Wenn du mich brauchst
Können wir dir irgendeinen Wunsch erfüllen? Du tust so viel für uns. Du bist so selbstlos. Du nimmst Schmerzen in Kauf …«
»Ich würde nur gerne ein bisschen schlafen«, sagte ich verlegen, mehr nicht.
Rosie streichelte mein Gesicht und Delia schüttelte vorsichtig mein Kissen auf. Anschließend küssten mich beide und ich sah, dass es schwer war für Rosie.
Am anderen Morgen fühlte ich mich eigentlich wie immer und durfte nach Hause. Leek holte mich ab. Als Leek die Einfahrt hochfuhr und seinen Buick parkte, sah ich, dass ein funkelnagelneuer sonnengelber Toyota Yaris vor unserem Haus stand.
»Wem gehört der denn?«, fragte ich Moon, der vor dem Haus im Gras saß und mir entgegensah. Godot lag, alle viere von sich gestreckt, neben ihm.
»Dir«, sagte Moon mit gerunzelter Stirn.
»Mir?«, wiederholte ich verwirrt.
»Yep«, nickte Moon.
Rosie kam mir entgegengelaufen und umarmte mich vorsichtig.
»Er ist von – Greenbergs«, erklärte sie seufzend. »Ich konnte sie nicht davon abhalten.«
»Cash für ein bisschen Knochenmark«, murmelte Moon gereizt.
»Moon!«, rief Rosie.
Ich starrte immer noch das Auto an. Greenbergs hatten es für mich gekauft? Ein eigenes Auto? Und ein fabrikneues dazu? Warum hatten sie das getan? Aus schlechtem Gewissen? Oder war es so, wie Moon es gesagt hatte?
»Es ist eine Geste«, sagte Leek achselzuckend. »Nett. Aufmerksam. Nichts weiter. Du hast jetzt einen Führerschein, also schenken sie dir, weil sie es sich leisten können, einen eigenen Wagen als Dankeschön für deine Hilfe.«
»Ich finde, sie sollten sich ihre Kohle an den Hut stecken!«, rief Moon und ging wütend davon. »Sky ist unverkäuflich! – Hoffe ich wenigstens! Mann, Bonzen sind so was von zum Kotzen!«
Godot wartete nicht auf mich. Stattdessen trottete er mit hängendem Schwanz Moon hinterher.
Ich rief sie von meinem Handy aus an.
»Delia?«
»Sky! Wie geht es dir? Bist du schon zu Hause? Haschem sei Dank!«
»Ich wollte mich für … den tollen Wagen bedanken. Das wäre doch nicht nötig gewesen …«
»Doch, doch, das war das Mindeste.«
Ihre Stimme klang bewegt, dennoch musste ich an Moons Worte denken, ob ich es wollte oder nicht. Cash für ein bisschen Knochenmark.
»Jonathan hat sich so über das Glücksdöschen gefreut, Sky«, fuhr Delia fort. Das war allerdings beschönigend ausgedrückt. Ich erinnerte mich an seine Miene, als er die kleine, vermeintlich leere Dose geöffnet hatte.
»Glück«, sagte Delia in meine Gedanken hinein. »Wir haben großes Glück gehabt, indem wir dich kennenlernen durften, endlich. Wir wollen dich nicht mehr – verlieren …«
Stille breitete sich zwischen uns aus. – Ich musste an Hannah denken, die ich nicht kannte. Wie ging es ihr wohl? Was hielt sie von alldem?
Am Nachmittag kam Kendra in Begleitung der französischen Austauschschülerin aus Plastikwelt.
Ich hatte wieder Rückenschmerzen bekommen und saß untätig im Garten herum. Rosie hatte Pancakes für mich gebacken und Leek neuen Ahornsirup gekauft, weil der alte alle war.
»Hallo, Bleichgesicht«, sagte Kendra und umarmte mich. »Das ist Noelle. Bekloppt, aber ich forme sie schon noch. Brenda Flayderman scheint zu hoffen, dass Noelles steife, schwer französische Umgangsformen mich ummodeln werden, aber da hat sie sich natürlich geirrt. Im Gegenteil, ich werde einen anarchistischen Vamp aus der heiligen Noelle machen …«
Noelle lächelte mir zu. Sie schien noch kaum etwas zu verstehen.
»Irre, der Wagen!«, fuhr Kendra fort, warf sich neben mir ins Gras und biss von meinem Pancake ab. »Wie war es im Krankenhaus? Erzähle! Hast du es gut überlebt? Wie geht es dem Plastikgreenbergnachwuchs? Hast du endlich einen Blick auf Hannah Greenberg werfen können? Kann sie dir das Wasser reichen? Und wo ist Moon?«
Zwei Tage später packte Leek seine Koffer.
»Zurück nach Venice Beach?«, fragte ich und überlegte, ob Rosie es schon wusste. Sie war an diesem Mittag bei Jilliam, die heute Morgen voller Panik angerufen hatte, weil sie fürchtete, schwanger von Geoff, dem Lachtherapeuten, zu sein.
»Mal nach dem Rechten sehen, Prinzessin«, sagte Leek vage. »Ich war seit Wochen nicht da.«
Ich nickte und musste an die ebenfalls schwangere Stewardess denken. Warum pflanzten sich die Leute bloß dauernd fort? War das so erfüllend?
»Ich habe eingekauft, Sky«, sagte Leek und schloss mühsam den Koffer. »Es ist alles da, was ihr in der nächsten Zeit braucht.«
Ich nickte wieder.
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