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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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je zu Gesicht bekommt …«
    »Es reicht!«, rief Leek, aber da fingen sie natürlich augenblicklich im Duett mit Leeks Seitensprungkind an. Dass er eine Schande sei. Dass er Rosie nichts als Unglück gebracht habe. Dass seine Bilder ein Haufen Mist seien.
    Godot bellte und Jilliams und Gershons Stimmen, die auf unseren Anrufbeantworter sprachen, klangen in dem Gebrüll wie ein Flüstern. Niemand beachtete sie.
    Und dann war plötzlich Moon wieder da.
    »Raus!«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Raus hier! Sofort! – Habt ihr verstanden? Raus – Hamburg!«
    Er hatte die Augen weit aufgerissen und ich sah, dass er litt. Ob die anderen es sahen, weiß ich nicht. Aber Moon, der der Vogel-Strauß-Politik, wie es schien, den Kampf angesagt hatte, war völlig außer sich. Sein Blick sprühte Funken.
    Und anscheinend hatte er das getan, was wirklich notwendig war.
    Da weder Rosie noch Leek oder ich zum Brüllen wirklich taugten, hatte es Moon tun müssen. Und er hatte Erfolg damit. Sie gingen tatsächlich. Mehr oder weniger hysterisch, mehr oder weniger geschlagen, mehr oder weniger hoch erhobenen Hauptes – aber sie gingen.
    »Na also«, sagte Moon hinterher leise und kehrte zurück in sein Zimmer, ohne sich auch nur nach einem von uns umzuschauen. Laut ließ er die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
    Am übernächsten Tag riefen sie an. Die Klinik und die Greenbergs. Wir hatten es zweifach auf dem Anrufbeantworter und Leek hörte es dreifach persönlich. Zweimal von Ärzten und einmal von Mr Greenberg.
    Ich passte. Nicht hundertprozentig, aber beinahe. Alle waren aus dem Häuschen.
    Um Himmels willen, warum passte ausgerechnet ich, wo doch sonst keiner gepasst hatte?
    »Liebe Sky. – Liebe, liebe Sky …«, sagte Delia Greenberg leise auf unseren AB. Rosie hörte es sich wieder und wieder an. Im Hintergrund lief Bob Marley, einer von Rosies Kriseninterpreten, und meine Mutter rauchte an diesem Nachmittag ihren gesamten Cannabisvorrat auf.
    Ramirez, mein Arbeitgeber, war gleichzeitig auch Rosies Marihuanalieferant. Er würde ihr dringend Nachschub bringen müssen.
    »He Leute, man wird high, wenn man nur euer Wohnzimmer betritt«, sagte Chrippa, die auf einmal vor der Tür stand, warum auch immer. Ihre Haare waren noch genauso grün wie früher. Aber ihr Blick war nicht mehr so abwesend. Vielleicht hatte sie in der Zwischenzeit Kontaktlinsen gefunden, die ihr keine Probleme machten.
    »Was willst du?«, fragte ich nicht sehr freundlich, weil ich so aufgewühlt wegen der Untersuchungsergebnisse war und weil Leek gerade ein Beruhigungsbad für Rosie eingelassen hatte und ich jederzeit damit rechnete, die beiden irgendwo beim Sex zu überraschen. Wenn Rosie derart high war, war sie anfällig für spontanen Sex. Das hatte ich tausendmal erlebt.
    »Zu Moon will ich. Was sonst?«, antwortete Chrippa knapp und ging an mir vorbei nach oben, als ob sie gestern zum letzten Mal hier gewesen wäre. Und vielleicht war sie das gewesen. Ich hatte mich lange genug im Schimmelzimmer eingeschlossen.
    Kendra war heute in Plastikwelt, weil ihre Eltern ihr überraschend eine Austauschschülerin aus Paris verpasst hatten, die heute ankommen würde.
    »Was denken sich diese Ärsche eigentlich?«, hatte Kendra sich am Telefon aufgeregt, als sie mir die Hiobsbotschaft mitteilte.
    »Vielleicht ist sie ja nett«, hatte ich gemurmelt.
    »Wenn Brenda sie ausgesucht hat, wird sie nicht nett, sondern ein Monster sein«, prophezeite Kendra düster.
    »Hi«, hörte ich Moon zu Chrippa sagen, dann ging seine Tür wieder zu.
    Verdammt, meine ganze Welt stand kopf.
    Blutabnahme.
    »Sky Greenberg?«
    »Sky Lovell«, korrigierte Leek.
    »Ach ja, natürlich.«
    Größe, Gewicht, Allgemeinzustand.
    »Ich habe Angst, Dad.«
    »Alles wird gut, Prinzessin. Ich bin stolz auf dich.«
    Dabei war Leek weiß wie die Wand hinter ihm.
    »Wo ist Mom?«
    »Sie wartet zu Hause und lässt dich grüßen. Ich soll dir ausrichten, dass sie dich über alles liebt.«
    »Habt ihr was von Dorothea und Herrmann gehört?«
    »Eine Mail. Sie fahren die Küste entlang bis nach Mexiko. Starr vor Wut. Wenn Rosie Glück hat, setzen sie sich danach in den Flieger zurück nach Good-old-Germany.«
    Ich nickte.
    Und plötzlich waren sie da – meine leiblichen Eltern.
    »Danke, Sky«, flüsterte Delia. »Danke, dass du das für uns tust …«
    Zum ersten Mal sah ich ihn. Er hatte Augen wie sein Bruder, Augen wie ich. Ansonsten war er vor allen Dingen dünn, blass,

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