hat - deinen Job, deinen Partner, deine Kinder, dein Haus. Aber ich glaube, in diesem Fall ist es mehr als nur Neid. Sie kommt immer so dominant rüber, aber in Wirklichkeit ist Cynthia viel abhängiger von eurer Mutter als du. Ich glaube, dass sie panische Angst hat, sie zu verlieren - genau wie dein Vater -, und da bietest du dich gerade als Sündenbock an.«
»Aber
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