Wenn es Nacht wird in Manhattan
bettete sie an seine nackte Schulter. Sie lächelte und schloss leise seufzend die Augen. Sie hatte das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. “Gute Nacht, Rory.”
“Gute Nacht, Cash”, murmelte Rory schläfrig.
“Gute Nacht, Cash”, wiederholte Tippy und gähnte. Es war noch sehr früh am Morgen. Draußen heulte der Wind, und es begann zu regnen. Während sie wegdriftete, überlegte sie, was für ein Glück es war, einen warmen, trockenen und sicheren Ort zum Schlafen zu haben. Die meisten Menschen betrachteten es als selbstverständlich. In ihrer Jugend hatte sie viele einsame und angstvolle Nächte auf der Straße verbracht, bis sie Cullen kennengelernt hatte.
Zuerst war es Cash unangenehm, ihre beiden Körper in der Dunkelheit so dicht neben sich zu spüren. Doch allmählich fühlte er sich warm und geborgen. Es regnete in Strömen, und der Wind pfiff kalt ums Haus. Er seufzte ratlos und legte sich aufs Kissen zurück. Eigentlich wollte er protestieren. Er brauchte weder Gesellschaft noch Trost. Er war hart im Nehmen. Er konnte auf sich selbst Acht geben – und er konnte auch mit seinen Albträumen fertig werden.
Doch nach einer Minute hatte die Wärme von Tippys Körper auf der einen und von Rorys auf der anderen seinen Widerstand gebrochen. Zum Teufel damit! Er schloss die Augen und schlief ein.
Am nächsten Morgen, bevor er zur Arbeit ging, erwähnte Cash seine beiden Bettgenossen mit keinem Wort. Ein paar Tage lang blieb er sehr verschlossen und nahm sich nur Zeit für Rory. Er zeigte ihm, wie man Regenwürmer fängt und fuhr sogar mit ihm zum Angeln. Tippy wurde nicht dazu eingeladen. Aber das war ihr auch egal. Ihr reichte es, Rory so glücklich zu sehen.
Eines Morgens, als Rory noch schlief und Cash mit einem kurzen Kopfnicken das Haus verlassen hatte, hörte Tippy ein Geräusch von der Küchentür. Offenbar hatte Cash etwas vergessen, denn Mrs. Jewell konnte es nicht sein; sie war einkaufen gegangen. Tippy lächelte und setzte die Pfanne auf den Ofen, weil sie sich ein paar Eier braten wollte.
Sie hörte, wie die Fliegentür geöffnet wurde, aber kein Schlüssel drehte sich im Schloss. Stattdessen rüttelte jemand heftig am Türknauf.
Tippys Herz klopfte bis zum Hals. Sofort fielen ihr die Entführer ein, und sie geriet in Panik. Im Alltagstrott der vergangenen Wochen hatte sie beinahe vergessen, dass die Gefahr noch nicht vollkommen überwunden war. All ihre Instinkte waren im Nu hellwach. Jetzt wurde heftig gegen die Tür getreten, als ob jemand versuchte, ins Haus einzubrechen.
Mit zitternden Händen griff sie zum Telefon und wählte die Notrufnummer, ohne den Blick auch nur einen Moment von der Holztür zu wenden.
“Polizeichef Grier?”, fragte die Stimme an der Vermittlung erstaunt.
“Hier ist Tippy Moore”, gab sie sich zu erkennen. “Jemand versucht, ins Haus einzudringen. Bitte schicken Sie so schnell wie möglich einen Streifenwagen hierher.”
“Ich werde es sofort veranlassen, Miss Moore. Bleiben Sie bitte am Apparat … Miss Moore?”
Tippy hatte den Hörer zur Seite gelegt und die große Eisenbratpfanne in beide Hände genommen. Das Holz begann zu ächzen, und die Tür drohte aus den Angeln zu reißen. Ihr ganzes Leben lang war sie immer auf die eine oder andere Weise Opfer gewesen. Erst war sie Sam Stanton ausgeliefert gewesen, dann vielen brutalen Männern, und jetzt den Entführern, die es auf ihr Leben abgesehen hatten. Sie war es leid, immer nur das Opfer zu sein.
Sie stellte sich neben die Tür, sodass sie nicht von ihr getroffen wurde, wenn der zu allem entschlossene Eindringling sie aus der Verankerung trat. Ihr Herz raste, und sie hatte furchtbare Angst, aber sie würde nicht klein beigeben. Nicht jetzt. Dieser Kerl würde für alle Grausamkeiten bezahlen müssen, die ihr von den anderen Männern zugefügt worden waren. Entschlossen umklammerte sie den Stiel der Pfanne. Allein das Gewicht verlieh ihr Selbstvertrauen.
Der Lärm nahm zu, als der Mann sich mit seinem vollen Körpergewicht gegen die Tür warf. Das Holz splitterte. Mit den Jahren war die Tür morsch und sehr brüchig geworden. Noch zwei kräftige Tritte, und sie sprang aus den Angeln. Ein langer, dünner Mann in Jeans und Strickhemd stürmte in die Küche. Er hatte eine Pistole in der Hand.
Endlich ein Ziel! Tippy holte aus und schlug mit aller Kraft zu. Der Mann schrie auf, während ihm die Pistole aus der Hand flog.
Sein Schmerz verlieh ihr neue Stärke. “Was fällt dir ein, in mein Haus
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