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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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wieder weg!«
    Claas rannte hinauf, als müsste er Tammy aus den Händen eines Mörders retten.
    »Sieh am besten in der Nachttischschublade nach«, schickte ich ihm noch boshaft hinterher.
    Zum zweiten Mal innerhalb von Minuten stehen gelassen, stieg ich über die Glasscherben hinaus auf die Terrasse. Wenn ich ehrlich war, war ich erleichtert, dass er nichts gesagt hatte.
    Auf dem Wasser im Pool glitzerte silbern das Mondlicht. Schön, aber kalt.
    Ich fühlte mich verletzt, allein und ich hätte heulen können – vor Wut – und vor Selbstmitleid, aber ich tat es nicht. Weil ich mir irgendwann einmal geschworen habe, nicht zu heulen. Heulen bedeutet Schwäche. Und wenn du schwach bist, glauben sie, sie könnten alles mit dir machen.
    Über die Mauer hinweg, zwischen den Pinienkronen hindurch konnte ich die wenigen glimmenden Lichter von Les Colonnes sehen. Eben noch waren wir dort unten gewesen, eben noch berauscht – und jetzt? Jetzt drehte sich alles um einen gestohlenen iPod und eine zerbrochene Scheibe.
    Ich zog mich aus und ließ mich vom Beckenrand ins Wasser gleiten. Das Wasser war fast so warm wie ich, ich spürte nur ein leichtes Streicheln auf meiner Haut und eine erlösende Schwerelosigkeit.
    Ich legte mich auf den Rücken, ließ mich treiben und betrachtete den Mond.

9
    Außer Tammys iPod – der ja seltsamerweise zum zweiten Mal verschwand beziehungsweise gestohlen worden war – fehlte nichts. Da im Haus weder Schmuck noch viel Bargeld noch ein Autoschlüssel aufbewahrt wurden, zu dem man das passende Auto hätte stehlen können, war es seltsam, dass der Dieb nicht wenigstens den Fernseher – vielleicht war der zu schwer gewesen? – oder eines der teuren Fahrräder mitgenommen hatte.
    Die anderen kamen einer nach dem anderen aus dem Haus. Dann saßen wir eine Weile auf der Terrasse herum, regten uns über die Polizei auf, die erst morgen jemanden schicken wollte, und über Leute, die sich am Eigentum anderer vergriffen, und rätselten, wer der Einbrecher gewesen sein könnte.
    Tammy meinte, sie könnte nie mehr in diesem Haus schlafen, aus Angst, von einem Einbrecher geweckt zu werden, und Claas sagte, Julian und Tammy sollten ihren Eltern eine Alarmanlage vorschlagen.
    »Sie sollten gleich eine kombinierte Einbruch- und Rauchmeldeanlage nehmen. Ist ziemlich einfach, man braucht bloß Strom, keine Sensoren an Fenster und Türen … es gibt auch separate Deckenalarm-Anlagen, ist vielleicht auch nicht schlecht, wenn ...«
    Er verstummte, als hätte er endlich von selbst gemerkt, dass er uns alle langweilte.
    Und Julian? Er tat so, als habe es den Moment im Garten gar nicht gegeben. Ja, er sah mich noch nicht einmal an. Sein Arm lag um Tammys Schulter.
    »Es war doch bloß ein iPod«, sagte ich zu Tammy. Mir war dieses Drama sowieso schon zu viel. »Ich wette, du hast sogar noch einen zu Hause.«
    Sie schaute auf und sah mich an, als wollte sie sich gleich auf mich stürzen und in Stücke reißen.
    »Nur ein iPod?« Tammy schoss aus der Deckung von Julians Arm vor. »Weißt du, für wie viel Geld ich da Musik drauf geladen habe? Und außerdem: Hier«, sie fuchtelte in Richtung Haus, »hat so ein Wichser mit seinen dreckigen Pfoten rumgewühlt! Er hat einfach die Scheibe kaputt geschlagen und ist hier reinspaziert! In unser Heim!«
    Dieses Wort aus Tammys Mund – klang einfach völlig daneben.
    »Heim?«, fragte ich gedehnt. »Ihr wohnt doch bloß ein paar Tage im Jahr hier.«
    »Das ist doch völlig egal!«, regte sich Tammy auf und schob ihr Kinn vor. »Selbst wenn wir nie hier wohnen! Es gehört uns! Niemand hat das Recht …«
    »Tammy«, Julian legte seine Hand in ihren Nacken, »komm mal wieder runter. Mel wollte dich nur trösten, oder, Mel?«
    Mein Gott, wo bin ich hier gelandet? Erst »Heim«, dann »Trost«?! Und Julians Blick dabei!
    Eben noch hatte er mich ins Gebüsch zerren wollen und jetzt mimte er den sensiblen Samariter.
    »Ich glaube, ich verzieh mich mal lieber ins Bett.« Ich stand auf. »Bevor ihr hier alle noch Heiligenscheine kriegt.«
    Keiner erwiderte etwas, erst als ich im Haus war – da hörte ich Tammy sagen: »Die spinnt doch total.«
    Beinahe wäre ich noch mal rausgerannt und hätte sie angeschrien: Und du erst! Aber ich beschloss, mich nicht auf ihr Niveau zu begeben.
    Ich hätte gern geduscht, aber in der ganzen Aufregung hatte ich kurz vergessen, dass wir kein Wasser hatten. Vincent wollte am nächsten Morgen vorbeikommen und nachsehen.
    In dieser Nacht suchten mich

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