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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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klar und deutlich vor Augen.
    Â»Meine Heldin«, sagen wir beide gleichzeitig. Ich höre nicht, wie Kent sich bewegt, aber plötzlich ist seine Stimme näher dran und er nimmt meine Hände in seine.
    Â»An diesem Tag habe ich gelobt, dass ich irgendwann auch dein Held sein würde, egal, wie lange es dauern würde«, flüstert er.
    Eine ganze Weile lang, die sich anfühlt wie Stunden, bleiben wir so, und die ganze Zeit zerrt der Schlaf an mir, zieht mich von Kent weg, aber mein Herz flattert wie eine Motte und schlägt die Träume und die Dunkelheit und den Nebel weg, die mein Hirn bevölkern. Sobald ich einschlafe, verliere ich ihn. Dann verliere ich diesen Moment für immer.
    Â»Kent?«, sage ich und meine Stimme scheint sich aus dem Nebel hervorkämpfen zu müssen und braucht für den Weg von meinem Gehirn zu meinem Mund ewig.
    Â»Ja?«
    Â»Versprichst du mir, dass du hier bei mir bleibst?«, frage ich.
    Â»Ich verspreche es dir«, flüstert er.
    Und dann, genau in diesem Moment, wo ich nicht mehr sicher bin, ob ich träume oder wach bin oder durch irgendein Tal dazwischen laufe, in dem alles, was man sich wünscht, in Erfüllung geht, spüre ich das Flattern seiner Lippen auf meinen, aber es ist zu spät, ich gleite davon, ich bin weg, er ist weg, und der Moment rollt sich ein und zieht sich zurück wie eine Blume, die sich für die Nacht zusammenfaltet.

SECHS
    Dieses Mal träume ich mit Ton. Während ich durch die Dunkelheit falle, ertönt eine dudelnde, plätschernde Musik wie die in Arztpraxen und Aufzügen, und ohne zu wissen, woher ich das weiß, begreife ich, dass die Musik aus dem Büro der Berufsberaterin an der Schule bis hierher klingt.
    Sobald mir das klar wird, blitzen lauter kleine helle Flecken in der Dunkelheit auf, eine vorbeirasende Galerie all der nervigen Motivationsplakate, die Mrs Gardner an den Wänden hängen hat, nur dass sie in meinem Traum alle ungefähr hundertmal so groß sind, jedes so hoch wie ein Haus. Auf einem sieht man ein Bild von Einstein über den Worten: Die Erdanziehungskraft ist nicht dafür verantwortlich, dass Menschen sich zueinander hingezogen fühlen . Da ist ein Plakat mit einem Zitat von Thomas Edison: Genie ist 1 % Inspiration und 99 % Transpiration . Ich denke gerade daran, mich an einem festzuhalten, und frage mich, ob es mein Gewicht aushalten würde, da trudele ich am Bild einer gestreiften Katze vorbei, die an ihren Krallen von einem Ast herunterhängt. Darunter steht: Durchhalten !
    Und das Komische ist: Sobald ich es sehe, verstummt das Pfeifen in meinen Ohren und die Angst lässt nach und ich stelle fest, dass ich die ganze Zeit überhaupt nicht gefallen bin. Ich bin geschwebt.
    Das Klingeln des Weckers, von dem ich aufwache, ist das schönste Geräusch, das ich je gehört habe. Ich setze mich auf und spüre, wie ein Lachen in meinem Innern nach oben steigt. Ich habe den Drang, alles in meinem Zimmer anzufassen – die Wände, das Fenster, die Collage, die Fotos, die auf meinem Schreibtisch verstreut liegen, die Tahari-Jeans, die auf dem Boden liegt, mein Biobuch und sogar das trübe Licht, das gerade über das Fensterbrett kriecht. Wenn ich es in die Hände nehmen und küssen könnte, würde ich das tun.
    Â»Na, da ist aber jemand gut gelaunt«, sagt meine Mutter, als ich runterkomme. Izzy sitzt am Tisch vor ihrem Erdnussbutter-Bagel und beißt langsam und vorsichtig ab, wie immer.
    Â»Fröhlichen Valentinstag«, sagt mein Vater. Er steht am Herd und verbrennt Spiegeleier für das Frühstück meiner Mutter.
    Â»Hm, lecker«, sage ich und stibitze mir ein Stück von Izzys Bagel. Izzy quiekt und gibt mir einen Klaps auf die Hand. Ich drücke ihr einen dicken, feuchten Kuss auf die Stirn.
    Â»Hör auf mich vollzuschlabbern«, sagt sie.
    Â»Bis später, Echse Izzy«, sage ich.
    Â»Ich bin keine Echse.« Izzy streckt mir ihre erdnussbutterverschmierte Zunge raus.
    Â»Wenn du das machst, siehst du aber so aus.«
    Â»Willst du was frühstücken, Sam?«, fragt meine Mutter. Ich frühstücke nie zu Hause, aber Mom fragt mich trotzdem jeden Morgen – falls sie mich zu fassen kriegt, bevor ich aus dem Haus gehe – und in diesem Augenblick stelle ich fest, wie schön ich diese täglichen Rituale in meinem Leben finde: dass sie immer fragt, dass ich immer Nein sage, weil

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