Wenn Die Wahrheit Stirbt
Kommunikation irgendetwas schieflief.
»Ja, Sir«, antwortete Singh, und eine kleine Falte erschien auf ihrer glatten Stirn. Sie denkt schon über die Konsequenzen nach, dachte Kincaid. Eine aufgeweckte junge Frau. »Ach, übrigens, Sir«, fügte sie hinzu, »das wollte ich Ihnen sowieso gerade sagen - Dr. Kaleem hat angerufen, der Rechtsmediziner. Er wollte DI Weller sprechen, aber da der Inspector gerade verhindert ist -«
»Sergeant«, unterbrach Kincaid sie bestimmt. »Ich weiß, dass das für Sie ein bisschen heikel ist, aber ich leite jetzt die Ermittlungen im Fall Malik, und deshalb geht alles direkt an mich. DI Weller wird sicher noch eine Gelegenheit finden, Ihnen das selbst zu bestätigen, wenn er wieder hier ist. Also, wo kann ich Dr. Kaleem finden?«
»Im Royal London, Sir.«
»Stellen Sie ein Team für die Durchsuchung von Maliks Haus zusammen«, sagte Kincaid zu Cullen, als sie zum Royal London fuhren. »Und ich will unsere Leute, nicht die von Bethnal Green. Sie sollen alles genauestens unter die Lupe nehmen, einschließlich aller Geschäftsunterlagen von Sandra Gilles. Das Einzige, was wir über diesen Ritchie bisher sicher wissen, ist, dass er zu Sandra Gilles’ Kunden zählte.«
Er sah auf seine Uhr, während der Gebäudekomplex des Krankenhauses schon vor ihnen auftauchte. »Ach ja, Doug«, fügte er hinzu, »lassen Sie mich doch bitte am Eingang raus, wir treffen uns dann in zehn Minuten in der Leichenhalle.«
Cullen warf ihm einen kurzen Blick zu und sah gleich wieder auf die Straße. »In Ordnung, Chef.«
»So lange werden Sie wahrscheinlich brauchen, um in diesem Labyrinth einen Parkplatz zu finden.« Kincaid beließ es bei dieser Erklärung. Er hatte keine Lust, mit Cullen über Gemmas private Probleme zu sprechen, schon gar nicht, nachdem Cullen so reserviert auf Gemmas Beteiligung an den Ermittlungen reagiert hatte.
Cullen hielt an der doppelten gelben Linie vor dem Hauptgebäude, und Kincaid sprang aus dem Wagen. Der altehrwürdige ursprüngliche Krankenhausbau war zugegebenermaßen ziemlich scheußlich, aber wenn Kincaid sich den wilden Stilmix der Anbauten betrachtete, die ringsum aus dem Boden geschossen waren, drängte sich ihm der Gedanke auf, dass die Architekten besser beraten gewesen wären, wenn sie auf einheitliche Hässlichkeit gesetzt hätten.
Er fragte am Empfang nach und wurde gleich wieder nach draußen geschickt. Ein strammer Fußmarsch brachte ihn zu dem Gebäude, das Vi Walters’ Station beherbergte. Er fand sie allein; sie schien zu dösen, doch als er eintrat, schlug sie die Augen auf und schenkte ihm ein freudiges Lächeln. »Duncan! Was machst du denn hier? Bist du extra den weiten Weg gekommen, um mich zu sehen?«
Er küsste sie auf die Wange. »Ich hatte sowieso in der Gegend zu tun. Ein neuer Fall«, erklärte er. »Da konnte ich mir doch die Chance nicht entgehen lassen, vorbeizuschauen und mich zu vergewissern, dass du auch schön brav bist. Ich kann aber nicht lange bleiben.« Er wusste, dass er nur irgendetwas daherredete, um seinen Schock zu überspielen. Sie schien viel kleiner und
fragiler, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte, und ihre Haut war beinahe durchscheinend. Ihr linker Arm war fest bandagiert.
»Setz dich doch«, forderte sie ihn auf. »Du siehst ungefähr so frisch aus wie ein welkes Salatblatt. Ist es heiß draußen?«
Er blieb neben dem Bett stehen, eine Hand auf das Gitter gelegt. »Wie ein Backofen.« Zum Glück waren die Stationen klimatisiert.
»Hier drin merkt man aber nichts davon.« Vi fröstelte, und ihm fiel auf, dass ihr Bett mit mehreren Lagen von Decken bepackt war. »Ich war doch immer so sonnenhungrig«, fügte sie ein wenig wehmütig hinzu.
»Na, bestimmt bist du bald wieder zu Hause, und dann kannst du nach Herzenslust die Sonne genießen.«
Vi machte Anstalten, ihren bandagierten Arm zu heben, besann sich dann aber eines Besseren und hob nur in scherzhafter Ermahnung einen Finger. »Vielleicht werde ich morgen schon entlassen. Seit heute früh habe ich meinen eigenen eingebauten Zugang. Jetzt müssen sie mich nicht mehr grün und blau stechen, um eine Vene zu finden.«
Gemma hatte ihm von dem Port für die Chemo erzählt, und er war sich alles andere als sicher, ob das ein gutes Zeichen war. »Dann bist du ja bestens ausgestattet«, sagte er. »Eine richtige Cyborg-Frau. Soviel ich weiß, will Gemma später noch vorbeischauen, um das Werk zu bewundern.«
»Sie soll doch nicht bloß wegen mir die weite
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