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Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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nutzen? Meine Kleine ist schon so lange tot. Hab schon zu viel Zeit gehabt; mehr brauch ich davon nicht. Ist nicht richtig, wenn ein Kind vor seiner Mama stirbt.« Sie fächelte sich ein wenig Luft zu, wobei sich ihr schwerer Brustkorb hob und senkte wie ein Blasebalg.
    »Crystal ist tot?«, fragte Mandy, und Robert konnte hören, wie die Enttäuschung Furchen in ihre Stimme pflügte.
    »Ach, mein Baby ist schon vor Ewigkeiten gestorben«, erwiderte Mrs Parks. »Aber Sie sind nicht hier, um sich den Kummer von ner alten Frau anzuhören. Sie woll’n was über Leroy Collins hören und über Daryl Collins. Ich weiß, dass Sie ganz wild drauf sind, sie dranzukriegen. Hab’s immer gewusst. Aber ihr wollt Leute wie mich, damit sie es für euch erledigen. Ich weiß wirklich nicht, wie die Schwarzen in dieser Welt zurechtkommen. Wir haben euch auf der einen Seite, und wir haben Typen wie Leroy Collins auf der anderen. Keinen von euch kümmert’s, was mit uns passiert. Ist gar kein so großer Unterschied zwischen euch, um die Wahrheit zu sagen.«
    »Oh doch, da ist ein Unterschied«, sagte Robert ruhig. »Es sind nicht wir, vor denen Sie weglaufen.« Neben ihm saß schweigend Mandy, die über die Nachricht von Crystals Tod völlig erschüttert zu sein schien. »Alles, was Sie über die beiden wissen, könnte uns helfen. Sie haben gesagt, dass Sie umziehen müssten, falls Daryl aus dem Gefängnis freikommt. Darf ich fragen, warum?«
    Mrs Parks lehnte sich auf dem Stuhl zurück und
streckte die Beine aus. Sie trug lange, umgeschlagene Strümpfe, und ihre Knöchel sahen geschwollen aus. Sie arbeitet vermutlich den ganzen Tag im Stehen, dachte Robert.
    »Ist inzwischen schon lange her. Wir waren noch in Dallas. Meine Tochter Crystal, sie hat sich von den Drogen kaputtmachen lassen. Mein einziges Kind - Gott, sie war so hübsch wie’n Filmstar. Sie war erst vierzehn, da sind schon die Kerle um sie rumgeschwirrt. Ich hab das Kind geliebt, Gott ist mein Zeuge, aber sie hatte nix im Kopf. Sie mochte hübsche Sachen, und sie mochte die Drogen. Ich dachte, eines Tages kriegt sie sich schon in den Griff, aber der Tag ist nie gekommen.
    Sie musste sich ausgerechnet mit Roosevelt Harper einlassen, diesem Vetter von Daryl und Leroy. Er war ein Taugenichts, bloß ein elender Drogendealer. Aus dem wär nie was geworden, und er hätt auch nicht zugelassen, dass aus ihr mal was wird. Ich hab versucht, ihr das zu sagen, aber sechzehnjährige Mädchen meinen immer, sie brauchen nicht mehr auf ihre Mama hören.«
    Weder Robert noch Mandy unterbrachen sie. Es war klar, dass Gladys Parks eine Geschichte zu erzählen hatte und bereit war, sie zu erzählen.
    »Eines Nachts hat sie mich angerufen. Hab sie da schon seit zwei Tagen nicht mehr gesehen gehabt, und das mit sechzehn. Aber ich hab’s nicht geschafft, sie zu Hause zu halten. Dafür hätt ich sie schon fesseln müssen. Hat mich angerufen, und was war sie da für ein verängstigtes, kleines Mädchen. Hat gesagt, ich muss kommen und sie abholen, dass sie ihre Handtasche verloren hat und die Collins-Brüder hinter ihr her sind. Sie hatte
kein Geld für’n Taxi und keinen Schimmer, wie sie von ihnen wegkommen sollte. Ich hab’s ernst genommen und bin sofort hingefahren. Sie hat geweint und ein Theater gemacht wie noch nie.
    Ich hab sie in der Bay Street aufgepickt, da, wo wir ausgemacht hatten, und dann wollte ich sie heimfahren. Da hat sie immer schlimmer geweint und gesagt, dass wir nicht nach Hause können, weil sie kommen würden, um sie zu holen. Ich bin ne Weile rumgefahren, hab dann hinter einer Tankstelle geparkt und die Geschichte aus ihr rausgekitzelt.
    Sie war drüben in Roosevelts Haus gewesen. Sie hat gesagt, sie hat ein paar Drogen genommen und war die ganze Nacht auf, und dann hat sie den Tag verschlafen. Sie ist an dem Abend gerade wach geworden, oben im ersten Stock, da hat sie unten irgendwen richtig laut schreien gehört. Sie hat gesagt, Daryl und Leroy waren da - sie konnte ihre Stimmen hören, und Daryl hat Roosevelt angebrüllt. Sie hat sich auf Zehenspitzen zur Treppe geschlichen und runtergeguckt, und da hat sie Daryl und Leroy und Roosevelt in der Küche gesehen. Sie hat gesagt, Leroy hat kein bisschen geschrien. Er hat ganz ruhig geredet, aber irgendwie eiskalt, und sein Gesichtsausdruck hat ihr schreckliche Angst gemacht. Sie hat gesagt, die haben sie nicht gesehen und keinen Schimmer gehabt, dass sie da ist. Sie konnte Roosevelt von der Treppe aus sehen, und er

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