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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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ich weiß nicht …«, murmelte Herrmann unschlüssig. Immer wenn seine irre Frau derart ausflippte, schaltete er einen Gang zurück und zog diese ratlose Masche ab. Aber wenn Hamburg/weiblich sich irgendwann wieder im Griff hatte, begann er erneut, aus der Hinterhand leise zu stänkern und zu giften. Rosie hatte mich über diese Masche schon vor Jahren aufgeklärt.
    »Ihnen ist nicht beizukommen, Sky«, hatte meine Mom damals niedergeschlagen gesagt. »Das war einer der Gründe, warum ich vor ihnen geflüchtet bin.«
    »Also, Rosie – Sky – Moon …«, sagte Leek in diesem Moment, aber da riss ihn meine deutsche Großmutter, die ja streng genommen nicht länger meine Großmutter war, plötzlich wie eine Furie am Jackenärmel.
    »Du wirst da nicht alleine hingehen, Lawrence!«, schrie sie außer sich. »Herrmann wird das erledigen – und ich werde ihn begleiten, wenn es sein muss! Herrmann hat gestern schon mit unserem Rechtsanwalt in Hamburg telefoniert und sich beraten lassen …«
    Ich sah, dass mein Dad den Faden verloren hatte und nicht mehr alles verstand, was Rosies irre Mutter da auf Deutsch schrie, aber den Grundton hatte er natürlich kapiert.
    »Dorothy, bitte …«, sagte er in seinem holperigen Deutsch, das ich mag und das Moon peinlich findet.
    »Das Foto – dieses Ultraschallbild, Herrmann!«, rief Hamburg/ weiblich böse und wedelte auffordernd mit ihrer schon etwas altersfleckigen, markanten Hand. Sie ist eine große, grobknochige Frau, ganz anders als Rosie, die weich und weiblich ist. »Was glaubst du, wer du bist? Und wie weit du es noch treiben kannst?«
    Plötzlich war es ganz still.
    »Dorothea, ich weiß wirklich nicht …«, sagte mein deutscher Großvater wieder in seiner Slow-down -Manier.
    »Rosie, es tut mir leid, aber ich habe das Bild gestern ganz zufällig entdeckt und …«
    Mit bebenden Händen holte sie das kleine Foto nun selbst aus ihrer Handtasche und reichte es meiner Mutter weiter.
    »Wusstest du davon?«, fragte sie kalt. »Unsere kleine Tochter steht darauf. Und darunter Love, Nessy.«
    Leek seufzte tief und schüttelte resigniert den Kopf.
    »Es war in meiner Jackentasche«, sagte er leise zu Rosie. »Deine Mutter hat mal wieder – geschnüffelt. Erfolgreich geschnüffelt, in diesem Fall.«
    »Was sagt er?«, fragte Dorothea mich.
    Ich schwieg.
    »Ein Ultraschallbild«, flüsterte Rosie und starrte auf das Bild. Eine neue Träne rollte über ihr völlig verschmiertes Gesicht.
    Mein Dad, beziehungsweise Moons Dad, sank neben Rosie auf den Holzboden.
    »Hat sie es dir gegeben, Leek?«, fragte Rosie. »Und es wird ein – Mädchen?«
    Leek nickte, während Rosie immer noch das irgendwie bräunliche Bild betrachtete.
    »Sie machen bessere Aufnahmen als früher«, murmelte sie. »Ist das eine 3-D-Aufnahme? Bei Jilliams Baby wurden auch solche Aufnahmen gemacht. Man kann richtig die kleinen Gesichter erkennen …«
    »Was sagt sie?«, fragte Dorothea mich wieder.
    »Warum fliegt ihr nicht nach Hause?«, fragte ich erschöpft zurück.
    »Weil Rosie uns braucht«, antwortete Dorothea prompt. Es war nicht zu fassen.
    Ich sah, dass Rosie und Leek einen Blick wechselten. Leeks Lippen formten ein tonloses »Ich liebe dich«, aber Rosie lächelte nicht, wie sie es sonst nach diesen stummen Liebeserklärungen von Leek tat.
    »Du musst los«, sagte sie stattdessen. »Sonst kommst du zu spät.«
    Leek nickte und stand auf.
    »Grüß sie von mir«, flüsterte Rosie.
    Leek nickte wieder.
    Und dann ging er, nachdem er Rosie zum Abschied zart auf den Mund geküsst hatte. Ich hörte Dorothea scharf einatmen und begleitete Leek zur Tür.
    »Sky?«
    »Was?«
    »Alles wird gut, Prinzessin.«
    Ich schwieg, weil ich mir da nicht sicher war.
    »Ich liebe euch, Sky. Dich und Rosie – und Moon natürlich auch.«
    Das klang schön und auf einmal hatte ich das Bedürfnis, doch etwas zu sagen.
    »Moon braucht dich, Dad«, sagte ich leise. »Tut er wirklich, auch wenn es oft nicht so scheint.«
    »Ich weiß«, sagte Leek, der Ehebrecher, der Alltagslügner, der in ein paar Monaten ein neues Baby bekommen würde, nachdenklich. Aber ich war trotzdem froh, dass er war, wie er war. Und dass er da war. Wenn auch nur manchmal. In der Not war auf ihn Verlass. So viel stand fest.
    »Bis später, Tochter«, sagte er und stieg winkend in seinen Buick.
    Gleich darauf fuhr Hamburg mit zweifach zusammengekniffenen Lippen in seine Pension.
    »Ihr werdet sehen, Lawrence wird alles ins Chaos stürzen«, sagte

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