Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
Vom Netzwerk:
ich gucken den restlichen Nachmittag über alte DVDs, vor allem alte Disney- und Pixarfilme, die wir beide toll finden, wie Arielle, die Meerjungfrau und Findet Nemo . Wir machen Popcorn mit extra viel Butter und Tabasco, so wie Dad immer, und machen es uns im dunklen Fernsehzimmer gemütlich, während der Himmel draußen immer dunkler wird und die Bäume vom Wind umhergepeitscht werden. Als Mom nach Hause kommt, fordern wir einen Luigi -Freitag – früher sind wir freitagabends immer in so ein kitschiges italienisches Restaurant gegangen (wo es rot-weiß karierte Plastiktischdecken gab und einen Akkordeonspieler und Plastikrosen auf den Tischen) – und sie sagt, sie wird darüber nachdenken, was bedeutet, dass wir hingehen.
    Es ist ewig her, seit ich das letzte Mal an einem Wochenende abends zu Hause war, und als Dad nach Hause kommt und Izzy und mich auf dem Sofa liegen sieht, wankt er zur Tür herein und fasst sich ans Herz, als hätte er einen Herzinfarkt.
    Â»Hab ich Halluzinationen?«, fragt er, als er seine Aktentasche abstellt. »Ist das möglich? Samantha Kingston? Zu Hause? An einem Freitag?«
    Ich verdrehe die Augen. »Weiß nicht. Hast du in den Sechzigern viel Acid genommen? Könnte ein Flashback sein.«
    Â»1960 war ich zwei. Ich kam zu spät zur Party.« Er beugt sich vor und gibt mir einen Kuss auf den Kopf. Aus alter Gewohnheit ziehe ichden Kopf weg. »Und ich will noch nicht mal fragen, woher du weißt, was Acid-Flashbacks sind.«
    Â»Was ist ein Acid-Flashback?«, kräht Izzy.
    Â»Nichts«, sagen Dad und ich gleichzeitig und er lächelt mich an.
    Schließlich gehen wir zu Luigi (offiziell Luigi’s Italian Home Kitchen ), das gar nicht mehr Luigi ist, und zwar schon lange nicht mehr. Vor fünf Jahren ist hier ein Sushi-Restaurant eingezogen und all die falschen Art-déco-Fliesen und Glaslaternen sind durch elegante Metalltische und einen langen Eichentresen ersetzt worden. Aber das macht nichts. Für mich wird es immer Luigi bleiben.
    Das Restaurant ist extrem voll, aber wir kriegen einen der besten Tische, direkt neben den großen Aquarien mit exotischen Fischen am Fenster. Dad macht wie üblich einen schlechten Witz darüber, dass das Sushi ja noch lebt, und meine Mutter sagt, er solle besser bei der Architektur bleiben und die Comedy den Profis überlassen. Beim Abendessen ist Mom extra nett zu mir, weil sie ja denkt, ich hätte eine Trennung zu verwinden, und Izzy und ich bestellen die halbe Speisekarte rauf und runter und schlagen uns den Bauch mit Edamame, Krabben-Shumai, Tempura und Algensalat voll, noch bevor das eigentliche Essen kommt. Dad trinkt zwei Bier, von denen er angesäuselt wird, und unterhält uns mit Geschichten über verrückte Kunden, und Mom sagt mir dauernd, ich soll bestellen, was ich will, und Izzy legt sich eine Serviette auf den Kopf und tut so, als wäre sie ein Pilgervater, der zum ersten Mal ein California-Maki probiert.
    Bis dahin ist es ein guter Tag – einer meiner besten. Eigentlich fast perfekt, obwohl gar nichts Besonderes los war. Wahrscheinlich habe ich schon viele Tage wie diesen erlebt, aber irgendwie sind das nicht die, die man im Gedächtnis behält. Das kommt mir jetzt falsch vor. Ich denke daran, wie ich bei Ally zu Hause im Dunkeln gelegen und michgefragt habe, ob ich mich an einen Tag erinnere, der es wert ist, noch mal durchlebt zu werden. Ich habe den Eindruck, diesen hier immer wieder zu durchleben, wäre nicht so schlecht, und ich beschließe, das zu tun – einfach so weiterzumachen, immer und immer wieder, bis die Zeit ganz abgelaufen ist, bis das Universum stehenbleibt.
    Kurz bevor wir den Nachtisch kriegen, kommt eine große Gruppe Neunt- und Zehntklässlerinnen, die ich aus der Schule kenne, hereinmarschiert. Ein paar von ihnen tragen noch ihre Trikots der Schulschwimmmannschaft. Offenbar haben sie spät trainiert. Sie wirken so jung mit ihren zurückgekämmten Haaren, den Pferdeschwänzen und ungeschminkt – ganz anders, als wenn sie bei unseren Partys auftauchen und es so aussieht, als hätten sie gerade anderthalb Stunden an der MAC-Theke verbracht und Werbegeschenke abgegriffen. Ein paar von ihnen bemerken, dass ich sie anstarre, und senken den Blick.
    Â»Grüntee- und Rote-Bohnen-Eis.« Die Kellnerin stellt eine große Schüssel und vier Löffel vor uns ab. Izzy stürzt sich auf die

Weitere Kostenlose Bücher