Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
was entweder bedeutet, dass alle, die ihren Abschluss an der Thomas-Jefferson-Highschool machen, völlig unvorbereitet auf das Leben sind oder dass bestimmte Dinge einfach nicht in Stichpunkten gelernt werden können.) Ihre Finger sind dünn und bewegen sich schnell. Sie hat offensichtlich Ãbung. Ich frage mich, ob es das ist, was sie und Alex zusammen tun, nachdem sie miteinander geschlafen haben, einfach rauchend nebeneinanderliegen. Ich frage mich, ob sie manchmal an Brianna denkt, wenn sie es tun. Ich bin versucht zu fragen.
»Starr mich nicht so an«, sagt sie, ohne aufzublicken.
»Tu ich gar nicht.« Ich lege meinen Kopf in den Nacken und starre an die kotzfarbene Decke, muss davon an Mr Daimler denken und gucke wieder Katie an. »Es gibt nicht allzu viele Alternativen.«
»Es hat dich keiner gebeten, hier reinzukommen.« Ihre Stimme nimmt wieder einen scharfen Unterton an.
»Ãffentliches Eigentum.« Einen winzigen Augenblick lang verfinstert sich ihr Gesicht und ich bin sicher, gleich rastet sie aus und das ist dann das Ende unserer glänzenden, fröhlichen gemeinsamen Zeit. Ich rede schnell weiter: »Im Ernst, so schlecht ist es hier drin gar nicht. Für ein Klo, meine ich.«
Sie sieht mich misstrauisch an, als wäre sie sicher, dass ich sie nur aus der Reserve locken will, um mich anschlieÃend über sie lustig zu machen.
»Du könntest dir noch ein paar Kissen für den Boden besorgen.« Ich sehe mich um. »Ein bisschen dekorieren oder so.«
Sie senkt den Kopf und konzentriert sich auf ihre Finger. »Es gibt da diesen Künstler, den ich schon immer mochte â der Typ, der diese Treppen macht, die gleichzeitig rauf- und runterführen â¦Â«
»M. C. Escher?«
Sie sieht auf, offensichtlich überrascht, dass ich weiÃ, von wem sie spricht. »Ja, der.« Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. »Ich hab mir überlegt, ich weià nicht, einen seiner Drucke hier aufzuhängen. Einfach anzukleben, weiÃt du, um was zu gucken zu haben.«
»Wir haben bestimmt zehn seiner Bücher zu Hause«, platze ich heraus, froh, dass sie nicht sauer ist und mich aus dem Klo schmeiÃt. »Mein Vater ist Architekt. Er steht auf das Zeug.«
Katie dreht den Joint, leckt die Klebekante ab und macht ihn mit ein paar Drehungen ihrer Finger fertig. Sie nickt in Richtung des Stuhls. »Wenn du da schon sitzt, kannst du wenigstens die Tür blockieren. So ist es Privat eigentum.«
Der Stuhl schrammt über die Fliesen, als ich rückwärts gegen die Tür rutsche, und wir zucken beide zusammen, sehen, wie wir zusammenzucken, und lachen. Katie holt ein lila Feuerzeug mit Blumenmuster heraus â nicht die Art von Feuerzeug, die ich an ihr erwartet hätte â und versucht den Joint anzuzünden. Das Feuerzeug blitzt ein paarmal kurz auf und sie schmeiÃt es fluchend weg. Als sie wieder in ihrer Tasche kramt, holt sie ein Feuerzeug in der Form eines nackten weiblichen Oberkörpers heraus. Sie drückt auf den Kopf und kleine blaue Flammen schieÃen aus den Brustwarzen. Nun, das ist die Art von Feuerzeug, die ich bei Katie Carjullo erwartet hätte.
Katie setzt einen ernsten Gesichtsausdruck auf und nimmt einen langen Zug an dem Joint, dann sieht sie mich durch die blaue Rauchwolke an.
»Also«, sagt sie, »warum hasst ihr mich?«
Das ist bestimmt das Letzte, was ich zu hören erwartet hatte. Noch unerwarteter kommt, dass sie mir die Tüte hinhält.
Ich zögere nur eine Sekunde. Hey, nur weil ich tot bin, bin ich noch lange keine Heilige.
»Wir hassen dich nicht.« Es klingt nicht überzeugend. Um ehrlich zu sein, weià ich es nicht genau. Ich hasse Katie wirklich nicht; Lindsay sagt immer, dass sie es tut, aber es ist schwer zu sagen, was Lindsays Gründe für alles Mögliche sind. Ich ziehe an dem Joint. Ich habe erst einmal Gras geraucht, aber schon Hunderte Male dabei zugesehen. Ich inhaliere und meine Lungen sind Rauch: ein voller, schwerer Geschmack, als würde man auf Moos kauen. Ich versuche den Atem anzuhalten, wie man es machen soll, aber der Rauch kitzelt mich im Hals. Ich fange an zu husten und gebe ihr den Joint zurück.
»Was ist dann der Grund?« Sie sagt nicht: Für all die beschissenen Sachen, die ihr gemacht habt. Für die Sprüche auf dem Klo. Für den gefälschten E-Mail-Versand in der Zehnten: Katie Carjullo hat eine
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