Wenn du lügst
belogen
kapitel 23
Während Lily in dieser Nacht gewartet hatte, war die E-Mail, auf die sie hoffte, geschrieben worden. Sie war gelesen und wieder gelesen und verbessert worden, bis es keine Änderungen mehr vorzunehmen gab. Der Plan war riskant, aber das ließ sich nicht ändern.
Liebe Lily, ich habe lange darüber nachgedacht, und ich glaube, dass jetzt der richtige Moment gekommen ist, Jerry zu verlassen. Ich weiß, dass ich das schon früher gesagt und es nie getan habe, aber ich fühle jetzt anders. Vielleicht musstest Du erst weggehen, damit ich endlich aufwache.
Jedenfalls möchte ich, dass Du mit mir kommst, aber unsere Flucht wird nicht leicht sein. Ich weiß, dass Jerry versuchen wird, uns zu finden, doch ich werde nicht zulassen, dass das geschieht.
Ich möchte Breeze nicht in Gefahr bringen, deshalb darfst Du ihr nichts davon sagen. Wenn sie nichts weiß, gibt es auch nichts, was sie Jerry erzählen könnte, ganz egal, welche Tricks er sich einfallen lässt. Ich werde sie von unterwegs anrufen, sobald wir in Sicherheit sind. Bitte verrate ihr nichts, und hinterlasse ihr auch keine Nachricht, sonst könnte Jerry uns vielleicht aufspüren. Ich weiß, dass das verrückt klingt, aber mein
Gefühl sagt mir, dass unsere Chance am größten ist, wenn niemand außer Dir und mir Bescheid weiß.
Ich habe alles genau geplant und möchte, dass Du Folgendes tust: Du musst sehr früh aufstehen - gleich morgen, wenn das für Dich in Ordnung ist. Ich weiß, dass das sehr überstürzt kommt, aber ich habe eben herausgefunden, dass Jerry heute Abend wegfährt und erst morgen Nacht zurückkommt, wodurch wir einen kleinen Vorsprung hätten.
Nimm nicht viel mit. Pack einfach einen Rucksack mit dem Nötigsten für einen Tag. Ich kaufe Dir neue Sachen. Wenn Deine Kleidung weg ist, wird Breeze wissen, dass Du wirklich fort bist, und sich Sorgen machen.
Ich habe den Fährenplan angesehen. Es geht eine um fünf Uhr morgens. Schaffst Du das? Ich werde mich darum kümmern, dass ein bezahltes Ticket am Schalter auf Dich wartet. Du brauchst es nur abzuholen. Wenn Du die Fähre nimmst, werde ich Dich auf der anderen Seite von einem Wagen abholen lassen. Mach Dir keine Gedanken, wie Du ihn findest, der Fahrer hat ein Foto von Dir, und er wird Dich erkennen, wenn Du von Bord gehst. Ich würde Dich selbst abholen, aber ich kann hier nicht weg, bevor Jerry heute Abend gegangen ist, was bedeutet, dass ich es nicht rechtzeitig schaffen würde.
Der Fahrer wird Dich bis nach Raleigh fahren und dort an einem Motel absetzen. Er hat die Adresse. Es ist auf meinen Namen ein Zimmer für Dich reserviert. Ich habe dort angerufen, und sie wissen Bescheid, dass Du vor mir eintriffst. Sie werden Dir den Zimmerschlüssel geben. Mach Dir keine Sorgen. Das Zimmer ist bereits bezahlt. Wenn ich ohne Pause durchfahre, kann ich morgen Abend in Raleigh sein.
Bestell Dir über den Zimmerservice etwas zu essen. Sag ihnen, sie sollen es aufs Zimmer schreiben. Ach ja, Du kannst
dir auch Filme ansehen. Lass sie ebenfalls aufs Zimmer schreiben.
Ich glaube, es ist ein ziemlich guter Plan. Ich erzähl Dir den Rest, sobald ich da bin. Mein Chef Dave hat mir geholfen, ihn auszutüfteln. Ich wollte Dir nichts davon erzählen, bevor er ganz ausgereift ist, aber ich habe schon seit einer ganzen Weile daran gearbeitet.
Mein liebes Mädchen, ich kann es nicht erwarten, Dich wiederzusehen. Wir werden weggehen und für immer frei sein von Jerry. In Liebe, Mom.
Er las die Nachricht ein letztes Mal durch, dann klickte er auf Senden.
Lily stand auf der Fähre und sah zu, wie Blackbeard’s Isle hinter ihr zu einem Nichts zusammenschrumpfte. Sie war fast eine ganze Stunde früher da gewesen. Ihr kam der Gedanke, dass sie sich ein bisschen wie Mandy verhielt, indem sie Breeze allein ließ, während dieser Leroy hinter ihr her war. Aber auch wenn sie dableiben würde, was könnte sie schon tun? Außerdem war dies die Chance. Sie würde vielleicht keine zweite bekommen, ihre Mutter von Jerry loszueisen. Breeze würde das verstehen. Abgesehen davon war sie viel besser in der Lage, auf sich selbst aufzupassen, als ihre Mom. Lily wünschte sich, einen Ausdruck der E-Mail zu haben, aber sie hatte zu große Angst gehabt, Breeze durch das Druckergeräusch aufzuwecken. Es spielte keine Rolle. Sie kannte sie auswendig.
Sie drehte sich wieder nach vorn um und strengte die Augen an, um das Festland zu sehen, aber es würde noch eine Stunde oder länger dauern, bevor Land in
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