Wenn es Nacht wird in Manhattan
auf eine Coke.”
“Nein. Ich möchte nichts”, antwortete Cash.
Tippy schüttelte nur stumm den Kopf.
“Ich bin gleich wieder zurück”, sagte Rory und verschwand.
“Er müsste längst im Bett sein”, meinte Cash streng.
“Er war auch im Bett, bis wir dich haben schreien hören”, entgegnete Tippy. Sie rutschte weiter auf das Bett und zog die Beine unter sich. “Rede mit mir, Grier”, sagte sie leise. “Schaff es dir von der Seele. Dann fühlst du dich besser.”
Er lehnte sich gegen seine Kissen und betrachtete sie im schwachen Schein des Notlichts in der Steckdose.
“Nun komm schon”, sagte sie. “Schließlich kennst du auch alle meine Geheimnisse.”
Da hatte sie recht. Trotzdem zögerte er. Er konnte einfach nicht vergessen, was seine Ex-Frau ihm angetan hatte.
Zögernd berührte sie seinen starken nackten Arm. Sein mächtiger Brustkorb war von Haaren bedeckt. Er war eine wirkliche Augenweide, aber sie bemühte sich, es ihn nicht spüren zu lassen. “Ich urteile über niemanden. Nicht bei meiner Vergangenheit. Und ich werde auch nicht meine Koffer packen und über Nacht verschwinden, egal, was du mir erzählst”, versicherte sie ihm.
“Das habe ich schon mal irgendwann geglaubt”, erwiderte er sarkastisch.
“Ich bin auch nicht deshalb hier, weil du reich bist”, sagte sie freimütig.
Seine Gesichtszüge wurden hart. “Wenn du damit andeuten willst …”
“Ich stelle nur etwas fest”, unterbrach sie ihn. “Eine Frau, die dich wirklich liebt, würde dir das nicht antun, was sie dir angetan hat. Man lässt Menschen, denen es schlecht geht, nicht im Stich – und auch nicht wegen dem, was sie mal getan haben. Wahre Liebe stellt keine Bedingungen.”
“Woher willst du das wissen?”, fragte er höhnisch.
Sie betrachtete seine versteinerte Miene, die blassen Narben in seinem Gesicht, und sie lächelte. “Du wirst es kaum glauben, aber ich weiß es”, antwortete sie sanft. Ihre Hand spielte mit dem Haarteppich auf seiner breiten Brust.
Was meinte sie damit? Sprach sie von Cullen, dem Mann, bei dem sie gewohnt hatte? Er wandte den Blick ab und bemühte sich, tief und ruhig zu atmen. Der Albtraum, den er nur zu gut kannte, hatte ihn die Nerven verlieren lassen. “Du hast doch keine Ahnung, mit welchen Erinnerungen ich leben muss.”
“Du hast einen Jungen erschossen?”
Ungläubig sah er sie an. “Woher zum Teufel weißt du das?”
“Du hast es herausgeschrien”, sagte sie nur. “Ich schaue mir auch die Abendnachrichten an – wie alle anderen. Deshalb weiß ich, dass paramilitärische Einheiten in Ländern der Dritten Welt eine Menge kleiner Jungen rekrutieren, die perfekt mit einer Kalaschnikow oder einem Kampfmesser umgehen können.”
Finster blickte er sie an. Sie war nicht entsetzt. Sie war nicht einmal schockiert.
“Cullen hat in Vietnam gekämpft, Cash”, sagte sie leise. “Er hat mir alles erzählt. Er hat Sachen erzählt, die man nicht für möglich hält. Er war so kultiviert und weltgewandt, aber er hat auch Kinder sterben sehen. Ich weiß Dinge über den Krieg, von denen ich hoffe, dass Rory niemals in seinem Leben von ihnen erfährt.”
Allmählich entspannte er sich. “Ich habe im Mittleren Osten gekämpft. In Südamerika. Im afrikanischen Dschungel. Ich hab’s getan, um viel Geld zu verdienen. Aber ich habe gelernt, dass man einen Preis für dieses schnell verdiente Geld bezahlen muss. Und ich bezahle immer noch.”
Mit ihrem Zeigefinger zeichnete sie die Linien seines Mundes nach. “Du hast Albträume. Genau wie ich. Und wie Rory. Nicht wahr?”, fragte sie ihren kleinen Bruder, der in diesem Moment mit blassem Gesicht in der Tür erschien.
Er kam ins Zimmer und schloss die Tür. “Sam hat mich einmal so verprügelt, dass ich fast gestorben wäre”, erzählte er und ließ sich auf die andere Seite des Bettes neben Cash fallen. “Manchmal wache ich nachts schreiend auf. Genau wie sie”, sagte er mit einem Kopfnicken zu seiner Schwester.
Cash atmete hörbar aus. “Genau wie ich”, gestand er jetzt vollkommen ruhig.
“Heute Nacht nicht mehr”, sagte Rory, während er unter die Bettdecke kroch. “Gute Nacht, Schwester.”
Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um Antworten von einem zurückhaltenden Cash zu erwarten. Rorys listiger Einfall gefiel ihr viel besser. Wenn es ihm nicht gefiel, konnte er sie ja immer noch aus seinem Bett werfen, überlegte sie.
Tippy hob die Bettdecke und legte sich auf Cashs andere Seite. Ihr Kinn
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