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Wenn Es Dunkel Wird

Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Beachball, versuchte, mich über die Bläue des Meeres zu wundern, das Salz auf meinen Lippen zu schmecken, die Abermillionen von Sandkörnern auf meinen Fußsohlen zu spüren – vergeblich.
    Nach einer Stunde Strand dachte ich nur noch an die Villa, an die Höhle, an den Typen, der uns beobachtete, und an Henry Paige. Und natürlich an Julian.
    Schließlich gab ich es auf, mich gegen meine Gedanken zu wehren, kaufte mir ein Zitroneneis und machte mich auf den Heimweg.
    All die verpassten Rettungswege, denke ich jetzt. Als hätte mir das Leben in diesen wenigen Tagen so oft etwas sagen wollen und ich hätte es geflissentlich überhört.
    Bis jetzt war niemand im fremden Garten gewesen, erzählte mir Claas, als ich schließlich völlig erledigt zurückkam. Der Berg war mir noch steiler vorgekommen als beim letzten Mal. Und es war noch ein paar Grade heißer geworden. Einundvierzig Grad im Schatten zeigte das Thermometer an der Haustür.
    »Du hast nichts verpasst«, meinte er und ließ sich wieder auf die Liege unter dem Sonnensegel zurücksinken. »Ist sowieso eine schwachsinnige Idee, nicht zu den Bullen zu gehen«, sagte er mit geschlossenen Augen. »Die könnten doch sofort rausfinden, wem das Handy gehört. Und dann haben sie ihren Verdächtigen für den Einbruch. Wer weiß, vielleicht ist ja inzwischen noch irgendwo was gestohlen worden.« Er seufzte. »Aber Tammy wird echt hysterisch, sobald ich das anspreche.«
    »Wo ist sie eigentlich?«, fragte ich, meinte aber Julian.
    »Seit wann interessiert dich, wo Tammy ist?« Er blinzelte gegen die Sonne. Nein, natürlich, er war nicht blöd.
    »Ich hab Yannis getroffen«, sagte ich statt einer Antwort. »Er ist verdammt neugierig und erschreckend gut informiert, finde ich.«
    »Deswegen ist er wahrscheinlich Bulle geworden.« In seinem Ton schwang etwas Abfälliges mit. Vermutlich hielt er sich Yannis gegenüber intellektuell haushoch überlegen.
    »Er fragte, ob wir Henry Paige nacheifern.«
    Claas richtete den Oberkörper auf.
    »Hä?«
    »Und er wusste auch von unserer Wanderung zur Höhle.«
    »Moment! Spioniert der uns etwa nach!? Ist er der Typ, der …?«
    »Das hab ich auch schon überlegt. Aber ich vermute mal, er hat doch was Besseres zu tun, als nachts in diesem Garten herumzustehen!«, sagte ich und ließ mich auf den anderen Liegestuhl fallen.
    »Du würdest dich wundern, wie viele Menschen so was machen, obwohl sie Besseres zu tun haben! Vielleicht ist er ein Kontroll-Freak – oder so ein verklemmter Spanner. Als Polizist hat er ja auch diese ganzen Kameras und Mikros zum Überwachen …« Er legte sich wieder zurück und überlegte laut: »Wenn man bedenkt, wie er dir auf den Arsch geglotzt hat …«
    »Yannis?« Ich versuchte, verwundert zu klingen. »Yannis, der Polizist, hat mir auf den Hintern geglotzt?«
    »Auf den Arsch«, bestätigte Claas, ohne die Miene zu verziehen, »und auf deine Titten.«
    »Du spinnst!« Ich mochte es nicht, wie Claas über mich sprach.
    »Der Bulle steht auf dich, ist doch wohl nicht zu übersehen. Du hast einfach den Tittenbonus.« Er grinste mit geschlossenen Augen. »Ist doch ganz nützlich, gute Connections zur Polizei zu haben.«
    »So ein Quatsch!«
    »Frag Julian«, meinte Claas ungerührt. »Wegen der Glotzerei meine ich.«
    Das wäre somit das Letzte, was ich tun würde. Ich beschloss, das Thema auf sich beruhen zu lassen.
    An jenem Nachmittag wurde es so heiß, dass zum ersten Mal selbst die Zikaden verstummten. Kein Wind wehte und die Sonne schien von einem gnadenlos blauen Himmel herab. Die Platten auf der Terrasse waren so aufgeheizt, dass man sich die Fußsohlen verbrannte. Jeder lag irgendwo im Haus und rührte sich nicht. Ich döste im verdunkelten Zimmer vor mich hin und wurde von seltsamen Träumen heimgesucht.
    Kennst du den Zustand, wenn du zu müde bist, dich gegen Träume zu wehren? Du liegst dann da wie gelähmt.
    Ich befand mich in einer Höhle und um mich herum waren sämtliche Tarot-Karten zum Leben erwacht. Blaue und schwarze Scheiben rotierten knirschend, Stäbe klapperten und die Königin der Schwerter hieb unablässig mit ihren blitzenden Waffen durch die Luft und kam mir dabei immer näher. Doch ich konnte nicht ausweichen, hinter mir malmten weitere Scheiben, die offenbar zu einer gigantischen Maschine gehörten, ich schrie. Davon erwachten schaurige Fratzen, schossen plötzlich aus den Höhlenwänden hervor: Der Magier, der Teufel – der Gehängte fiel von der Decke direkt vor meine

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