Wenn es plötzlich Liebe ist
ihre zierlichen Knöchel und die wohlgeformten Waden, und er spürte, wie sich reine, unverfälschte Lust in ihm rührte. Wie sie wohl ohne all die teuren Kleider aussah? Vermutlich würde sie zusammenbrechen, wenn jemand ihr vorschlug, einfach eine Jogginghose anzuziehen.
Als er den Anruf von Farrell erhalten hatte, war er versucht gewesen, das Angebot abzulehnen. Sein Instinkt sagte ihm, dass, wenn er die Gräfin von Sharone als Klientin akzeptierte, sich dies zu einer komplizierten Affäre auswachsen würde, und zwar nicht nur, weil sie sich einmal geküsst hatten. Sie war in der ganzen Welt bekannt. Eine verdammte Ikone. Und vermutlich eine Diva höchsten Ranges, neben
der Schauspielerinnen oder Opernsängerinnen bloß sanfte, selbstzweiflerische Schäfchen waren.
Aber er war trotzdem hergekommen. Er war neugierig, sie ein letztes Mal von Angesicht zu Angesicht zu sehen, wenn auch aus keinem anderen Grund, als um zu beweisen, dass auch sie nur eine Frau war.Vielleicht war sie hübscher als die meisten Frauen, aber in allererster Linie war sie einfach ein Mensch, der eines Tages Altersflecken und graue Haare bekommen würde wie alle anderen auch. Nichts Besonderes.
Er gab sich Mühe, etwas Unattraktives an ihr zu finden, und betrachtete sie eingehend, doch schließlich waren es ihre Augen, die ihn fesselten. Sie funkelten jetzt eisgrün, weil sie wütend auf ihn war.
Verdammt schöne Farbe, dachte er. Wie ein Granny-Smith-Apfel.
»Na, hat es Ihnen die Sprache verschlagen?«, wollte sie wissen.
Smith runzelte die Stirn und dachte, sie versuchte, ihn zu ködern. Aber diesmal würde das nicht klappen. »Sie sind doch nicht etwa beleidigt, nur weil ich Ihren Hintergrund ein wenig überprüft habe?«
»Es geht mehr um Ihr Benehmen.«
»Ich bin nicht gekommen, um Sie zu bezaubern.«
»Da bin ich aber froh. Ich mag Menschen nicht gern enttäuschen.«
Smith musste unwillkürlich lächeln. Ihr Humor überraschte ihn. Auch die Tatsache, dass sie nervös war. Ihre Finger flochten unaufhörlich die Fransen an einem Seidenkissen.
»Wollen Sie sich also mit mir unterhalten oder nicht?«, fragte sie mit schärferer Stimme.
»Ich weiß, wo Sie wohnen und arbeiten«, gab er grummelnd zur Antwort. »Ich weiß, dass Sie sehr reich sind. Und ich weiß, dass von Ihnen in dem Artikel über stadtbekannte Frauen die Rede war, den man bei Cuppie Alstons Leiche gefunden hat.«
Grace erblasste und riss die Augen auf. »Woher wissen Sie das?«
»Ich bin mit einer ganzen Reihe von Leuten der New Yorker Oberschicht befreundet.«
»Oh.« Sie zögerte. Dann betastete sie mit zitternden Fingern ihre Frisur.
Smith war von ihrer plötzlichen Angst überrascht. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihm wortreich erklären würde, dass sie sich überhaupt nicht für gefährdet hielt.
»Wollen Sie mir endlich die Wahrheit sagen?«, fragte er.
»Welche Wahrheit?«
»Wie es Ihnen tatsächlich geht.« Er wies eindeutig auf ihre bebenden Finger.
Rasch verbarg sie sie im Schoß.
»Ich … ja … ich bin ein bisschen verwirrt«, murmelte sie. »Ich bin noch nie auf diese Art bedroht worden.«
»Das überrascht.«
»Warum?«
Er spürte, dass sie die Frage nur stellte, damit er weiterredete, als wollte sie sich damit Zeit verschaffen, sich wieder zu sammeln. Er beschloss, ihr nachzugeben.
»Sie sind sehr organisiert und haben so viele Termine wie ein Präsident. Sie verlassen jeden Morgen um die gleiche Zeit Ihr Penthouse, gehen joggen und sind um acht im Büro. Sie arbeiten bis sieben, dann gehen Sie aus und sind um elf wieder zu Hause. Die Wochenenden verbringen Sie genauso wie die anderen Tage.«
»Das alles haben Sie in weniger als vierundzwanzig Stunden herausgefunden?«, fragte sie ungläubig.
»Drei Fragen. Mehr brauchte ich nicht. Und während ich mit Ihrem Portier geredet habe, lief bei meinem Wagen am Bordstein der Motor weiter.« Er blickte auf die Ringe an ihren Fingern. »Ich weiß auch, dass Ihr Mann sich in letzter Zeit nicht oft hat sehen lassen. Obwohl Ihr Vater gestorben ist.«
Grace erhob sich abrupt und trat zum Fenster. Sie bewegte sich zwar gelassen und langsam, aber er ließ sich davon nicht täuschen.Wieder drehte sie an den Ringen.
Etwas stimmte nicht mit ihrem Mann.
Als sie stumm blieb, sagte er: »Jetzt habe ich meine Karten aufgedeckt. Zeigen Sie mir nun Ihre?«
Darauf folgte eine längere Pause. Sie streckte die Hand aus und legte sie an die Fensterscheibe. Ihre Fingernägel waren gepflegt, aber nicht
Weitere Kostenlose Bücher