Wenn es fesselt, ist es keine Freiheit
ihrem Vater gefallen war, ihrer Bitte zu entsprechen, damit sie Freunde an einem festen Ort haben konnte und die soziale Umgebung einer normalen Schule. Sie erkannte, dass sie sich selbst entschieden hatte, sich verlassen zu fühlen – als Teil ihrer Geschichte -, damit sie unabhängig würde. Aber gleichzeitig ließ sie es so aussehen, als sei sie ein Opfer der Umstände. Das Motiv, verlassen zu werden, setzte sich leider auch in ihren Liebesbeziehungen fort, bis sie diese Zusammenhänge endlich erkannte und loslassen konnte.
Eine andere Geschichte handelt von einer Mutter, die ihren Sohn verlassen hatte, als sie sich scheiden ließ. Drei Jahre später heiratete der Vater erneut. Der Junge fühlte sich unerwünscht und abgewiesen, was jedoch durch die Liebe und Akzeptanz der neuen Frau seines Vaters überdeckt wurde, die er Mutter zu nennen begann, weil sie sich wie seine wahre Mutter verhielt. Der Junge hatte seine Erinnerungen bis zum sechsten Lebensjahr verdrängt und »vergessen«, dass seine »Mutter« nicht seine biologische Mutter war. Das führte später dazu, dass er eine Beziehung aufbaute, in der er seine Frau aufgrund von Ängsten beherrschte.
Als er in seine frühe Kindheit zurückging, erkannte er, dass seine Mutter, als sie seinen Vater verließ, das Gefühl hatte, sich nicht richtig um einen Zweijährigen kümmern zu können, weil sie ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen musste und nicht zu Hause sein konnte. Er begriff, dass seine Mutter ihn gar nicht verlassen hatte, sondern dass sie einfach nicht in der Lage gewesen war, zwei Personen zu ernähren. Er spürte dann, wie sehr es ihr das Herz gebrochen hatte wegzugehen und dass er selbst es gewesen war, der damals die Verbindung zu ihr abgebrochen hatte. Als ich ihn in dieses Geschehen zurückführte, ließ ich ihn sein Licht mit dem Licht seiner Mutter verbinden, sodass er sie immer spüren konnte. Da erkannte er, dass er das Erbe von zwei Frauen in sich trug, die ihn als Mutter liebten, und nicht von einer Frau, die ihn liebte, und einer anderen, die das nicht tat. Er war dann bereit, all die Liebe anzunehmen und in sich willkommen zu heißen, die er bei seiner biologischen Mutter zurückgewiesen hatte, eine Liebe, die immer noch auf ihn wartete.
Ich habe mit so vielen Menschen gearbeitet, die andere für das anklagten, was sie selbst getan hatten, dass ich eine spezielle Übung dafür entwickelt habe. Da bittet der Mensch den anderen um Verzeihung für das, wovon er glaubt, dass es ihm angetan wurde. Ein Beispiel: Ich habe mit einem Mann gearbeitet, dessen Frau ihn ständig herabsetzte. Als er sich bei ihr dafür entschuldigte, dass er sie ständig herabsetze, brach sie in Tränen aus. In diesem Moment fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er erkannte und spürte, wie er seine Frau ständig herabsetzte, sein Verhalten aber durch Verleugnung und Verdrängung vor sich selbst verbarg.
Ein weiteres klassisches Beispiel sind Menschen, die meinen, den Erwartungen ihrer Eltern nicht zu entsprechen. Mit ein wenig Selbsterforschung realisieren sie, dass es ihre Eltern sind, die nicht ihren Erwartungen entsprechen, und dass sie sich von ihren Eltern enttäuscht fühlen – und nicht umgekehrt. Diese oft lebenslang andauernden Missverständnisse verursachen so viel Stress und können doch so leicht losgelassen werden.
Wir projizieren unsere Schuldgefühle. Wir verstecken, was wir tun. Es sieht so aus, als tue unser Partner oder jemand in der Familie uns etwas an, wo doch in Wahrheit wir selbst uns die ganze Zeit genau das antun, worüber wir uns beklagen. Wir verbergen es unter Kompensations- und Verleugnungsmustern und benutzen es als Vorwand, um uns abzutrennen. Das ist der Kern unserer unglücklichen Lebensgeschichte, die wir uns selbst ausgedacht haben. Wir haben alles selbst fabriziert. Die gute Nachricht ist: Mit ein wenig gutem Willen kann das alles wieder aufgelöst werden.
Die Perspektive auf längere Sicht
Nach achtunddreißig Jahren Heilarbeit – sechsunddreißig davon vor allem im Bereich des Unterbewusstseins beziehungsweise in noch tieferen Schichten – möchte ich Ihnen das Bild der Familie so beschreiben, wie ich es sehe.
Wir werden in einer Familie empfangen, in der bereits bestimmte Muster existieren. Indem wir diese Muster heilen, erfüllen wir unsere Bestimmung, da die Familie der Entwurf unserer Bestimmung ist. Unsere Bestimmung, unser Lebenssinn, ist ein heiliges Versprechen. Wir sind gekommen, um auf
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