Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
Vom Netzwerk:
Murmeln.
    »Übrigens lustig, deine blonden Haare. Obwohl sie dunkel noch schöner sind …«
    Ach ja, er kannte mich ja noch gar nicht mit meiner neuen Lovell-Haarfarbe.
    »Hm«, machte ich. Dann gab ich mir einen Ruck. »Willst du – vielleicht was trinken?«
    »Gerne.«
    Wieder ein Augenlächeln.
    Ich stand auf und holte zwei Gläser und zwei Dr. Pepper Root Beer aus der Küche. Auf dem Rückweg sah ich, dass unser Anrufbeantworter blinkte. Automatisch drückte ich den Abspielknopf.
    Anrufer Nummer eins war Jilliam, die Rosie mitteilen wollte, dass sie nun doch nicht schwanger sei.
    Anrufer zwei war eine Versicherungsagentur, die sich noch einmal melden wollte.
    Anrufer drei waren meine deutschen Großeltern, die nach dem Signalton, ohne sich zu melden, wieder aufgelegt hatten. Lediglich anhand ihrer Nummer im Display konnte ich sie als Anrufer Nummer drei identifizieren.
    Anrufer vier war – Delia Greenberg. Wie angewurzelt stand ich im Raum und lauschte ihrer sanften Stimme. Sie teilte mir glücklich mit, dass es dem Greenbergkind schon viel besser ging und er nach dem Wochenende nach Hause dürfte.
    »Sky, das alles verdanken wir dir«, sagte sie und ihre Stimme klang sehr emotional. »Du hast etwas unendlich Großes vollbracht und wir sind unsagbar glücklich darüber, dass es dich gibt! Und nicht nur Jonathans wegen, natürlich. – Wann dürfen wir dich wiedersehen? Wann kommst du uns endlich besuchen? Wir wollen euch alle kennenlernen. Dich – deine Eltern, deinen Bruder. Wir wollen alles nachholen, was wir bisher versäumt haben …«
    Ich biss mir auf die Lippen. Wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn diese Verwechslung nie geschehen wäre? Wäre ich heute dieselbe, wenn Delia Greenberg mich großgezogen hätte? Sanft und ausgeglichen, wie sie war?
    Der Anrufbeantworter war bereits zu Anrufer Nummer fünf gesprungen, ohne sich um meine Gedanken zu scheren.
    »Das bin ich. Old Niall«, sagte mein Urgroßvater in Irland, durch eine rauschende Verbindung hindurch, unruhig. »Keiner da, verflixt?«
    Es klickte in der Leitung, als er auflegte.
    »Sky? Lebst du noch?«, rief Gershon in diesem Moment aus dem Garten.
    »Einen Moment noch …«, antwortete ich hastig und warf einen raschen Blick auf das AB-Display. Noch drei weitere Anrufe warteten darauf, abgehört zu werden.
    Acht Anrufe in der einen Stunde, die ich unterwegs gewesen war? Was war denn nur los?
    Und wo steckten, verdammt noch mal, Rosie und Moon?
    Ich lauschte den letzten drei Anrufen, die alle aus Irland kamen.
    »Leek? Verdammt, Leek? Wo steckst du, mein Junge?«
    Knack, Gespräch zu Ende.
    »Rosie? Sky? Moon? Hört mich denn keiner? Kerle, macht mich nicht wütend. Ich werde heute sterben und muss noch was loswerden, zum Teufel …«
    Wieder hatte Old Niall aufgelegt.
    Mein Herz schlug mir bis in den Hals und ich lauschte besorgt dem letzten Anruf entgegen.
    »Es ist mein Ernst, ihr Stinktiere! Ich muss einen von euch an diesen blödsinnigen Apparat bekommen. Ich muss eine verdammte Beichte loswerden. Hallo? Das könnt ihr einem alten, versoffenen Sünder wie mir nicht antun, dass er derart seelisch versaut vor seinen Herrgott treten muss. Sky! Moon! Wenigstens einer von euch zwei Rabauken! Ran an den Hörer …«
    In meinem Kopf drehte sich alles. Was ging da vor sich? Starb mein Urgroßvater tatsächlich? Oder hatte er nur einen besonders schlechten Tag? War er betrunken? Er war ein Quartalssäufer, das wussten wir alle.
    Ich zuckte zusammen, als Gershon plötzlich neben mich trat.
    »Okay, ich akzeptiere, du willst mich verdursten lassen«, sagte er lächelnd und kam auf mich zu. »He, Sky, alles in Ordnung mit dir?«
    In Ermangelung von Leek lehnte ich mich für einen Moment an ihn. Er roch nach Sommer und irgendeinem Deo und dann noch ein bisschen so wie Moon. Vielleicht rochen alle einigermaßen gut gepflegten Jungen, die im selben Alter waren, irgendwie ähnlich.
    Ich versuchte, mich zu beruhigen.
    »Ich weiß nicht, ob alles okay ist«, sagte ich zögernd und fühlte mich wirr. »Mein Urgroßvater … Er …« Ich suchte nach Worten, aber ich fand so schnell keine passenden.
    »Ich erkläre es dir später, Gershon. Versprochen.«
    Er nickte und öffnete eine der beiden Root-Beer-Dosen, die ich auf dem Wohnzimmertisch abgestellt und dort vergessen hatte.
    »Da, trink einen Schluck«, sagte er und hielt mir auffordernd die rote Dose entgegen. »Damit du nicht versehentlich dehydrierst. – Bei dir scheint ja immer eine Menge los zu

Weitere Kostenlose Bücher