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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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dauernd. Immerhin hatten wir ja Cola, Red Bull, jede Menge Alk, einen Swimmingpool und für nach Einbruch der Dunkelheit genügend Kerzen. Außerdem könnten wir jederzeit runter nach Les Colonnes zum Essen fahren.
    Dennoch, im Nachhinein ist mir klar, dies waren bereits die Schatten der langsam heraufziehenden Katastrophe.
    Legst du manchmal Tarot-Karten?
    Du kennst Tarot, oder? Diese magisch aussehenden Karten, die du nach deinem Schicksal befragen kannst. Du glaubst, das ist Schwachsinn? Sei dir da mal nicht so sicher – vielleicht musst du dir eingestehen, dass du nur Angst davor hast zu glauben, dass du ein vorherbestimmtes Schicksal hast?
    Ich hab die Sieben Scheiben gezogen. Weißt du, was das bedeutet? Fehlschlag. Angst und schlimme Erwartungen.
    Natürlich wollte ich nicht daran glauben, wie du wahrscheinlich. Aber dem Schicksal ist es völlig egal, ob du daran glaubst oder nicht. Es überrollt dich einfach. So und nicht anders ist das.
    Aber das kommt alles später – später, ich erzähle dir später davon.
    Wenn wir aufmerksamer gewesen wären, hätten wir es schon am späten Nachmittag bemerkt: das mächtige weiße Wolkengebirge über dem Meer. Minute für Minute schob es sich näher, wurde massiver und verdunkelte die Sonne.
    Aber ich sah es erst, als der Horizont längst nicht mehr zu sehen und Meer und Himmel in einem düsteren Grau miteinander verschwommen waren. Draußen auf dem Meer musste es bereits regnen.
    Ich war gerade im Badezimmer – wo ich nochmals vergeblich die Dusche andrehte, als ich einen Blick aus dem Fenster warf. Ich stellte mir vor, wie die Regentropfen niederprasselten, wie ich rausrennen und mich nass regnen lassen würde, und ich stellte mir vor, wie die Tropfen unzählige Kreise auf dem Meer bildeten, die immer größer wurden, ineinandergriffen, Wellen bildeten, die irgendwo an einem fernen Ufer strandeten. Ich schlang mir ein Handtuch um. Da donnerte es.
    »Gewitter!« Das war Tammys Stimme.
    Gut, dachte ich, dann würde endlich die drückende Hitze vertrieben.
    »So was!« Claas stand auf einmal in der geöffneten Badezimmertür. Ich hatte ihn nicht kommen hören. »Jetzt hatten die die ganze Zeit super Wetter und kaum sind wir da …«
    »Beruhig dich«, ich warf noch einen Blick in den Spiegel, »du wirst schon noch braun genug.«
    »Hm«, er zuckte die Achseln, »vielleicht hätten wir doch nicht herfahren sollen.«
    Ich sah ihn fragend an.
    Er schnaufte und fuhr sich mit der Hand durch die Locken. »Ist manchmal ein bisschen anstrengend mit den beiden.«
    »Das hat aber die ganze Zeit ganz anders ausgesehen, nicht so, als fändest du die beiden anstrengend. Vor allem nicht Tammy«, fügte ich noch hinzu.
    »Siehst du, wir streiten uns nur wegen ihr.«
    »Wir streiten uns doch gar nicht.« Ich versuchte, gleichgültig zu tun, er sah zerknirscht zu Boden.
    Irgendwie erinnerte er mich an Charlie Brown, diesen Jungen aus dem alten Cartoon, den meine Mutter so liebt.
    Wahrscheinlich rührte er mich irgendwie, wie er so ratlos dastand. Daher sagte ich, etwas aufmunternder diesmal: »Wir sind hier ja nicht eingesperrt, oder? Wir können ja abhauen, wenn wir keine Lust mehr haben.« Ja, für einen kurzen Moment glaubte ich, dass es das Beste wäre, wenn wir morgen fahren würden. Doch im selben Augenblick schon kam mir wieder das Bild von Julian ins Bewusstsein, wie er vor mir kniete, als ich am ersten Tag ohnmächtig geworden war. Ich spürte wieder seine Arme und seinen Atem in meinem Nacken …
    »Aber«, Claas nahm meine Hand und zog sie zu sich, »wir können die Zeit doch auch einfach genießen, oder?«
    Ich strich ihm über die nackte Schulter. Absichtlich.
    »Au! Mann!« Er zuckte zurück und verzog das Gesicht. Strafe musste sein.
    »Oh«, ich lächelte schadenfroh, »man hat einen Sonnenbrand.«
    »Verflucht, ja!« Er betrachtete seine rot verbrannte Schulter. »Meinst du, du könntest mich eincremen?«, fragte er. »Mit dieser Aftersun-Lotion?«
    »Warum?«
    »Weil … Mel …« Er strich über mein Haar, dann über meine Schulter. Und obwohl ich mich irgendwie dagegen sträubte, erregte mich seine Berührung und ich ließ es zu, dass er die Tür schloss und mich an die Wand drängte.
    Aus den Augenwinkeln sah ich im Spiegel, wie ein greller Blitz über dem teerschwarzen Meer den Himmel erleuchtete. Ich zuckte zusammen und er flüsterte ganz nah an meinem Ohr: »Ich liebe Gewitter.«
    Seine Hände glitten an meinen Schenkeln entlang nach oben. Mein Handtuch löste

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