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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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früh am Vormittag und eigentlich ein normaler Schultag.
    »Aus der Klinik«, sagte ich und rieb mir den Arm. Ich hatte mir heute Morgen Blut abnehmen lassen. Leek war am Abend vorher dort gewesen und hatte seine schriftliche Einwilligung gegeben.
    Unsere SATs, die Eignungstests fürs College, hatten noch gar nicht begonnen. Jetzt waren erst einmal Ferien.
    »Sie sind also Jonathans Schwester«, hatte die Schwester gesagt, die mir die Druckmanschette anlegte. Sie warf mir einen prüfenden Blick zu. Wussten hier eigentlich alle Bescheid?
    Ich schwieg.
    »Na, dann toi, toi, toi«, seufzte sie, als sie mein Blut in einem dieser winzigen Blutabnahmeschläuche auffing. »Der kleine Kerl ist ja so tapfer«, fuhr sie in dieser Plauderart fort und wechselte rasch das Blutröhrchen. Insgesamt füllte sie sieben Stück.
    »Das war’s schon«, sagte sie hinterher. »War’s schlimm?«
    Ich schüttelte den Kopf und sah zu, wie die Schwester die Röhrchen beschriftete. Mir war etwas schwindelig, aber ich sagte nichts.
    Greenberg schrieb sie mit einem schwarzen Folienstift, dann schaute sie hoch. »Wie ist denn Ihr Vorname?«
    »Ich heiße Sky Lovell«, sagte ich.
    »Ach ja, richtig«, sagte sie, setzte hinter Greenberg einen Schrägstrich und schrieb Lovell dahinter.
    Ich runzelte die Stirn.
    »Das war es für heute«, erklärte die Schwester dann und lächelte mir zu. »Die Klinik wird sich bei Ihnen melden, so oder so.«
    »Okay.«
    Ich nickte und fuhr mit dem Aufzug in den dritten Stock, wo das Greenbergkind sein Zimmer hatte. Sollte ich? Oder besser doch nicht? Wer würde mich dort drin erwarten? Schließlich gab ich mir einen Ruck und klopfte an die Tür.
    »Hallo«, begrüßte mich ein noch ziemlich junger, gut aussehender Mann. – Konnte das …? Nein, das konnte unmöglich Mr Greenberg sein. Dazu war er viel zu jung. Er war bestimmt noch ein ganzes Stück jünger als Leek und der war schließlich schon jung.
    »Das ist sie, Onkel Zvi«, flüsterte Jonathan durchdringend und warf dem Mann einen verschwörerischen Blick zu.
    »Hey, schön, dich zu sehen«, sagte der Mann lächelnd, kam auf mich zu und schüttelte meine Hand. »Du bist – Sky, hab ich recht? Mein Name ist Joshua Greenberg. Familienintern nennt man mich Zvi. Ich bin das schwarze Schaf der Familie Greenberg und außerdem Moshe Greenbergs jüngerer Bruder. – Freut mich, dich kennenzulernen.«
    »Du bist doch kein schwarzes Schaf. Du bist ein Zauberer«, verbesserte ihn das Greenbergkind, dessen dünner Arm an einer Infusionslösung hing.
    Ich nickte stumm und starrte den Fremden wie gebannt an. Okay, das war unhöflich, aber er hatte meine Augen. Dieselbe Farbe, dieselbe Form, dieselben gebogenen Wimpern. Sogar denselben Schwung in den Augenbrauen.
    »Danke, dass du Jonathan helfen willst«, sagte er gerade, fuhr sich durch die wirren dunklen Locken und blinzelte mit meinen Augen. »Das ist wirklich toll von dir.«
    »Zaubere ein Ei hinter ihrem Ohr vor«, schlug das Greenbergkind vor.
    Kendra würde ihn toll finden. Er war genau der Typ, auf den sie abfuhr.
    »Ein andermal«, sagte Joshua Greenberg eine Spur verlegen, wie es schien.
    »Er kann auch Geld. Und Kaninchen. Und so Sachen«, erklärte Jonathan mir. »Er ist berühmt!«
    Zvi Greenberg lachte. »Nicht wirklich«, sagte er zu mir. »Eigentlich tingele ich nur so rum und verdiene gerade genug, um nicht zu verhungern.«
    »Das stimmt nicht«, rief Jonathan wütend.
    »Schrei nicht, mein Kleiner«, bat Zvi. »Das ist mit Sicherheit schlecht für deine Nieren.«
    »Da, das ist für dich«, sagte ich zu dem lauten Kind, um es abzulenken, und drückte ihm rasch ein kleines goldenes Kästchen in die Hand. Ich hatte es vor ein paar Tagen bei Folks in the Garden entdeckt. Es war ein tibetisches Glücksdöschen aus Holz.
    »Mal was anderes für dieses Plastikspielzeugkind«, hatte ich an diesem Abend zu Kendra gesagt. »Und schließlich kann er Glück brauchen. Eimerweise.«
    »Toll! Was ist da drin?«, fragte er neugierig.
    »Glück«, sagte ich.
    Jonathan starrte mich verblüfft an. Dann öffnete er gespannt das schnörkelige Döschen.
    »Gar nichts ist drin«, sagte er hinterher enttäuscht und schüttelte es, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, ein paar Mal aus.
    »Doch, Joni, du hast es doch gehört: Glück ist drin«, bestätigte Zvi meine Worte. »Vorsicht, du Kummerkind, jetzt hast du es ausgeschüttet. Warte, ich helfe dir.«
    Das Greenbergkind und ich sahen beide zu, wie Joshua

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