Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat
ertastete den Riegel, zog ihn zurück und öffnete die Tür.
Kinderspiel.
Auf der anderen Seite der Tür stand, die Hände in die Hüften gestemmt und mit höchst unfreundlicher Miene, La Beale Isoud.
»Da sind Sie ja endlich!« empörte sie sich. »Ich habe Sie schon überall gesucht.«
Guy bemerkte, daß er noch immer den Feuerlö-
scher in der Hand hielt und sich am Glas eine kleine Schramme zugezogen hatte. Behutsam setzte er den Feuerlöscher ab und zauberte von irgendwoher ein Lächeln hervor.
»Ach, haben Sie das?«
»Allerdings. Sie müssen dringend Blondel warnen.«
»Und warum können Sie das nicht selbst erledigen?«
»Was ist?« hakte La Beale Isoud ungläubig nach.
»Sie haben die Nachricht und wissen vermutlich, worum es dabei geht. Also sollten Sie ihm die Nachricht auch übermitteln.«
314
»Jetzt stellen Sie sich nicht so albern an!« fauchte ihn La Beale Isoud an. »Ich dachte, Sie sind ein Mann, oder etwa nicht?«
»Was hat das denn damit zu tun?«
»Wahrscheinlich ist die Sache gefährlich. Oder wollen Sie allen Ernstes behaupten, daß Sie einfach tatenlos zusehen würden, wenn eine wehrlose Frau …«
»Schon gut, schon gut«, besänftigte Guy seine Ex-frau in spe. »Sie sagen mir, wo ich Blondel finde, und ich werde ihm die Nachricht überbringen.«
»Er ist da oben«, sagte La Beale Isoud und zeigte ziemlich exakt in die Richtung, aus der jemand Flo-ret silva nobilis sang, »auf der Bühne.«
»Na prima. Sie werden es kaum glauben, aber so etwas habe ich mir gerade selbst schon gedacht. Und wie komme ich dort hin?«
»Dazu müssen Sie den Korridor natürlich zurückgehen«, antwortete La Beale Isoud schnippisch. »Er führt direkt in die Kulissen. Ich schlage vor, Sie warten dort auf ihn, bis er zur Pause von der Bühne kommt.«
»Welch ein unglaublich genialer Einfall. Also gut, und wie lautet die Botschaft?«
»Kommen Sie schon und folgen Sie mir, ich er-zähle es Ihnen unterwegs«, sagte La Beale Isoud und fügte rasch hinzu: »Aber bummeln Sie gefälligst nicht rum.«
Gleich darauf stolzierte sie los. Nach einer kurzen, instinktgesteuerten Denkpause lief Guy ihr hinterher und holte sie schließlich ein.
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»Ich bin zu Hause gewesen«, begann La Beale Isoud, »und habe vor dem Hyperfax gesessen, als …«
»Was ist denn ein …«
»… als eine Nachricht eintraf, die ich nicht gleich verstehen konnte. Sie lautete: Hüten Sie sich vor dem einarmigen Mann. Selbst Sie werden einräumen müssen, daß es sich dabei um eine sehr ungewöhnliche Nachricht handelt, wenn sie so aus heiterem Himmel hereinschneit.«
Guy überhörte das ›Selbst Sie‹. »Wirklich merkwürdig«, stimmte er höflich zu. »Vielleicht ist das irgend so eine Werbegeschichte.«
»Bitte unterbrechen Sie mich nicht Mister Goodlet!« fuhr ihn La Beale Isoud an. »Ihre geschmacklose Respektlosigkeit ist wahrscheinlich eine Ihrer un-angenehmsten Eigenschaften. Jedenfalls fragte ich mich gerade, was diese Nachricht zu bedeuten haben könnte, als … Mister Goodlet, ist dieser Gentleman dort ein Freund von Ihnen?«
Guy blickte auf, blinzelte zweimal und griff dort hin, wo eigentlich sein Revolver sein sollte. Natürlich war er nicht mehr da.
»Suchen Sie das hier?« fragte Pursuivant spöt-tisch, wobei er den Revolver provozierend um den Zeigefinger kreisen ließ. Wahrscheinlich aus purer Boshaftigkeit löste sich ein Schuß.
La Beale Isoud schrie wie am Spieß, und zum erstenmal fiel Guy auf, daß sie eine von diesen hohen und pittoresk spitzen Kopfbedeckungen trug – getragen hatte –, wie man sie allenfalls noch in mit Male-316
reien verzierten Büchern aus dem Mittelalter findet.
Obwohl es ihm schwerfiel, nicht laut loszulachen, stürzte er sich auf Pursuivant und schlug dessen Kopf mehrmals gegen den harten Steinboden.
»Auf ein Neues«, seufzte Pursuivant und starb.
»Mist, jetzt habe ich ihn getötet«, murmelte Guy verärgert. »Was soll’s? Läßt sich jetzt auch nicht mehr ändern.« Er löste den Revolver aus Pursuivants Fingern und steckte ihn in den Halfter zurück. »Entschuldigung, aber was haben Sie eben gesagt?«
Doch La Beale Isoud antwortete nicht, sie starrte ihn nur verdutzt an; allerdings starrte sie dieses Mal weniger, sondern blickte vielmehr, bis sie schließlich ein staunendes » Mister Goodlet!« hervorstieß.
Guy stutzte für einen Augenblick, dann ging ihm ein Licht auf. Er bückte sich nach Isouds durchlö-
cherter Kopfbedeckung und gab sie ihr
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