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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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nur sehr gering; und selbst wenn, hätte bestimmt niemand Lust gehabt, das Konzert zu verlassen und nachzusehen. Al-so saß er hier fest.
    Da er in dieser Hinsicht Realist war, gab er es auf, irgendwelche Urlaute von sich zu geben, und dachte statt dessen lieber nach. Doch das einzige, was ihm dazu einfiel, war das unbestimmte Gefühl, daß der Vorgang des Nachdenkens gegenüber weltlichen Dingen wie zum Beispiel Essen oder dem Lösen fester Knoten wahrscheinlich schon seit Generationen völlig überbewertet wird. Zudem bekam er durch das 307
    Grübeln lediglich Kopfschmerzen, vor allem unten links am Hinterkopf, wo ihm irgendwer einen heftigen Schlag verpaßt hatte, und er gab es auf, sich un-nötig den Kopf zu zerbrechen.
    Als einziges blieb ihm noch übrig, ruhig dazusit-zen und auf das Tablett mit aufgetürmten Wurstbrötchen zu starren, das irgendein Sadist auf dem ihm gegenüberstehenden Lehnstuhl stehengelassen hatte.
    In der Arena setzte Blondel gerade zu einem erneuten Publikumshit an. Guy spreizte die Hände, die hinterm Rücken fest zusammengeknotet waren, und tastete blindlings nach hinten, um herauszufinden, ob er mit den Fingern an irgend etwas Scharfes oder Nützliches gelangen könnte. Aber das Glück war ihm nicht hold, das einzige, was er ertasten konnte, fühlte sich – zumindest für Guy – wie ein Teller mit Käse-sandwiches an.
    Dann öffnete sich die Tür, und ein Mann kam auf Zehenspitzen herein. Guy erstarrte (was zwar unter diesen Bedingungen kaum einen Unterschied machte, doch an seinem Eifer dazu mangelte es nicht) und horchte.
    Offenbar hatten sich die Augen des Mannes noch nicht an die totale Dunkelheit im Raum gewöhnt (um welche Sorte Raum es sich auch immer handeln mochte), denn schon bald stieß er sich an irgendeinem Gegenstand das Schienbein, fluchte leise und blieb stehen, um sich die schmerzende Stelle zu massieren.
    Dann zündete er ein Feuerzeug an und sah Guy plötzlich direkt in die Augen.
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    »Mnnnnnnnn«, begrüßte ihn Guy kurz angebunden.
    »Wer sind Sie?« fragte der Mann und bewies damit vorzeitig einen völligen Mangel an sämtlichen positiven Eigenschaften, die Guy in ihm zu finden gehofft hatte.
    »Mnn Mnnnnnn«, klärte Guy ihn auf. »Mnnnn mnnnn mnn Mnn mn.«
    »Wie bitte?«
    Im Schein der Feuerzeugflamme sah der Mann mittelgroß aus. Er schien Mitte Dreißig zu sein, hatte zottiges langes Haar, trug ein Sportjackett, ein Hemd mit offenem Kragen, eine ausgebeulte hellblaue Hose und weiße Segeltuchschuhe. Zudem hatte er eine Brille auf und ein Gesicht, von dem man einen völlig überraschten Blick erwartete, egal, was man ihm sagte. Guy schüttelte heftig den Kopf und brachte so den Knebel in Form des Riesensandwiches arg ins Wanken.
    »Sind Sie von jemandem gefesselt worden?« erkundigte sich der Mann.
    »Mn«, antwortete Guy mit gewellter Ironie. »Mnn mnn mnnn Mnn?«
    »Hier, meine Karte. Ich bin von der BBC. Fernse-hen.
    Mein Name ist Danny Bennett.«
    »Mnn«.
    Der Mann überlegte eine Weile; dann sagte er:
    »Würde es Ihnen vielleicht helfen, wenn ich Ihnen das Sandwich aus dem Mund … ? Ja? Schön, dann bewegen Sie sich nicht.«
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    »Danke …«, keuchte Guy. »Und jetzt nehmen Sie mir, um Himmels willen, endlich diese Stricke ab!«
    »Welche Stricke?«
    »Die Stricke, mit denen meine Hände auf dem Rücken gefesselt sind«, seufzte Guy. Dann erinnerte er sich an etwas, das ihm seine Mutter vor vielen Jahren beigebracht hatte, und fügte »Bitte« hinzu.
    »Sicher, sicher«, willigte der Mann ein. Er nahm ein Brotmesser – damit hat jemand Sandwiches ge-schmiert, sinnierte Guy – und begann, die Stricke durchzusägen.
    »Ich berichte über dieses Konzert für die North Bank Show. Vielleicht können Sie mir ja einiges dazu erzählen. Wann findet dieses Konzert eigentlich statt?«
    »Aua! Das war mein …«
    »Tut mir leid. Mein Produzent hat mir nämlich nur gesagt, ich solle in den Wagen einsteigen und keine dummen Fragen stellen, und als ich hier auf meine Kalenderuhr geschaut habe, stand da fünfunddreißigster März zweitausendsiebenhundertsiebenundzwanzig. Ich nahm natürlich an – oh, Entschuldigung –, daß sie verrückt gespielt hat, also habe ich sie neu gestellt, und jetzt steht sie auf dreiundvierzigstem August dreizehnhundertvierundsechzig. Aber nicht nur das, als ich …«
    »Was ist denn eine Kalenderuhr?« wollte Guy wissen.
    »Ähm …«
    »Jedenfalls brauchen Sie sich deswegen nicht den Kopf zu zerbrechen«, fügte Guy rasch

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