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wenn es Zeit ist

wenn es Zeit ist

Titel: wenn es Zeit ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tietgen
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auf das Handtuch und langweilte mich so sehr, dass ich das Deutschbuch nach Geschichten und Gedichten durchforsten wollte. Doch eine Bewegung, die ich aus dem Augenwinkel wahrnahm, ließ mich aufblicken. Ich schaute über die Wiese und sah in einiger Entfernung den Jungen, der jeden Morgen alleine schwimmen ging. Es war wieder niemand bei ihm. Das Deutschbuch legte ich neben mich, ließ es aber nicht los. Noch hielt ich einen Finger zwischen die Seiten, die ich gerade aufgeschlagen hatte.
    Der Junge nahm mich nicht wahr, zog sich in Ruhe um. Beim Duschen war er der Einzige, der die Badehose anbehielt, etwas, worum ich ihn beneidete. Hier fühlte er sich unbeobachtet genug, kein Handtuch um die Hüften zu binden, bevor er sich die Jeans herunterzog und die Badehose aus seiner Tasche holte.
    Das Deutschbuch verrutschte, die Seiten waren mir egal. Die würde ich mir erneut suchen können. Wie gebannt sah ich auf den Jungen, auf seinen Hintern, den er, als er sich bückte, genau in meine Richtung hielt.
    Die Farben, die ihn umgaben, waren nicht von Schweißpunkten durchbrochen. Überall herrschte tiefes Blau.
    Das war es, was mich verwirrte und lockte, was meinen Blick fesselte. Meinte mein Vater diese Farben, als er mich fragte, ob ich pervers wäre? Konnte auch er sie sehen oder nur ich? Es war nur ein Schimmer um die Haut. Hatten alle Menschen solche Farben oder nur der Junge? Bisher hatte ich so etwas noch bei niemandem gesehen.
    Kurz schaute er herüber, als er eine Schleife in das Band seiner Badehose machte, stutzte und lächelte. Ich vergaß, schnell wegzuschauen, so zu tun, als wäre ich mit meinem Buch beschäftigt. Ich war viel zu neugierig, um die Regeln des Anstands zu waren, die mein Vater mir eingebläut hatte. Selbst, als der Junge sein Handtuch, seine Klamotten und seine Tasche nahm, sich in Bewegung setzte und langsam auf mich zukam, starrte ich ihn noch an.
    »Hallo. Schwänzt du auch die Schule?« Er blieb nicht stehen, sondern legte gleich seine Sachen ab und setzte sich zu mir.
    »Nein«, antwortete ich. »Ich darf nicht hin.« Der Junge wollte nicht wissen, warum. Er streckte die Beine aus, lehnte sich etwas zurück und sagte: »Ich bin Jörg.«
    »Du bist jeden Morgen hier.« Ich besaß nicht einmal genug Höflichkeit, mich vorzustellen, sondern überfiel ihn gleich mit dieser dämlichen Feststellung. Als wüsste er das nicht selbst.
    »Du ja auch. Nur schwimmst du nie. Habt ihr keine Dusche zu Hause?« Er stützte sich auf seinen Ellenbogen ab und lag ganz entspannt dort. In seiner Frage lag nichts von der Gehässigkeit, die meine Klassenkameraden am Tag zuvor hatten, als sie im Kreis um mich herumstanden und mich verspotteten. Rutschte mir deshalb die Antwort so schnell heraus?
    »Nein.«
    Solange mich Jörg ansah, konnte ich es auch mit ihm tun und die Farben betrachten, die wie leichter Nieselregen um ihn lagen. Ob er von diesen Farben wusste?
    »Ich trainiere morgens. Da ist das Wasser schön ruhig und ich kann schneller schwimmen. «
    »Ach so.«
    »Ich bin im Schwimmverein. Und ich möchte mal zu den Olympischen Spielen. Also muss ich trainieren.« Ganz in Gedanken riss er einige Grashalme heraus, während er das erzählte. Ich zog die Beine an und legte die Arme um die Knie. Selbst im T-Shirt war mir noch etwas kühl. Dabei hätte ich doch wirklich abgehärtet sein müssen.
    »Und jetzt schwänzt du, um zu trainieren?«
    Jörg lachte. »Nein, jetzt schwänze ich, um die Mathearbeit nicht mitschreiben zu müssen.«
    Er fragte nicht nach meinem Namen, er blieb einfach. Manchmal gingen wir ins Wasser, schwammen ein bisschen oder sprangen vom Dreimeterbrett. Meistens lagen wir auf unseren Handtüchern in der Sonne, die immer wärmer wurde. Keiner von uns beiden machte sich Gedanken um einen Sonnenbrand und keiner von uns beiden bekam einen.
    Der blaue Schimmer blieb und wurde zur Normalität. Ich gewöhnte mich daran. Nur, als wir miteinander rangen und Jörg versuchte, mich unter Wasser zu ducken, da riss es mich vor Spannung fast auseinander. Ich wehrte mich, berührte ihn, griff mit meiner Hand in das blaue Feld um seinen Körper und die Farbe veränderte sich. Die Schultern, an denen ich versuchte, ihn von mir zu drücken wurden violett. Der Nieselregen um seine Haut drehte sich wie ein Wasserwirbel um meine Hände, als störte ein geworfener Stein den Frieden. Ich vergaß, weshalb ich ihn berührt hatte, zu fasziniert sah ich auf diesen Strudel. Jörg hatte es leicht, meinen Kopf unter

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