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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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aber dann nicht mehr auf das Thema zurückgekommen. Das war umso merkwürdiger, als Melodys Leistungen und ihr Charakter sie geradezu zur Überfliegerin zu prädestinieren schienen.
    Gemma hatte gerade beschlossen, dass sie den Redefluss des Sergeants würde unterbrechen müssen, als ihr Mobiltelefon sich ratternd über den Konferenztisch bewegte und dann ein durchdringendes Piepsen von sich gab. Sehr dezent, dieser Vibrationsalarm. Gemma spürte, wie sich alle Augen auf sie richteten, als sie ihr Handy schnappte und die SMS von Kincaid las. Sie lautete kurz und bündig: Ruf mich an.
    »Das muss ich leider annehmen«, sagte sie und flüchtete erleichtert hinaus auf den Flur.

    »Du hast mich aus einer tödlich langweiligen Dienstbesprechung gerettet«, sagte sie, als er sich meldete. »Was gibt’s?«
    »Und ich hatte gerade ein Gespräch mit deinem Rechtsmediziner«, sagte Kincaid.
    » Mein Rechtsmediziner?« Gemma beschloss, nicht auf die Stichelei einzugehen. »Dr. Kaleem? Was hat er gesagt?«
    »Naz Malik war mit Valium und Ketamin vollgepumpt.«
    »Ketamin? Dann glaubst du also, dass es Selbstmord war«, sagte Gemma, »oder eine versehentliche Überdosis.« Sie stellte überrascht fest, dass sie die Nachricht mit einem gewissen Bedauern aufnahm. Natürlich hätte sie sich nicht gewünscht, dass Naz Malik ermordet worden wäre - das war undenkbar -, aber die Vorstellung, dass er Charlotte bewusst einem ungewissen Schicksal überlassen haben könnte, war ihr unerträglich.
    Kincaid unterbrach ihren Gedankengang. »Nein, Kaleem glaubt eben nicht, dass Malik die Drogen selbst genommen hat.« Er schilderte ihr die Überlegungen des Rechtsmediziners. »Kaleem ist sich hundertprozentig sicher. Und wenn er recht hat, dann bedeutet das, dass wir es nicht nur mit kaltblütigem Mord zu tun haben, sondern auch mit einem Mörder, der kein Problem damit hatte, dabeizustehen und zuzuschauen, wie Naz Malik starb.«
    Gemma brauchte einen Moment, um diese Information zu verdauen, und ihr lief es plötzlich eiskalt über den Rücken. » Der Mörder, sagst du - also ein Mann.«
    »Nicht unbedingt.«
    »Es ist aber wahrscheinlicher, wenn Kaleem annimmt, dass Malik in den Park geführt oder gar getragen wurde.«
    »Naz Malik war eher schmächtig gebaut. Eine kräftige Frau hätte das auch schaffen können. Oder sie waren zu zweit.«
    »Aber wie haben sie dem Opfer gegen seinen Willen die Drogen verabreicht?«, fragte sie.
    »Ich denke, das Valium könnte ihm ins Essen oder in ein Getränk gemischt worden sein - zumindest genug davon, um ihn
gefügig zu machen«, sagte Kincaid. »Was das Ketamin betrifft, bin ich mir nicht sicher. Wir werden noch einmal mit Kaleem reden müssen.«
    »Wir?«, echote Gemma, plötzlich hellwach.
    Kincaid antwortete mit einer Gegenfrage. »Du wolltest doch heute Nachmittag deine Mutter besuchen, nicht wahr? Dann bist du ja sowieso im East End. Und du hast das Kindermädchen doch schon kennengelernt, diese -« Sie hörte Papier rascheln, offenbar konsultierte er seine Notizen. »Alia Hakim. Ich muss sie befragen, und ich dachte mir, es könnte ganz nützlich sein, wenn du dabei wärst.«
     
    Kincaid hatte Gemma die Adresse der Sozialsiedlung in Bethnal Green genannt, in der Alia mit ihren Eltern wohnte. Es waren keine Hochhäuser, wie Gemma erleichtert feststellte, und die Fassaden der braunen Backsteinbauten waren mit türkis verputzten Flächen aufgelockert. Und offenbar hatten die Bewohner sich durch die Verschönerungsbemühungen der Stadtverwaltung zu eigenen Anstrengungen motivieren lassen, denn die gemeinschaftlich genutzte Rasenfläche war ungewöhnlich gepflegt. Auf den Balkonen und den Terrassen der Erdgeschosswohnungen trocknete Wäsche in der Sonne, bunte Blumenampeln und die unvermeidlichen angeketteten Fahrräder ergänzten das Bild.
    Die Hakims hatten eine Erdgeschosswohnung an einem Ende des Komplexes. Die Terrasse vor dem Eingang war mit einem Tor und einem zweieinhalb Meter hohen Maschendrahtzaun abgeschlossen.Vor dem Zaun hatte jemand Sträucher gepflanzt, und neben dem Tor stand ein Pflanzkübel in Form eines halben Whiskyfasses mit einer großen Palme. Über die Terrasse spannte sich ein Lattengerüst für eine Markise, die jedoch zurzeit eingerollt war. Im Garten selbst waren Wäscheleinen aufgespannt, und zwischen den blühenden Blumen lag Kinderspielzeug
herum. Die Hakims hatten ihren Wohnraum sehr geschickt erweitert, dachte Gemma, während sie darauf wartete, dass Kincaid zu ihr

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