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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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»Echt.«
    Obwohl ich mich innerlich sperrte, knipsten meine kalten Fingerspitzen nur Sekunden später das brandneue TomTom an.
    »Also los …«, murmelte Sharoni und lenkte den Morris auf den Highway. »Packen wir es an.«
    »Ich … habe Angst«, sagte ich irgendwann. »Wirklich, Shar.«
    »Ich bin bei dir, Hannah«, beruhigte mich meine beste Freundin und legte ihre warme Hand auf mein Bein. Wie gut, dass sie vor anderthalb Jahren nach LA gezogen war. Wäre sie in New York geblieben und ich hätte sie nie kennengelernt, ich schwöre, ich hätte all das hier nicht überstehen können.
    Kurz darauf waren wir da.
    »Hollywood wird von Jahr zu Jahr hässlicher – und schmuddeliger«, sagte Shar kopfschüttelnd. »Baustellen, Dreck – kaum zu glauben, dass die Touristen immer noch in Massen hierher strömen. Da, siehst du den Trupp, bewaffnet mit Fotoapparaten?«
    Sie fuhr zügig den Boulevard entlang.
    »Jetzt haben wir es gleich«, murmelte sie gedankenverloren und schaute zwischen ihrem Navigationsgerät und der voll befahrenen Straße hin und her.
    »Stopp, Shar! Stopp!«, flüsterte ich voller Panik und machte mich so klein wie möglich. Überall hier konnte sie sein. Jederzeit. Sie konnte aus jedem Geschäft kommen, auf dem Gehweg an uns vorübergehen, uns in einem Auto überholen, es gab massenweise Möglichkeiten – zu viele, um sie mir alle auszumalen, mir wurde schwindelig vor Angst.
    »Hannah, diese Straße ist mehrere Meilen lang! Hier sind bisher nur ein paar Geschäfte und Autohändler – ich fürchte, ein bisschen weiter müssen wir noch«, sagte Sharoni und drosselte das Tempo.
    Wir fuhren an einer Imbissbude namens Sam’s Famous vorbei, in der amerikanische Hotdogs mit einer speziellen Auswahl an Beilagen verkauft wurden. Eine im Wind schwankende Ampel zwang uns anzuhalten.
    American Hotdog with Pickles, Relishes, Yellow Mustard, Ketchup and more … stand in einer schnörkeligen Schrift auf einem Schild, das an der Bude befestigt war. Das Schild kämpfte ebenfalls mit dem eher ungewöhnlich heftigen Sommerwind, es knarrte unruhig. Also with Sauerkraut! , stand in einer weiteren Zeile.
    Die Ampel sprang auf Grün und wir fuhren weiter.
    »Schweinefleisch«, sagte ich leise.
    »Was?«, fragte Shar.
    »Schweinefleisch«, wiederholte ich. »Sie essen natürlich Schweinefleisch.«
    Sharoni zuckte mit den Schultern. »Und wennschon. Sollen sie doch. Du klingst schon wie David, Han. Schließlich sind sie keine Juden. Sollen sie Schuhsohlen oder Gullideckel essen, wenn es ihnen Spaß macht.«
    Sie lachte.
    Schließlich sind sie keine Juden. Der Satz klang in meinem Inneren nach. Nein, sie waren keine Juden. – Oder doch? Was war mit diesem Mädchen? Dieser Sky? Streng genommen …
    Ich verbot mir weiterzudenken und plötzlich tat mir von Kopf bis Fuß alles weh. Ich war so verspannt, dass ich kaum noch atmen konnte.
    »Im nächsten Block muss es sein«, sagte Shar in diesem Moment mit konzentriert zusammengekniffenen Augen.
    »Fahr doch nicht so idiotisch langsam«, fauchte ich und klammerte mich an die Kanten des breiten, ausgesessenen Sitzes. Meine Hände schwitzten und brannten, alles andere an mir fühlte sich eigenartig taub an.
    Shar achtete nicht auf mich. Sie betrachtete die Häuser.
    »Da«, sagte sie plötzlich leise. »Da, Hannah. Das ist es.«
    Wir fuhren vorbei, aber drei Häuser weiter lenkte Sharoni plötzlich unvermittelt in die Einfahrt eines Garage Sales und blieb stehen. Krachend zog sie die alte, schwergängige Handbremse ihres Morris’.
    »Nicht so laut«, flüsterte ich zitternd. »Shar, wenn uns nun jemand sieht. Mir ist übel …«
    »Hey, ganz witzig, das Haus«, sagte Sharoni anstelle einer Antwort. »Sieh mal – die rote Haustür. Irgendwie – irisch.«
Sharoni hatte vor einer Weile mit ihren Eltern Urlaub in Irland gemacht und hinterher wochenlang vom Ring of Kerry, von Cork und Dingle und tausend anderen Plätzen geschwärmt.
    Das Haus sah ziemlich heruntergekommen aus. Der Vorgarten war voller Unkraut, an den Fenstern hingen keine Vorhänge. Stattdessen waren dort eigenartige Batiktücher befestigt. Der obligatorische Baseballkorb fehlte, stattdessen war über der roten Eingangstür eine Regenbogenfahne befestigt, auf der in großen Lettern PACE stand. Ein großer Hund lag schlafend im ausgedörrten Gras. Ansonsten rührte sich nichts.
    »Fahr weiter, Shar – bitte …«, flüsterte ich.
    Zwei Wagen standen in der ungefegten Einfahrt. Ein alter roter Buick und ein

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