Wenn die Würfel fallen
Interesse an der Sache, Al?«
»Fragen Sie nicht«, antwortete
ich. »Es würde Ihnen den ganzen Abend verderben.«
»Los, raus damit!« rief sie
heftig.
»Ich bin Kriminalbeamter«,
sagte ich einfach.
Sie schaute mich eine lange
Sekunde mit offenem Mund an. Dann begann sie, hilflos zu lachen. »Eines muß ich
Ihnen lassen«, gurgelte sie. »Sie haben Sinn für Humor!«
»Sie hoffentlich auch, Süße«,
antwortete ich grinsend. Dann zeigte ich ihr meine Marke, sonst hätte sie es
wahrscheinlich doch nicht geglaubt.
Einen Augenblick sah sie nur
auf die Marke, dann aber zuckte ihre rechte Hand hoch und ihre Krallen zielten
nach meinem Gesicht. Ich packte ihr Handgelenk und hielt es fest. »Sie sind
doch nun schon lange genug in Las Vegas, um mit Würde zu tragen, wenn Sie
einmal verspielt haben«, sagte ich. »Lächeln Sie doch!«
Sie entspannte ihren Körper und
lehnte sich auf der Couch zurück. »Ein Polyp«, sagte sie. Ihr ganzer Körper
bebte erneut vor Lachen. »Ein Polyp! Sie haben mich ganz schön hinters Licht
geführt. Und Fulton auch. Auf der ganzen Linie. Wenn Max erfährt, daß er von
einem Polypen überrumpelt wurde!«
»Kriege ich noch etwas zu
trinken?« sagte ich und blickte auf meine Uhr. »Ich habe immer noch ’n paar
Stunden Zeit, bis die Maschine startet.«
»Nach dieser Überraschung
brauchen wir beide einen Schluck«, sagte sie heiter. »Füllen Sie die Gläser,
Al.«
Ich stand auf und ging zum
Tisch. Als ich mit dem Eingießen fertig war, nahm ich die beiden Gläser in die
Hand, drehte mich um und erstarrte. Die Couch war leer, Gabrielle war
verschwunden. Während ich noch dastand und darüber nachdachte, vernahm ich
plötzlich ihre Stimme aus einem anderen Zimmer. »Bringen Sie die Drinks hier
herein, Al!«
Wie ich entdeckte, gab es in
dem Haus nur ein Schlafzimmer und in ihm befand sich Gabrielle. Eine kleine
Leselampe auf dem Nachttischchen spendete gedämpftes Licht. Über einem Stuhl
hingen die orangefarbene Bluse und die Hose mit dem Leopardenmuster.
Sie saß aufrecht im Bett und
das lavendelblaue Laken war auf ihre Hüften herabgerutscht. »Sagten Sie nicht,
Sie hätten noch zwei Stunden Zeit, bevor Ihre Maschine geht?« fragte sie mit
ihrer tiefen heiseren Stimme.
Ich stellte die beiden Gläser
auf ein Tischchen. »Stimmt«, antwortete ich mit halberstickter Stimme. »Das ist
das erstemal , daß ich in Las Vegas auf eine wirkliche
Gastfreundschaft stoße.«
»Die Gastfreundschaft wird
unter einer Bedingung gewährt, Al«, sagte sie. »Erzählen Sie Howard davon, wenn
Sie nach Pine City zurückkommen.« —
Plötzlich schlang sie ihre Arme
um meinen Hals und zog mich zu sich hinab. Sie küßte mich mit einer kalten
Wildheit, die aus Leidenschaft geboren war und noch darüber hinausging.
SECHSTES KAPITEL
K leine Männer in meinem Schädel
zertrümmerten Felsblöcke, als ich meine Wohnung betrat. Es war zehn Uhr und ein
freundlicher, sonniger Morgen — der Teufel sollte ihn holen. Ich ging in die
Küche und machte mir Kaffee.
Vegas war nur noch eine
Erinnerung. Ich hatte die Fünf-Uhr-dreißig-Maschine erwischt, ohne daß jemand
versucht hätte, mich daran zu hindern. Auf dem Flug nach Los Angeles hatte ich
eine Stunde geschlafen und weitere fünfzehn Minuten in der Maschine nach Pine
City. Ich hatte Schlaf noch immer bitter nötig, aber im Augenblick konnte ich
mir keinen leisten. Ich entschloß mich also zu drei Tassen schwarzen Kaffees,
und der weckte die kleinen Männer in meinem Magen auf.
Kurz nach elf suchte ich Howard
Fletcher auf. Johnny Torch öffnete die Tür. Er trug einen schwarzen
Seidenmantel über einem schwarzseidenen Pyjama. Silbergestickte Revuegirls
stolzierten in fröhlicher Verlassenheit quer über die Vorderseite seines
Morgenmantels. Bei diesem Anblick schauderte es mich wider Willen.
»Was ist los, Polyp?« Er machte
ein hoffnungsvolles Gesicht. »Sind Sie krank, oder was?«
»Mir ging’s prima, bis ich Ihr Négligé sah«, sagte ich. »Das ist etwas für die ganz jungen.«
»Was wollen Sie?«
»Ich möchte mit Fletcher
sprechen«, sagte ich. Ich legte meine Handfläche gegen den Hohlraum, an dessen
Stelle sich normalerweise seine Brust hätte befinden sollen, und schubste ihn
behutsam zurück in die Wohnung. »Sei ein braver Junge, Johnny«, sagte ich. Dann
schaute ich wieder auf seinen Mantel. »Sonst sperre ich dich ein, weil du einen
Puff unterhältst.«
Zwischen den Zähnen knurrend,
verließ er das Zimmer. Ich ließ mich in den
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