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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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schließlich auf, weil ich aufs Klo musste. Ich hörte noch, wie Claas aufgesetzt gut gelaunt sagte: »Jetzt muss ich mal euren Pool testen.«
    Drinnen, am Esstisch mit den Rittersaalstühlen, blieb ich kurz stehen und sah noch einmal hinaus zu den anderen. Claas riss sich gerade die Kleider runter und sprang platschend ins Wasser. Wie weiß seine Haut war. Fast durchschimmernd. Ätherisch, kam mir kurz in den Kopf.
    Julian zog sein Shirt über den Kopf und ich beobachtete, wie sich dabei unter der bronzefarben schimmernden Haut sein kräftiger Rückenmuskel wölbte. Mit zwei Schritten war er am Beckenrand und tauchte mit einem perfekten Sprung ins Wasser.
    Er blieb ziemlich lange unten. Als er wieder durch die glitzernde Wasseroberfläche schnellte, warf sich Claas auf ihn und drückte ihn unter Wasser, setzte sich auf seine Schultern, drückte ihn tiefer. Julian versuchte hochzukommen, aber offenbar war er an einer Stelle, an der er keinen Boden unter den Füßen hatte. Er zog Claas mit hinunter und für einige Augenblicke, die mir unendlich lang vorkamen, waren beide unter Wasser.
    Da katapultierte sich Julian hoch, und als Claas auftauchte, drückte er ihn unter Wasser. Erst nach einigen Sekunden ließ er ihn nach Luft schnappen. »He, du Arsch!«, sagte Julian zu Claas. »Mach so was bloß nicht noch mal!«
    Bevor Claas auch nur nicken konnte, tauchte Julian ihn wieder unter und Claas prustete und japste noch, während Julian schon aus dem Wasser stieg.
    »Bist du behämmert oder was?«, schrie Claas ihn an. Julian nahm ein weißes, flauschiges Handtuch von der Liege und schlang es um seine schmale Taille. »Fick dich, Claas.«
    Jetzt erst drehte ich mich um und ging ins Badezimmer.
    In jener ersten Nacht in der Villa verhingen Wolken den Mond. Kein Lüftchen regte sich. Ich glaubte, im Zimmer zu ersticken. Daher schlich ich leise, um Claas nicht zu wecken, auf die Terrasse. Ich legte mich auf eine Liege, aber sofort fielen mich Mücken an und ich verzog mich wieder ins Haus. Egal, ob ich die Augen schloss oder offen ließ, immer sah ich Julian vor mir. Julians Oberkörper, seine Hände. Ich hatte keine Ahnung, wie ich die nächsten Tage und Nächte ertragen sollte.
    Am nächsten Morgen verbarg sich das Blau des Himmels hinter einer dichten grauen Wolkendecke, unter der sich die Hitze wie unter einer Glocke staute. Die Luft war schwül und darin lag der süßliche und schwere Duft nach feuchter Erde, verwelkenden Blüten und verwesenden Insekten.
    Auch unsere Stimmung war gedrückt, obwohl niemand mehr den vergangenen Abend ansprach.
    Erst am Nachmittag riss die Wolkendecke auf und die Sonne schoss hindurch, als hätte sie ihre Kraft stundenlang gebündelt und auf diesen Moment gewartet. Feuchtigkeit stieg vom Boden auf und ich bekam Kopfschmerzen, gegen die mir Julian Aspirin aus dem Medikamentenschränkchen im Badezimmer holte.
    Kurze Zeit später durchdrang die Hitze alles, machte jede Bewegung zu einer schweißtreibenden Anstrengung. Selbst die Vögel schwiegen. Nur die Zikaden zirpten unbeirrt weiter. Schrill und nervtötend.
    Ich lag im Schatten auf einer Liege und döste beim Lesen immer wieder ein. Billard um halb zehn hatte ich schon mal gelesen und wollte diesmal auf bestimmte Details achten. Wie schildert Böll den Konflikt zwischen dem denkenden und verantwortlich handelnden Einzelnen und der Menge. Also, was genau läuft in Frau Fähmel ab, dass sie tatsächlich auf den Exnazi schießt? Aber es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Immer wieder sah ich zu Julian und Claas hinüber, die unter dem Sonnensegel auf den Sofas lümmelten und mit ihren Computern spielten.
    Plötzlich kam Tammy auf die Terrasse gestürmt. In ihrem Gesicht war ein merkwürdiger Ausdruck, irgendetwas zwischen Erleichterung und Verwirrung. »Ich kann es mir nicht erklären«, sagte sie kurzatmig und hielt ihren iPod hoch.
    »Dann war ja der ganze Stress umsonst«, konnte ich mich nicht bremsen, ihr reinzuwürgen. Tammy bestrafte mich mit einem ihrer überheblichen Blicke – der an meiner Sonnenbrille abprallte.
    »Wo war er denn?«, wollte Julian wissen.
    »In der Schublade in meinem Nachttisch. Aber ich weiß ganz genau, dass ich ihn da nicht reingetan habe!«
    Er zuckte die Schultern. »Na ja, vielleicht warst du ja in Gedanken oder die Shi...« Er wollte sich schon wieder dem Videospiel zuwenden.
    »Nein!«, unterbrach sie ihn heftig, »gestern war er weg! Und offenbar hat ihn jemand zurückgelegt.«
    Dabei sah sie

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