Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
auch wenn es keiner von uns anzusprechen wagte.
    Ich schaffte es, zu Julian aufzuholen. Ein paar Mal berührten sich unsere Hände, so, wie es manchmal passiert, wenn man nebeneinanderher geht.
    Ich wollte seine Hand festhalten, sie nicht mehr loslassen. Und ich hatte den Eindruck, die vage Hoffnung, dass es ihm genauso ging.
    Das Verlangen wurde immer größer, bis ich plötzlich stolperte. Er griff meine Hand und drückte sie länger als nötig.
    »He!« Er schaute mich an. »Alles klar?«
    »Ja, nichts passiert.« Ich lächelte zurück. Wie warm und weich und trotzdem fest sich seine Hand anfühlte. Und wie viel größer als die von Claas, dachte ich. Mein Herz klopfte aufgeregt, ja, ich genoss jede Sekunde dieses dämlichen, anstrengenden Wegs, nur weil ich neben Julian ging. Hört sich albern an, ich weiß, aber ich will ehrlich sein, okay. So war es.
    Und dann war sie ganz plötzlich da.
    Tat sich vor uns auf, als hätte sie nur auf uns gewartet, um uns in ihren dunklen, muffigen Schlund der Verderbnis zu locken.
    Secret Cave.
    Ich habe am Anfang gesagt, ich glaube nicht mehr an Zufälle. Genau. Wenn wir nicht an dieser Stelle Pause gemacht hätten, wenn wir nicht ausgerechnet hier stehen geblieben wären, wären wir wahrscheinlich, wie viele andere vor uns, daran vorbeigelaufen. Und nachdem wir daran vorbeigelaufen wären und eine weitere Stunde in der Hitze herumstolpert wären, hätten wir genug gehabt und wären umgekehrt. Aber so ist es nicht gekommen.
    Etwa drei, vier Meter oberhalb des Pfads hingen Luftwurzeln und Ranken von einem Felsvorsprung herunter und ließen auf den ersten Blick die gähnende Dunkelheit dahinter nicht erkennen. Wenn wir also nicht auf der Suche gewesen und wenn wir nicht hier haltgemacht hätten, wäre uns nichts Besonderes aufgefallen.
    Tammy legte den Kopf in den Nacken, sah hinauf zu den über uns kreisenden Raubvögeln und sagte: »Ich mag keine Höhlen.«
    »He, Tammy«, lachte Claas und stupste sie an, »das hätte ich nicht von dir gedacht!«
    Tammy machte ein Gesicht, als hätte er ihr wehgetan. »Du weißt so einiges nicht über mich.«
    »Ah, eine Frau mit Geheimnissen«, sagte Claas mit einem gekünstelt verführerischen Unterton. Claas, du Blödmann, dachte ich.
    Immerhin, Tammy wird ihm was pfeifen. Auf Typen wie ihn steht sie doch gar nicht und trotzdem lässt er nicht locker. Du stehst doch auch nicht auf ihn, sagte meine innere Stimme, du stehst auch nicht auf solche Typen und trotzdem bist du mit ihm zusammen. Wenigstens ein bisschen.
    »Wenn ich nicht mehr rauskomme, wisst ihr, dass mich die Hölle verschlungen hat«, sagte Julian amüsiert und nahm die Taschenlampe aus dem Rucksack.
    »Hölle?«, rief Claas ihm zu. »Wahrscheinlich findest du die Leiche von diesem Typen.«
    Julian fing an, den steilen Hang hinaufzuklettern. »Mann, Leute, hier waren sicher schon x Touristen. Wahrscheinlich steht diese Höhle sogar in einem Reiseführer, als Geheimtipp.« Julian kletterte weiter und drehte sich zu uns um. »Ich wette, da ist überhaupt nichts mehr drin – falls je etwas drin war.«
    »Aber doch wenigstens ein paar Zeichnungen von Cromagnonmenschen!«, meinte Claas, der ihm jetzt nachkletterte.
    Ich dachte auch, was soll da schon drin sein? Da ist ein bisschen Asche von einem Lagerfeuer, das die Ziegenhirten im Winter gemacht haben, um sich zu wärmen, dieser drittklassige Schriftsteller ist doch schon seit Jahren tot, na ja, wenigstens hat er sich nicht mehr blicken lassen.
    Tammy und ich sahen zu Julian hoch, der die Höhle erreicht hatte und jetzt den Vorhang aus Ranken und Unkraut auseinanderschob. Er hielt kurz inne, sah zu uns hinunter und machte: »Tattattatta!«
    »He, Mann«, rief Claas, »schieb deinen Arsch endlich in die Hölle!«
    Julian grinste uns an und trat durch den Rankenvorhang, der sich hinter ihm schloss.
    Wir warteten. Auf ein Signal. Ein Auflachen, ein »Hey!«, ein »Mann!« oder irgendetwas. Aber Julian sagte nichts. Er war einfach verschwunden, vom Erdboden verschluckt.
    Claas ging nicht weiter, sondern blieb am Eingang stehen, als habe er plötzlich Angst bekommen.
    »Julian?«, rief Tammy schließlich.
    »He Julian, dich haben sie gleich in der Hölle behalten, was?«, rief Claas. Er rührte sich noch immer nicht vom Fleck.
    »Okay, Leute«, sagte ich, »was wird schon da drin sein? Kippen und ein paar Bier- und Coladosen von den Jugendlichen oder Schafhirten oder wer weiß von wem, der sich hier in der Gegend so rumtreibt.«
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher