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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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die Bilder von diesem Abend im La Porte wieder heim, ich tanze, die Lichter zucken, ich spüre die Hitze in meinem Körper – und immer wenn ich in das Gesicht vor mir sehe, bin ich überrascht, dass es nicht Claas – sondern Julian ist, der mich festhält.
    Als ich mir, aufgewühlt von meinen Träumen, in der Küche etwas zu trinken holte, sah ich Claas auf der Couch vor der eingeworfenen Terrassentür liegen. Er rieb sich die Augen und schwafelte: »Tammy hat Angst, dass jemand in der Nacht reinkommen …«
    »Und warum schläft dann da nicht Julian?«, fiel ich ihm ins Wort. War ich eifersüchtig? Ja.
    »Julian schläft vor ihrer Tür.«
    »Ihr seid doch alle krank«, murmelte ich und ging mit einer Flasche Wasser wieder in mein Zimmer hinauf. Ich boxte in mein Kopfkissen, bis mir die Handgelenke wehtaten. »Ich hasse dich, ich hasse dich!«, schrie ich ins Kopfkissen. Mal meinte ich Claas, mal Julian.
    Ich bin nachtragend, ja. Und am nächsten Morgen hatte ich natürlich nicht alles vergessen, ich konnte nicht so tun, als sei nichts gewesen. So bin ich nicht. Hoffentlich tut Claas alles weh vom Schlafen auf der Couch. Hoffentlich bleibt Tammy heute so kleinlaut und ängstlich wie gestern Nacht. Und hoffentlich – hoffentlich versucht es Julian noch mal bei mir und ich kann ihn abblitzen lassen.
    Eins wusste ich genau: Heute musste ich hier raus – auch wenn die Villa riesengroß war, ich hatte das Gefühl, eingesperrt zu sein.
    Ich überlegte, ob ich mit dem Aufstehen warten sollte, bis sie alle ihren Kaffee getrunken und sich irgendwohin verzogen hätten, als ich unten fremde Stimmen hörte. Da fiel mir ein, dass ja die Polizei kommen wollte.
    Dann bin ich wenigstens nicht mit ihnen allein, dachte ich, stand auf und zog mir T-Shirt und Shorts an. Es duftete bereits nach Kaffee.
    Yannis Lausac stand an die Küchentheke gelehnt. Er hatte einen Kollegen dabei, einen gedrungenen Kleinen mit einem runden, rötlich braun gebrannten Bauerngesicht, dem die Uniform eindeutig zu eng war. Der Dicke hatte gerade die Scherben auf den Fliesen fotografiert und folgte Tammy mit hündischem Blick in ihr Zimmer. Klar – alle Typen finden Tammy toll.
    Okay, ich neidete ihr diese Ausstrahlung, das gebe ich zu. Aber will nicht jeder geliebt und bewundert werden? Hatte ich nicht auch ein Recht darauf? Doch wenn ich ehrlich bin, wollte ich sowieso nur die Aufmerksamkeit einer bestimmten Person.
    Julian war draußen. Er telefonierte auf der hintersten Ecke der Gartenmauer sitzend. Bestimmt versuchte er, seine Eltern zu erreichen. Claas hatte sich ein Handtuch geschnappt und ging an mir vorbei in Richtung Badezimmer. Er hatte wohl vergessen, dass die Dusche nicht funktionierte. Und Yannis Lausac, der Polizist? Er musste sich vorkommen, als interessiere sich niemand für ihn – bis ich herunterkam.
    »Bonjour!«, sagte er mit einem breiten Grinsen. »Dass man sich so schnell wiedersieht. Aber leider«, fügte er mit einer Kopfbewegung in Richtung der Scherben bedauernd hinzu, »sind die Umstände nicht sonderlich erfreulich.«
    »Nein«, sagte ich schulterzuckend, wobei ich mich bemühte, nicht ganz so gleichgültig zu wirken, was den Einbruch anging. »Wollen Sie einen Kaffee?« Ich ging zum Herd und zeigte auf die Espressokanne, in der es mittlerweile aufgehört hatte zu brodeln. »Ist gerade fertig.«
    »Ja, dann gern.« Er lächelte wieder und er sah mir zu, wie ich uns beiden eingoss und ihm die Zuckerdose über die Theke hinschob.
    Er war befangen, wahrscheinlich wegen der gestrigen Autofahrt – und weil er sich wohl fragte, was ich davon heute hielt. Ich ließ ihn zappeln. Sollte er sich ruhig über mich den Kopf zerbrechen.
    Der leichte Olivton seiner Haut wirkt heute ein bisschen gelblich, so als hätte er eine zu kurze Nacht hinter sich. Aber seine Koteletten waren genauso akkurat rasiert wie gestern Abend.
    »Sie haben auch nichts bemerkt, oder?«, fragte er und nahm einen Schluck Kaffee.
    »Nein, der Einbrecher muss schon weg gewesen sein, als wir wiederkamen.«
    »Hm. Haben Sie Besuch gehabt, in letzter Zeit?«
    »Solange wir hier sind nicht, aber am besten fragen Sie Tammy.«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung. Fast wirkte es so, als ob ihm die Reichen von Les Colonnes auf die Nerven gingen, die ihre Villen hier oben in den Bergen leer stehen ließen und sich dann aufregten, dass eingebrochen wurde. Das war ja nicht sein erster Fall in diesem Sommer.
    Er griff nach dem Block, den er neben seine Tasse gelegt

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