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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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mir schwante nichts Gutes dabei.
    Und ich hatte mich nicht getäuscht. Rosie sah immer noch schön aus, aber sie saß an die Wand gelehnt da und starrte vor sich hin. Sie weinte nicht, ihre Wimperntusche und ihr Kajallidstrich waren in Ordnung, aber ihre Augen waren rot und geschwollen, wie sie es immer waren, wenn Rosie zu schnell und zu viel geraucht hatte.
    Der Cannabisvorrat aus der Treppenstufe. Hatte ich es doch geahnt.
    »Es tut mir leid, es tut mir leid«, murmelte sie, und als sie mich sah, begann sie doch zu weinen.
    »Rosie, nicht«, warnte ich sie routinemäßig. »Dein Mascara verläuft sonst.«
    »Das ist egal, mein Baby«, murmelte sie. »Weil ich sowieso nicht gehen werde.«
    »Natürlich gehen wir«, sagte Leek und runzelte die Stirn. Er war angezogen wie immer. Kendra fand, dass mein Vater gut aussah, und zum ersten Mal verstand ich, was sie meinte. Leek war groß und dünn, aber er hatte breite Schultern, ein markantes Kinn und weit auseinanderstehende grünblaue Augen. Seine roten Haare fielen wie immer, etwas lockig und etwas wirr, aber sehr gepflegt. Und er sah wirklich noch jung aus. Dabei wurde er in diesem Winter vierzig.
    »Das ist jung«, hatte Kendra erst neulich gesagt. »Sky, mein Dad wird nächstes Jahr sechzig!«
    »Nein, nein, nein«, sagte meine Mom und schüttelte dazu den Kopf. »Ich kann das nicht. Wirklich nicht. Es tut mir so leid, Sky. Ich wollte mich von meiner besten Seite zeigen. Wollte – ihnen von dir erzählen. Wollte wirklich …« Sie schwieg und schlug die Hände vors Gesicht.
    Es gab ein langes Hin und Her.
    »Rosie, bitte«, sagte Leek immer wieder. »Reiß dich doch zusammen.«
    »Mom, du schaffst das«, murmelte sogar Moon, der extra nach unten gekommen war, unter dem Arm Licht im August .
    »Sagt doch einfach ab und macht was anderes«, schlug ich leise vor, weil mir gerade aufgefallen war, dass es eine Ewigkeit her sein musste, dass meine Eltern zusammen ausgegangen waren.
    »Das ist unmöglich!«, rief Hamburg/weiblich aufgebracht, die mich anscheinend in groben Zügen verstanden hatte, obwohl wir nicht einmal besonders langsames Englisch sprachen. Je länger sie blieben, desto schlimmer wurden sie.
    »Ihr habt eine Verabredung«, rief Dorothea mit schriller, lauter hamburgerischer Stimme. »Was soll der Zirkus? Aber ich habe es ja gleich gesagt …«
    »Ich werde jetzt jedenfalls Marshmallows grillen«, erklärte Moon mitten in dieses Drama hinein. »Gegrillte Marshmallows sind gut für meine Nerven. Weiß jemand, ob noch welche da sind, oder muss ich noch mal los, welche kaufen?«
    Weil ihm niemand antwortete, durchsuchte Moon die Speisekammer und wurde fündig. »Okay, ich mache ein Feuer im Garten. Wenn jemand mitgrillen will …?«
    »Moon, nerv nicht«, murmelte ich erschöpft und schlug ebenfalls die Hände vors Gesicht.
    »Gut, Rosie, dann gehe ich eben erst mal alleine«, sagte Leek seufzend. »Und prüfe das Terrain, sozusagen …«
    Rosie hob den Kopf. Ihr Gesicht war jetzt ein Meer aus verlaufener Schminke. »Danke, Leek«, sagte sie leise und schluchzte auf. »Ja. Mach das. Und sag ihnen …«
    Sie suchte nach Worten. »Sag ihnen, dass Sky … dass sie … einfach wunderbar ist. Das schönste und beste Mädchen der Welt … und …«
    Hamburg/weiblich schaute misstrauisch zwischen meinen Eltern hin und her. »Was habt ihr gesagt? Was willst du tun, Lawrence?«, fragte sie irritiert.
    Leek sagte es ihr, aber da funkelte sie ihn böse an.
    »Niemals«, sagte sie mit eisiger Stimme. »Niemals wirst du alleine dorthin fahren, Lawrence! Diese Sache geht uns alle an! Rosie ist meine Tochter. Sky ist meine Enkelin! Schon vor Jahren hätten sie nach Deutschland zurückkommen sollen, statt in diesem – Loch zu hausen!«
    »He, spinnst du jetzt komplett, Dorothea?«, schrie Moon vom Garten aus.
    »Nein, denn das ist die Wahrheit«, schrie unsere deutsche Großmutter zurück und ballte die Hände zu Fäusten.
    »Die Nachbarn …«, flüsterte Rosie matt, aber keiner beachtete sie.
    »Dorothy, ich werde jetzt gehen und – diese Leute treffen«, sagte Leek mit fester Stimme in dieses Geschrei hinein. »Und ihr beide, Herrmann und du, werdet in eure Pension fahren – oder sonst wohin, jedenfalls werdet ihr dieses Haus verlassen und meine Familie nicht länger verrückt machen, okay?«
    »Herrmann, hast du das gehört?«, schrie Hamburg/weiblich in heller Aufregung. »Was nimmt er sich heraus? Wie spricht er mit uns? – In seiner Situation …«
    »Dorothea,

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