Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Aschenbrödel
werde versuchen, dass du ausgewählt wirst und ich will herausfinden, was Navan Moore tatsächlich für Vorlieben hat. Überlass das mir …“
Helena erhob sich grazil von ihrem Stuhl und nickte.
„Na gut, aber ich werde mir nicht die Haare färben.“
„Wenn es nötig ist, um ans Ziel zukommen, wirst du auch das in Kauf nehmen, verstanden?“
Helena grummelte vor sich hin, doch sie widersprach ihrer Mutter nicht.
„Bist du immer noch nicht fertig?“
Die barsche Ansage riss Joy aus ihren Gedanken und sie fegte hastig die Asche zusammen, entfachte ein neues Feuer im Kamin und verschwand leise aus dem Büro.
Auf dem Flur drückte sie sich mit dem Rücken gegen die Wand. Navan! Ihr Herz pochte so stark in ihrer Brust, dass sie fürchtete, es würde gleich zerspringen. Den ganzen Tag über konnte sie kaum an etwas anderes denken und doch, die Begegnung am Morgen, als er sie nicht wiedererkannt hatte, saß tief. Zuerst war sie erleichtert gewesen, doch im Nachhinein war es ihr schwergefallen, ihm nicht nachzurennen, alles richtigzustellen, was an Lüge zwischen ihnen in der Nacht gefallen war und wie sie fühlte.
„Hey Joy, bist du in Ordnung? Du siehst aus, als hätte dich ein Zug überrollt.“
Leonie war vor ihr stehen geblieben und ihr Gesichtsausdruck wirkte alarmierend besorgt. Die Rothaarige schlang einen Arm um die schmale Schulter der Halbschwester und führte sie in ihr Zimmer.
„Setz dich erstmal und dann erzähl es mir.“
Joy zögerte, doch dann erzählte sie von der Unterredung zwischen Lisa und Helena, ließ kein Detail aus. Leonie nickte, während ihr Gesicht immer mehr von Schatten überzogen wurde. Ihr sonst so ansteckendes Strahlen verlor sich mit jedem Wort und Joy bereute es fast.
„Ich wusste es, dieses Miststück.“
„Glaubst du, Daddy hat gewusst, dass sie ihn nur benutzt hat?“
Leonies Schultern hoben sich und dann schüttelte sie den Kopf.
„Ich weiß es nicht. Er war nicht dumm und schon gar nicht so naiv, zu glauben, dass man nur an das Gute in einem Menschen glauben muss, damit er wirklich gut ist. Ich glaube, er hat sie wirklich nur geheiratet, weil ich unterwegs war, aus Verantwortungsgefühl.“
Die Halbschwester klang bitter und Joy umarmte sie tröstend.
„Er hat dich geliebt, das weißt du doch.“
Leonie nickte an ihrer Schulter, seufzte leise.
„Aber wenn ich nicht gewesen wäre, dann …“
„Hör auf damit. Er hat seine eigenen Entscheidungen getroffen und weißt du was? Ich bin froh, dass es dich gibt. Daddy hat uns beide geliebt und ich bin sicher, er hätte niemals anders entschieden. Er wollte dir ein Vater sein, und ich für meinen Teil kann sagen, er war der beste Vater der Welt.“
In Leonies grünen Augen schimmerten Tränen, dennoch lächelte sie zustimmend.
„Ja, das war er wirklich.“
Nachdem Leonie sich die Nase geputzt hatte, kehrte auch das Strahlen wieder auf ihr Gesicht zurück.
„Aber was machen wir jetzt mit deinem Navan?“
„Er ist nicht mein Navan. Ich glaube, für ihn war das nicht mehr als nur eine heiße Nacht mit einem Callgirl. Mehr nicht.“
„Ja, mag sein, aber du kennst Mutters Pläne. Sollten wir das nicht wenigstens versuchen, zu verhindern?“
Der Gedanke, dass er tatsächlich ebenso benutzt werden sollte wie ihr Vater, gefiel ihr ganz und gar nicht, doch schließlich war er ein intelligenter und erwachsener Mann. Joy schüttelte den Kopf.
„Nein, es ist seine Entscheidung und seine eigene Dummheit, wenn er darauf reinfällt. Wir reden hier schließlich von Helena. Für eine Nacht kann sie die perfekte Schauspielerin mimen, aber alles, was darüber hinaus läuft …“
Leonie lachte herzlich auf.
„Du hast recht, trotzdem, ich bin ziemlich neugierig. Ich werde versuchen, heute bei dem Termin dabei zu sein. Ich will wissen, was das für ein Mann ist, der dich sogar zu einem One-Night-Stand verführen kann.“
„Mister Wyndam-Price und Mister Moore, es ist mir eine Freude, sie wiederzusehen.“
So wie Lisa Navans Hand länger als nötig hielt und ihn musterte, kribbelte es unangenehm in seinem Nacken. Die junge Frau, die neben ihrem Bürosessel stehen geblieben war, besaß ein unglaublich ansteckendes und strahlendes Lächeln.
„Ob sie eine echte Rothaarige ist?“ David beugte sich grinsend zu Navan herüber, nachdem sie beide auf der anderen Seite des Schreibtisches Platz genommen hatten.
„Das ist Leonie, meine zweite Tochter. Ich hoffe, es ist den Herren recht, wenn sie bleibt.“
Beide
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