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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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darum auch nur matt.
    »Irgendwie reißen sich plötzlich alle drum hinzugehen«, fügte ich heftiger als beabsichtigt hinzu. »Außer Moon und mir, natürlich.«
    »Und was für einen Zweck soll dieses Treffen haben?«, nuschelte Kendra.
    »Keine Ahnung«, murmelte ich. »Leek hat das telefonisch mit dieser – Mrs Greenberg vereinbart.«
    Mrs Greenberg – wie das klang. Sie war immerhin meine Mutter. Ich war in ihrem Bauch gewesen. Sie hatte sich auf mich gefreut, wenigstens nahm ich das an. Und dann hatte sie mich geboren …
    »Ich will mit diesem ganzen Theater nichts zu tun haben, Kendra«, sagte ich fest. »Was bringt es mir, sie zu sehen? Oder – dieses Mädchen …«
    »Sie ist – Moons Schwester«, sagte Kendra. »Ein merkwürdiger Gedanke. Wie sie wohl aussieht?«
    »Ist mir völlig egal«, antwortete ich vielleicht eine Spur zu schnell. »Meine idiotische Großmutter will übrigens, dass nicht Leek, sondern mein idiotischer Großvater mit Rosie zu Yamashiro geht. Oder eben sie selbst.«
    »Wieso denn das?«
    »Keine Ahnung. Sie kann meinen Dad einfach nicht leiden, das ist es wohl. Konnte sie noch nie … Sie glaubt, er wird – Fehler machen. Etwas in der Art.«
    »Was für Fehler?«
    »Was weiß ich. Vielleicht glaubt sie, er macht sich an Mrs Greenberg heran – oder so was. – Sie ist, denke ich, auch ganz scharf drauf, dieses … andere Mädchen zu Gesicht zu bekommen …«
    Plötzlich wurden unten Stimmen laut.
    »Ich ruf dich gleich wieder an, Kendra«, sagte ich, legte den Hörer auf und lauschte ins Erdgeschoss hinunter.
    »So kannst du nicht gehen, Rosie! Unmöglich! Du machst dich ja zum Gespött! Was sollen diese – Leute von dir denken? Sie werden Reißaus nehmen …«
    Rosie hatte heute Morgen ein großes Tamtam um ihr Äußeres veranstaltet. Mit Papilloten hatte sie ihre hellen Haare gelockt. Sie war noch viel länger als sonst unter der Dusche gewesen, hatte ihre Finger- und Fußnägel auf Vordermann gebracht. Beim Frühstück, als Hamburg noch abwesend war, hatte sie zwischen allen Fußzehen ein Tampon klemmen gehabt, damit ihre frisch lackierten Fußzehen nicht aneinanderstießen.
    »Rubinrote Fußnägel, fliederlila Fingernägel, nicht schlecht«, hatte Moon gemurmelt und sich Fruit Loops in eine Frühstücksschüssel gekippt.
    »Zu bunt? Soll ich es wieder wegmachen?«, fragte Rosie verunsichert. Sie hatte Schatten unter den Augen und sah elend aus. So elend, wie ich mich fühlte.
    »Du bist wunderschön, Darling«, beruhigte Leek sie von seiner Staffelei aus. Er arbeitete immer noch an meinem Gesicht, aber ich musste ihm nicht mehr sitzen, er war bereits bei der Feinarbeit.
    »Warum malst du sie so bunt?«, hatte Hamburg/weiblich ihn vor ein paar Tagen kritisiert. »Du malst doch sonst nicht in Pop-Art? Es gefällt mir nicht besonders. – Herrmann, dir?«
    Mein Großvater hatte von seinem Notebook hochgesehen, er war dabei, online Scrabble zu spielen. »Lass ihn, Doro. Misch dich nicht ein«, sagte er, mehr nicht.
    Am Nachmittag, Hamburg war längst eingetroffen, begann Rosie aufgeregt, sich für das bevorstehende Treffen anzuziehen. Sie telefonierte dazu mit ihrer Freundin Jilliam, um sie um Rat zu fragen. Die Affäre mit Geoff, dem Lachtherapeuten, vergab sie ihr dafür. Auch Leek sollte Rosie beraten. Und Moon, den sie immer bei allem Wichtigen zurate zog, aber Moon verweigerte sich heute.
    »Der Affenzirkus geht mich nichts an. Zieh an, was du willst, Rosie. Oder geh nackt. Dann wollen sie vielleicht nichts mit uns zu tun haben und machen die Biege …«
    Er schaute wieder zurück in sein Buch.
    Als ich nach oben gegangen war, um mit Kendra zu telefonieren, trug Rosie jedenfalls einen schwarzen, weich fallenden Rock und eine helle Batikbluse, die man in der Taille locker zusammenknotete. Ihre frisch gelockten blonden Haare hatte sie mit einer indianischen Haarspange, die ich ihr mal von Folks in the Garden mitgebracht hatte, hochgesteckt. Um die Stirn hatte sie sich ein dünnes regenbogenfarbenes Seidentuch gewickelt. An ihren Ohrläppchen steckten kleine, dezent glitzernde Brillantstecker anstelle der bunten Ohrringe, die sie sonst trug. Ihre schmalen Füße steckten in weichen Biosandalen.
    Selbst für Hamburg-Verhältnisse war nichts an ihr auszusetzen gewesen. Sie roch nach Hot Couture von Givenchy, ein Parfum, das Leek ihr manchmal schenkte.
    Ich ging langsam nach unten. Besorgt sah ich, dass Stufe vier halb offen lag. Mit dem Fuß schob ich die defekte Stufe zu, aber

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