Wenn es Nacht wird in Manhattan
trug. “Heute ist mein freier Tag”, erinnerte er ihn. “Lieutenant Palmer kümmert sich um die Geschäfte.”
“Nicht Barrett?”, hakte Cash nach, denn beide Männer waren schon lange im Dienst und ausgesprochen kompetent.
“Der hat heute auch frei”, antwortete Judd und räusperte sich verlegen. “Er hat etwas zu erledigen.”
Wie vom Donner gerührt blieb Cash neben Judds großem Geländewagen stehen und stellte Tippys Koffer mit Nachdruck ab. “Nein”, sagte er sofort. “Das kannst du unmöglich getan haben. Du hast Barrett doch nicht etwa freigestellt, damit er mein Haus tapeziert?”
Judd sah tief beleidigt aus. “Ich bin Polizeibeamter. Genau genommen bin ich der stellvertretende Polizeichef”, ergänzte er hochmütig und grinste Tippy zu. “Ich würde nie etwas Unrechtmäßiges tun.”
“Wenn ich auch nur einen Fetzen Papier auf dem frisch eingesäten Rasen entdecke …”, drohte Cash.
“Hast du eigentlich gewusst, dass er so misstrauisch ist?”, erkundigte Judd sich bei Tippy, während er ihr beim Einsteigen half und sie vorsichtig auf den Beifahrersitz platzierte.
“Wenn du darauf antwortest, gibt’s Leber und Zwiebeln zum Abendessen”, warnte Cash sie, während er das Gepäck im Kofferraum verstaute und auf die Rückbank sprang.
Tippy schaute sich nach ihm um und zuckte zusammen, weil die Bewegung ihr wehtat. “Ich hasse Leber mit Zwiebeln wie die Pest.”
“Ich weiß.” Cash lächelte sie unschuldig an.
Judd lachte, als er den Motor des großen schwarzen Vans startete und vom Flughafenparkplatz rollte.
Wenig später bogen sie in die kiesbestreute Einfahrt von Cashs Haus ein. Es war ein schlichtes, weiß gestrichenes Gebäude mit schwarzen Fensterläden und einem Schindeldach. Vor dem Haus war eine ausladende, von Rosenbüschen gesäumte Veranda mit einer Schaukel und einem Schaukelstuhl. Aus zahlreichen Blumenbeeten lugten erste Sämlinge hervor.
Cash half Tippy beim Aussteigen, während Judd die Koffer zum Eingang trug.
“Trampel mir bloß nicht in die Beete”, warnte Cash ihn.
Judd, der gerade einen Schritt machen wollte, blieb stehen und sah ihn verdutzt an. “Welche Beete?”
“Zum Beispiel die, auf die du gerade treten willst”, erwiderte Cash gereizt. “In einem habe ich Zinnien gepflanzt und in das andere Kornblumen, Löwenmaul, Ringelblumen und Margeriten.”
“Du magst Gartenarbeit?”, fragte Tippy erstaunt.
Er schaute in ihre grünen Augen und hatte das Gefühl, der Boden würde ihm unter den Füßen weggezogen. Sie hatte wunderschöne Augen. Selbst in ihrem durch Wunden entstellten Gesicht wirkten sie exotisch und faszinierend. “Ich habe gerne Erde an den Händen.”
Tippy, die ebenfalls von seinen Augen fasziniert war, wurde ganz nervös, als sie seinen intensiven Blick auf sich spürte. Am liebsten wäre sie zu ihm gegangen, damit er seine Arme um sie legen konnte. Ihren Rippen hätte das zwar nicht gut getan, aber im Zweifelsfall hätte sie dieser Versuchung gewiss nicht widerstanden.
“Genau das hat auch der Drogendealer gesagt, als wir ihn im vergangenen Jahr festgenommen haben”, meinte Judd, ohne die beiden anzuschauen. Er ging um die Blumenbeete herum und stellte die Koffer am Rand der Veranda ab. “Er hatte gerade zwei Kilo Kokain in
seinem
Blumenbeet vergraben.” Er grinste. “Wahrscheinlich hoffte er, dass es sich vermehren würde.”
Cash riss sich von Tippys Anblick los. “Ein fataler Fehler. Er hat zehn Jahre bekommen.”
“Leider wird es einen Ersatzmann für ihn geben. Das heißt, es gibt ihn schon. Unser neuer Crackdealer hat einflussreiche Verwandte in der Stadt. Davon weißt du natürlich nichts”, sagte Judd warnend zu Tippy.
“Ich weiß gar nichts”, entgegnete Tippy sofort. “Das wird dir jeder bestätigen.”
“Hört auf damit”, schalt Cash und berührte mit dem Finger ihre Nasenspitze. “Du weißt ohnehin schon viel zu viel.”
Sie lächelte und errötete leicht, ohne den Blick von Cash abwenden zu können.
Fast hätte Judd zugestimmt, dass Tippy gewiss keine Närrin war, aber er spürte sehr deutlich, dass er sich in Dinge mischte, die ihn nichts angingen. Tippy und Cash schienen ja recht gut miteinander auszukommen. Das war immerhin ein Anfang.
“Ich soll euch von Christabel ausrichten, dass ihr jederzeit zum Abendessen kommen könnt, wenn euch danach ist”, bot Judd an. “Wie wär’s mit heute Abend?”
Tippy zögerte und sah Cash an.
“Sie hat ein paar schwere Tage hinter sich, und der
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