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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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und rieb sich die Schulter.
    »Also, kommt ihr? Ich würd mich scheckig freuen«, hakte Joe nach.
    »Mal sehen«, sagte ich vage. Ich wusste, Moon hasste Partys wie die Pest. Und ich riss mich auch nicht eben darum, eine Minute länger als nötig mit diesen Idioten von meiner Schule zu verbringen – selbst wenn Joe im Grunde ganz in Ordnung war.
    Um kurz vor Mitternacht wurde eine Prom-Queen – Laura Sperry – gewählt und um kurz nach Mitternacht war der Spuk zum Glück vorüber.
    Wir brachen auf und waren uns einig, Joes Partyeinladung, so nett sie auch gemeint war, auszuschlagen.
    »Zu viele zu wenig Erträgliche dort«, brachte es Moon achselzuckend auf den Punkt. Wir anderen nickten nur.
    »Ich habe übrigens Fahrenheit 451 gelesen«, sagte ich zu Gershon.
    Wir waren schon auf dem Schülerparkplatz der Schule und warteten dort auf Moon und Kendra, die noch einmal zurückgegangen waren, weil Moon seine mitgebrachten CDs liegen gelassen hatte.
    »Und?«, fragte Gershon.
    »Beeindruckend. Und traurig. Jetzt liest es Kendra. Moon kannte es schon. Zurzeit lernt er vorsichtshalber sein Lieblingsbuch Schlachthof 5 von Kurt Vonnegut auswendig. – Kennst du es?«
    Gershon lachte und nickte. » … zu den Dingen, die Billy Pilgrim nicht ändern konnte, gehörten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft«, zitierte er lächelnd. »Ein gutes Buch. Mein Dad liebt es sehr. Das Zitat hängt bei uns an der Wand.«
    »Wow!«, murmelte ich und musste für einen Moment unwillkürlich an Old Niall in Nordirland denken, meinen alten, blinden Urgroßvater, der immer mit seiner Vergangenheit haderte. Er war völlig darin verstrickt. Fast dreißig Jahre lang war er in den Nordirlandkonflikt involviert gewesen und es gab anscheinend eine Menge düstere Flecken in seiner Vergangenheit, über die er nicht sprach, die ihn aber schrecklich quälten, wie Leek Moon und mir einmal erzählt hatte.
    »Keine Ahnung, was für eine Schuld der alte Knabe mit sich rumschleppt, aber es muss etwas Größeres sein, da bin ich mir sicher«, sagte mein Dad am Ende unseres Gesprächs seufzend.
    Einmal, 1990, in dem Jahr, als meine Eltern sich gerade kennengelernt hatten, hatte Old Niall sogar versucht, sich das Leben zu nehmen. Auch das hatte Leek uns erzählt.
    Es gibt ein Bild aus der Zeit, welches er gemalt hatte, nach seinem Besuch in der Belfaster Klinik. Old Niall – fast tot heißt es und hängt in unserer Küche. Es ist ein trauriges, schwermütiges Bild und Rosie liebt es sehr.
    »Nicht für eine Million Dollar würde ich es hergeben«, sagt sie oft. »Es ist Leeks bestes Bild. Wenn ich es ansehe, erfüllt es mich mit Stolz, seine Frau und Mutter seiner Kinder zu sein.«
    Und sie sah es sich dauernd an.
    Ich habe, wie schon gesagt, Old Nialls Augenfarbe geerbt. Wieder ein Beweis mehr, dass ich mit niemandem vertauscht sein konnte, dieses Grün.
    »Schön, dass wir uns kennengelernt haben«, sagte Gershon in diesem Moment. Und dann machten wir uns zusammen auf die Suche nach Kendra und Moon. Die Prom-Night war zu Ende.
    Was wir dann taten? Wir fuhren nach Hollywood, kauften zwischendurch in einem McDonald’s eine Riesentüte Fast Food und schlichen uns damit in unseren Garten.
    Nacht, Grillen, Sterne am Himmel, Moons Baum. Irgendwie waren wir sehr aufgekratzt plötzlich, obwohl Kendras und mein Outfit schon ein bisschen aus der Form waren. Vielleicht auch gerade deshalb.
    Gershon nahm in der Dunkelheit meine Hand. Um nicht komplett zu verhungern, hatte er sich in einem koscheren 24-Stunden-Shop ein paar Bagels mit Cream Cheese und einen Grape Jelly Bagel gekauft, eine Leidenschaft aus seiner Kinderzeit, wie er mir anvertraute. Schließlich war er schon beim Ballbüfett leer ausgegangen.
    »Psst, passt auf, dass wir Rosie nicht wecken«, flüsterte Moon besorgt und wies auf ihr Schlafzimmerfenster, aber das hätte er sich sparen können, denn Rosie lag, eingewickelt in eine Wolldecke, schlafend unter Moons Baum.
    Ihr Gesicht war halb verdeckt, aber trotzdem sahen wir sofort die zerlaufene Wimperntusche, die auf einen stressigen Abend schließen ließ. Sie schien weinend eingeschlafen zu sein.
    Sie wachte auf, obwohl wir so leise wie möglich waren. Erschrocken fuhr sie hoch. Sie trug Leeks schwarzen Kaftan und an den Füßen hatte sie seine alten bunten Mokassins, die er mal in einem Indianerreservat in Oregon gekauft hatte, als er dort eine Frau kennengelernt, gemalt und gevögelt hatte.
    »War’s schön?« Sie gähnte verschlafen.
    »So lala«,

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