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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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murmelte Guy verlegen und nickte dann.
    »An so etwas Ähnliches hatte ich eben gedacht, ja.«
    De Nesle lächelte. »Die Dummen sterben einfach nicht aus. Meine Schwester hat genügend Ritter, die sich über die ganze Geschichte verteilen, um damit die Schlacht von Azincourt wiederholen zu können.
    Bestimmt erinnerst du dich daran, was den Rittern von Azincourt zugestoßen ist, nicht wahr?«
    »Nun …«
    »Isoud ist die reizloseste meiner Schwestern«, fuhr de Nesle ungerührt fort. »Meine Schwester Mahaud hat mehr Bewunderer, als es Elche gibt – jedenfalls nach dem letzten Stand. Übrigens ist Mahaud nicht einmal die Schönste von den dreien. Ysabel, das ist meine schönste Schwester.«
    »Mhm …«
    »Erfreulicherweise sind Mahaud und Ysabel beide glücklich verheiratet und leben in vergangener Zeit.
    Darüber hinaus haben beide zugenommen, und das nicht zu knapp. Dabei ist Isoud im Vertilgen von Kohlehydraten auch alles andere als eine Niete; selbst wenn sie so aussieht, als könnte sie bereits vom Luftzug einer zuklappenden Tür weggepustet 52
    werden, braucht man ihr nur mal einen Teller mit gegrilltem Huhn vorzusetzen, und man glaubt schnell an das, was über die schmale Trennungslinie zwischen der menschlichen Rasse und den niederen Le-bewesen behauptet wird.
    Und der Anblick von Isoud, wenn sie an einem Maiskolben herumnagt, ist schlichtweg … Du mußt schon entschuldigen, aber anscheinend habe ich schon wieder den Faden verloren.«
    »Ich …«
    De Nestle stützte das Kinn auf die Hand und musterte Guy eine Weile, dann fuhr er fort: »Wenn man nur eine von den dreien um sich hat, geht das ja noch; die eigentlichen Probleme gehen erst dann los, wenn alle drei um dich herumschwirren. Sie verbünden sich gegen dich, werfen Hemden von dir weg, ohne es dir zu sagen, und streichen das Badezimmer neu, wenn du außer Haus bist. Schlimmer noch: Sie streichen das Badezimmer nämlich nur zu einem Drittel neu, weil sie es irgendwann langweilig finden, und überlassen dir den Rest, sobald du zurück-kommst. Wenn Besuch da ist, lästern sie über dich.
    Irgendwann kommen sie auf die Idee, daß sie den Anblick der Wandteppiche im Flur keinen Tag länger ertragen können, zerren dich über den Marktplatz, um nach neuen Teppichen Ausschau zu halten, meckern dich an, daß du kein Interesse zeigst, und schmollen mit dir, sobald du nur den geringsten Einwand erhebst. Die Vorstellung, daß jemand als Ritter kämpfen und Drachen töten will, nur um zu 53
    beweisen, daß er die Schwester von jemandem verdient hat, ist meiner Meinung nach so absurd, daß man ein solches Verhalten allenfalls als lächerlich bezeichnen kann.«
    De Nesle trank den Kaffee aus und setzte die Tasse ab. »Aber anscheinend kratzt dich das alles nicht, und ich nehme sogar an, daß alle meine wohlgesetz-ten Worte völlig sinnlos waren, stimmt’s?«
    Fast hätte Guy sich zu einer Bemerkung hinreißen lassen, aber statt dessen beließ er es bei einem kurzen Nicken.
    »In dem Fall sollten wir zum Geschäftlichen kommen«, schlug de Nesle achselzuckend vor.
    »Zum Geschäftlichen?« staunte Guy.
    »Richtig, zum Geschäftlichen«, bekräftigte de Nesle in entsprechend geschäftlichem Ton. »Laß uns über die Bedingungen reden.«
    »Über die Bedingungen?«
    »Richtig. Zwar wäre ich dir nur allzu dankbar, wenn du mir La Beale Isoud vom Hals schaffst – das hieße nämlich weniger, eine Schwester zu verlieren, sondern vielmehr, fünfhundert Kubikmeter Stauraum für Kleidung wiederzugewinnen –, dennoch muß ein Mann in meiner Lage alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten voll ausschöpfen. Also sollten wir die Bedingungen aushandeln.«
    Guy schluckte schwer. »Du meinst Geld?«
    De Nesle blickte kurz etwas skeptisch drein, dann, als würde er sich an etwas erinnern, antwortete er lächelnd:
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    »Geld ganz bestimmt nicht. Aber das ist meine Schuld; ich hätte mich lieber unmißverständlicher ausdrücken sollen, anstatt um den heißen Brei her-umzureden. Jedenfalls brauche ich kein Geld, sondern Hilfe.«
    »Hilfe?«
    »Hör mal, Nachplappern mag ja eine der aufrich-tigsten Formen der Schmeichelei sein, aber allmählich frage ich mich, ob es dir etwas ausmachen wür-de, nicht jedes einzelne Wort von mir zu wiederholen. Das macht einen furchtbar selbstbewußt. Vielleicht sollte ich dir lieber alles genauer erläutern.
    Was meinst du?«
    »Ja.«
    »Also gut.« De Nesle stand auf, ging einmal durch den Raum und setzte sich dann wieder hin. »Ja,

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