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Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Titel: Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hudson
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als Geist, meinen Fähigkeiten und meiner Bestimmung. Sie haben mir gesagt, ich sei etwas Besonderes … sogar wesentlich für ihre Mission. Wie ich dir schon einmal gesagt habe, haben sie mir dann einen wichtigen Auftrag erteilt und mir die Kontrolle über diesen Ort übertragen. Sie haben mir wieder Macht verliehen.« Er wies mit einer grandiosen Geste auf die gesamte Umgebung, die krummen, glänzenden Bäume und den flachen schwarzen Himmel über uns.
    Ich zitterte. » Eine Eistundra ganz für dich allein?«
    » Die Kälte ist Teil ihrer Welt, Amelia. Und unserer.«
    » Deiner«, verbesserte ich ihn leise.
    » Da irrst du dich«, sagte er lässig.
    » Oh? Und in welchem Punkt genau irre ich mich?«
    » Bezüglich der Einsamkeit dieses Orts. Er ist dazu bestimmt, geteilt zu werden, weißt du?«
    » Von wem?«
    » Meine Gebieter wollen schon immer, dass zwei Geister zusammenarbeiten und neue Seelen in diese Welt ziehen.«
    » Zwei Geister?« Ich hob eine Augenbraue und sah mich vielsagend in dem ansonsten leeren Wald um. Eli wollte, dass ich mich ihm anschloss, so viel war mir klar, doch jetzt kam mir in den Sinn, dass er seine Aufgabe schrecklich lange ohne Hilfe bewältigt hatte.
    Ein seltsamer Ausdruck huschte über Elis Gesicht, einer, den ich nicht einordnen konnte. Verschiedene Emotionen hätten hinter der Miene stecken können: Trotz, Arroganz … und sogar ein wenig Angst. Bevor ich entscheiden konnte, ob es eine davon war oder alle zusammen, gab Eli mir eine kurz angebundene Antwort.
    » Ich hatte früher einen Mentor. Aber jetzt nicht mehr.«
    Er wandte sich rasch ab, sodass ich seine Miene nicht betrachten konnte. Offensichtlich war ihm daran gelegen, dieses Gesprächsthema zu beenden, und zwar schnell. Ich blinzelte. Seine ausweichende Antwort verblüffte mich.
    » Ähm … wo ist dein Mentor jetzt, Eli?«
    Das Gesicht immer noch weggedreht, zuckte Eli mit den Schultern. » Fort. So viel dazu.«
    Ich spürte, dass mehr dahintersteckte – viel mehr. Mich überkam das jähe, überwältigende Verlangen herauszufinden, was mit Elis ehemaligem Mentor geschehen war. Hätte ich raten müssen, wäre ich jede Wette eingegangen, dass es nichts Angenehmes war. Ich machte Anstalten nachzubohren, doch Eli winkte ab.
    » Ich werde nicht über die Zeit sprechen, als ich Lehrling gespielt habe, Amelia, also frag erst gar nicht. Was mich mehr interessiert, ist das Thema meines eigenen Lehrlings.«
    » Oh, und ich bin die derzeitige Gewinnerin dieses Preises, stimmt’s?« Ich verzog geringschätzig den Mund, um Eli zu zeigen, was genau ich von dieser Ehre hielt.
    » In der Tat«, sagte Eli und bedachte mich mit einem weiteren seltsamen Blick, » bist du nicht die erste Helferin, die ich mir unter den Seelen ausgesucht habe, die ich in diese Welt gebracht habe.«
    » Hä?«, fragte ich. » Von wem redest du?«
    Seine Miene veränderte sich erneut. Die Selbstgefälligkeit wurde von einem Ausdruck ersetzt, den ich zuerst nicht deuten konnte. Dann traf mich die Erkenntnis: Eli war traurig. Nicht höhnisch oder herablassend oder gar wütend. Bloß traurig.
    Langsam ging er auf einen tiefhängenden Ast zu – einen, der sich nach oben bog, eine Schlaufe bildete und sich dann wie ein missgebildetes J in die graue Luft erhob – und setzte sich auf die behelfsmäßige Bank, die der Ast bildete. Er nahm die Hände aus den Taschen und legte sich die Handflächen auf die Knie. Als er wieder sprach, starrte er auf eine Stelle im Moos zu seinen Füßen.
    » Melissa.« Er sagte den Namen zärtlich, traurig, als sei jede Einzelne der drei Silben kostbar.
    » Wer ist Melissa?«
    » Sie ist … Sie war … meine erste echte Kostprobe des Lebens nach dem Tod.«
    Auf einmal riss Eli den Kopf hoch. Er suchte meinen Blick und sah mich unverwandt an, wobei seine Augen mit einer beinahe brutalen Heftigkeit leuchteten. Ich kam mir vor, als habe mich die Macht dieses Starrens hypnotisiert. Eli blinzelte noch nicht einmal, als ich die Beine unterschlug und mich vor ihm ins Moos setzte.
    » Die beste Nacht meines Todes«, flüsterte Eli und starrte mich immer noch unverwandt an. » Ich stand auf der Brücke und bereitete mich darauf vor, eine Seele einzusammeln. Bloß das Übliche. Ich musste nur abwarten, dass sie herunterfiel.«
    Ich gab ein ersticktes Geräusch von mir, doch Eli schien mich nicht zu hören.
    » Während ich wartete, beobachtete ich sie«, fuhr er fort. » Sie war wunderschön, mit glänzendem kastanienbraunem Haar, das ihr

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