Wenn es daemmert
auf CCTV «, meinte James und spielte damit auf die zahlreichen Videoüberwachungsanlagen im Land an. Er sprach nicht mehr ganz so klar wie zuvor.
»Ein Kotzbrocken, dieser Brady, das weiß ganz Fife«, sagte der Wirt. »Er kommt. Kamera läuft, und Action! Wer will ein Autogramm?« Er schüttete das nächste Bier in sich hinein, diesmal ohne nach der Hälfte abzusetzen.
»Miss Williams«, rief Brady. »Wo wir Leichen finden, da finden wir auch Sie.«
»Arschloch«, sagte Mina klar und vernehmlich, nahm noch eine Pille und spülte sie mit Tee hinunter. Hauptsache, alles bekam ein bisschen mehr Weichzeichner.
14.
Er hatte Glück gehabt. Brady war, kaum, dass er in Cedrics Garten aufgetaucht war, weggerufen worden. »Ich fahr gleich los, muss noch was erledigen«, hatte er in sein Telefon gebrüllt und sich dann Cedric zugewandt. Doug hatte ihm mit großer Geste das französische Fenster aufgeschlossen. Doug, der selbsternannte Hüter aller Schlüssel des Hauses.
»Hübsch«, sagte Brady und sah auf Cedrics Erbrochenes. Cedric wusste vor lauter Ekel nicht, wo er hinsehen sollte. Er wagte es nicht, den Chief Inspector anzusehen, ihm gar näher zu kommen. Er musste entsetzlich stinken. Das ganze Zimmer musste entsetzlich stinken. Er wollte weg, aber er konnte nicht. Und Doug genoss jede Sekunde seiner Rache.
»Kneipenschlägerei?«, fragte Brady, und Cedric verstand nicht.
»Kulturelle Meinungsverschiedenheit«, antwortete Doug und fasste sich an die gebrochene Nase.
Brady wandte sich an Cedric. »Warum haben Sie uns nicht gesagt, dass bei Ihnen noch eine junge Dame wohnt?«
»Wohnt hier nicht«, antwortete Cedric. »Ich muss unter die Dusche.«
Aber Brady hielt ihn fest. Er hatte es tatsächlich gewagt, ihn am Oberarm zu packen. Sein Pullover musste sowieso in die Reinigung. Alles, was er gerade trug, musste in die Reinigung.
»Doch, Miss Williams hat uns von ihr erzählt. Sie sagte, sie sei ein Au-pair-Mädchen und hieße Pippa«, beharrte Brady.
»Pepa«, korrigierte Doug, der neben Cedric und dessen Erbrochenem stand und sehr zufrieden aussah.
»Ich muss mir den Mund ausspülen«, flüsterte Cedric.
»Pepa und wie weiter?«, fragte Brady.
»Alexandru.« Doug buchstabierte hilfsbereit.
»Wo ist sie?« Brady sah Cedric auffordernd an.
Vage bleiben, dachte er, einfach nur vage bleiben. »Sie war irgendwann einfach weg. Koffer gepackt, Zimmer leer. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Wir haben es erst heute bemerkt.«
»Warum erst heute?«
»Ich hatte nicht erwartet, sie zu sehen, sie hatte ihr freies Wochenende«, log er. »Falls Sie weitere Details über sie benötigen, setzen Sie sich bitte mit meinem Vater in Verbindung. Ich muss jetzt duschen.« Länger hielt er es nicht mehr aus. Er blieb kurz neben Doug stehen und hielt die Hand auf, bis Doug einen Schlüssel aus der Hosentasche zog und ihn Cedric grinsend vor die Nase hielt. Cedric hielt weiter die Hand auf, bis er alle Schlüssel zurückbekommen hatte. Er würde die Schlüssel desinfizieren müssen. Aber erst musste er duschen, Zähne putzen, Kleidung in die Reinigung geben.
Cedric war in sein Badezimmer gerannt und hatte sich eingeschlossen. Er hatte sich mehrmals heiß geduscht und sich mindestens zehn Minuten die Zähne geputzt. Wenn es ihm wieder besser ging, würde er den Reinigungsdienst, der nur zweimal in der Woche vorbeikam, bitten, sofort jemanden zu schicken. Sein Vater hatte ihm ausgeredet, täglich jemanden kommen zu lassen.
Was würde mit Doug geschehen? Er konnte ihn unmöglich noch länger in diesem Haus dulden. Er musste ihn rauswerfen. Nur wie? Sollte er mit seinem Vater reden? Wahrscheinlich war sein Vater die ganze Woche wieder nicht zu erreichen, weil er in London in wichtigen Meetings saß, und würde am Wochenende dann die weise Entscheidung treffen, Cedric und Doug sollten sich wie Gentlemen beieinander entschuldigen und es noch einmal miteinander versuchen. Dann würden ein paar wilde Geschichten aus seiner Studentenzeit in Oxford folgen und ein Seitenhieb auf Cedric, den man in Oxford nicht genommen hatte – sein Vater wusste nicht, dass er die Bewerbung in Wirklichkeit nie abgeschickt hatte. Die Reputation von St. Andrews würde mit dem Nebensatz, immerhin habe der zukünftige König William noch bis vor kurzem dort studiert, halbwegs wiederhergestellt werden, und Cedric würde bis ans Ende seiner Tage – beziehungsweise die nächsten drei Monate – mit Doug in diesem Haus wohnen bleiben müssen.
Es war
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