Wenn es fesselt, ist es keine Freiheit

Unabhängigkeit. Es ist entscheidend, dass wir die Familienverschwörung lösen, weil unsere Generation versprochen hat, die Herzensverbindung wiederherzustellen. Nur so kann Partnerschaft zu einer natürlichen Lebensform werden, die auf Ebenbürtigkeit und Gegenseitigkeit beruht.

Familienrollen
     
    Wenn es in einer Familie zur Trennung kommt, weil man dem Irrglauben aufsitzt, man könne durch Unabhängigkeit frei werden, dann übernehmen Mitglieder der Familie verschiedene Rollen und versuchen so, die Familie zusammenzuhalten. Doch Rollenverhalten verbindet nicht, sondern hält symbiotische Abhängigkeitsverhältnisse aufrecht, das, was die Psychologie der Vision »Fusion« nennt, eine unechte Form der Verbindung. Fusion schafft Opfermuster, während echte Herzensverbindung sowohl befreit als auch starke Wurzeln bildet.
    Familienrollen sind Abwehrmechanismen, die zu Leblosigkeit führen. Wenn wir unsere Mitte verlassen, nehmen wir eine Rolle an. Gnade und Gaben würden einfache Lösungen für unsere Probleme bieten, doch wenn wir uns für Abspaltung entscheiden und den Weg des Egos gehen, wachsen sich diese Probleme zu einem Trauma aus. Auf der tiefsten Ebene treffen wir – manchmal absichtlich – falsche Entscheidungen. Damit werfen wir unsere Golden Life Story weg, den Entwurf eines glücklichen Lebens, das wir führen und in dem wir »alles haben« könnten. Das tun wir, weil wir in unserem Leben ganz allein das Sagen haben möchten, weil wir Unabhängigkeit erlangen wollen. Dabei verdrängen wir das Leid, das wir als Vorwand benutzt haben, um überhaupt unabhängig zu werden. Zwei Hauptgründe dafür, dass wir den Entwurf eines goldenen Lebens aufgegeben haben, sind in den Heilsitzungen der letzten Jahre immer wieder aufgetaucht.
    Der eine Grund ist die irrtümliche Annahme, Unabhängigkeit mache uns freier als Bonding und Interdependenz. Das ist ein Aspekt unseres Autoritätskonflikts mit Gott und spiegelt wider, was bei der ursprünglichen Trennung von der Einheit passiert ist, bei der Trennung von der Erfahrung des Paradieses. In der Bibel steht die metaphorische Geschichte darüber. Wenn Sie diesen Bericht jedoch als Projektion verstehen, erkennen Sie, dass wir Gott hereingelegt haben. Warum sollte Gott so wertend sein und uns aus dem Paradies werfen, wo Verurteilung doch aufgrund von Schuld entsteht? Liebe kann uns nicht aus der Liebe werfen. Wir träumen, dass wir das Paradies verlassen haben, und dieses klassische Muster wiederholen wir seither in jeder Familie.
    Erst nach dreißig Jahren Praxis als Psychologe erkannte ich allmählich Andeutungen dieses Musters in den dunkelsten Ecken des Unbewussten und bekam eine Ahnung davon, welche Wirkung es auf die unterbewussten Muster in der Beziehung zu unseren Eltern hat. Wir haben Traumen erlebt, von denen wir glaubten, sie seien dadurch verursacht worden, dass uns unsere Eltern aus dem Herzen der Familie verstoßen haben. In Wahrheit steckten wir auf einer unterbewussten Ebene und als Widerspiegelung unseres Geistes im Unbewussten sozusagen mit ihnen unter einer Decke. Diese Traumen waren Lektionen unserer Seele, die wir aber nicht gelernt haben, weil wir uns auf die Seite unseres Egos schlugen. Meine Erkenntnisse wurden durch vieles gestützt, was ich in Ein Kurs in Wundern gelesen hatte. Es ist das einzige mir bekannte Buch, das die Entdeckungen bestätigt, die ich jenseits unseres bewussten Geistes machen konnte.
    Der andere Hauptgrund, warum wir das goldene Leben verweigert haben, ist dieser: Wir wollten nicht golden sein, während andere um uns herum litten. Das ist jedoch so, als stünden wir mit einem Seil am Rand einer tiefen Grube, in der viele andere leiden. Anstatt das Seil oben zu verankern und den Leidenden unten beim Herauskommen zu helfen, haben wir das Seil in die Grube geworfen und sind hinterher gesprungen. Irgendwie sollte das den anderen helfen. Wir haben uns davor gefürchtet, das »goldene Kind« in einer Welt zu sein, in der so viel Dunkelheit herrscht. Es gibt immer wieder Gelegenheiten in unserem Leben, in denen wir die Möglichkeit haben, zum goldenen Leben zurückzukehren, aber wir entscheiden uns, in die andere Richtung zu marschieren. Ich habe herausgefunden, dass wir immer, bevor wir traumatisiert werden, einen Weg gezeigt bekommen, wie wir das Trauma vermeiden und überflüssig machen können. Auf diesem alternativen Weg könnten wir die Lektion einfach lernen, sodass wir bewusst auf eine neue Ebene der Gaben und Fähigkeiten