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wenn es Zeit ist

wenn es Zeit ist

Titel: wenn es Zeit ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tietgen
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Schränke standen, hingen Porzellanteller mit Vogelmotiven.
    »Ihr habt nichts mehr mit ihm zu tun«, sagte Gisela. »Er wird jetzt eine Zeit lang im Gefängnis bleiben. Eigentlich könntest du aufatmen.«
    Mama nickte. »Ich weiß. Aber ich fühle mich schuldig. Hätte ich ihn nicht verlassen, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.«
    »Papperlapapp«, schimpfte Gisela. »Muss ich dich daran erinnern, wie ihr gelebt habt? Dein Mann ist ein Zocker. Der braucht das Geld, um zu spielen, um die immer größeren Schulden zu bezahlen. Er hätte Henrik, dich und sich ruiniert. Mit dem Überfall hast du nichts zu tun.«
    Mir fiel die Spielhalle ein, die mein Vater so wütend verlassen hatte. Hatte Michi ihrer Mutter davon erzählt oder hatte Mama die ganze Zeit gewusst, wo Papa mit dem Geld, das er verdient hatte, geblieben war?
    »Die haben mir glatt erst die falsche Bank genannt, um zu sehen, ob ich sie verbessere.« Meine Mama lachte bitter. » Sie wollten wissen, was ich von Ulrike Meinhof halte und zum Tod von Holger Meins sage. Und weil ich den nicht kenne, haben behauptet, ich stellte mich doof. Gisela weißt du, was die Bewegung zweiter Juni ist? Angeblich soll mein Mann damit in Verbindung stehen.«
    Jetzt lachte auch Gisela kurz auf. Sie kannte Papa doch gar nicht.
    » Ich habe den doch seit über einem Jahr nicht gesehen. Wieso glauben sie mir nicht?« Mama trank einen Schluck Tee, bevor sie stutzte und Gisela ansah. »Wie kommst du darauf, er sei ein Zocker?«
    Gisela erzählte von unserer einseitigen Begegnung, von dem Eindruck, den diese auf meine Michi gemacht hatte. »Hast du deiner Mutter nichts davon erzählt?«
    »Ich wollte dich nicht beunruhigen«, entschuldigte ich mich . Auf einmal begriff ich. Sein ganzer Zorn, die guten Tage, ob er uns verwöhnt oder geschlagen hat, ob er mit dem Essen zufrieden war oder meine Hausaufgaben zerrissen hatte, nichts davon hatte mit uns zu tun gehabt. Wir hätten nichts richtig oder falsch machen können. Wenn er verloren hatte, musste er es an uns austoben.
    »Ich bin so blöd«, seufzte Mama und schüttelte den Kopf. »Die ganzen Schulden, die Pfändungen, das verlorene Haus, die verlorenen Wohnungen, die Abende, die er nicht bei uns war. Warum habe ich es nicht gemerkt?« Ich drückte ihre Hand. Mehr konnte ich nicht tun. Ich hatte es doch auch nicht gemerkt. Ich hatte es nicht einmal begriffen, als ich ihn aus der Spielhalle kommen sah.
    »Du bist nicht blöd«, sagte ich.
     
    Sie ließen un s ausschlafen am nächsten Morgen. Dabei hatte ich Schulsachen mit und auch Mama wäre bereit gewesen, zu arbeiten. Aber es war schön, im Winter von der Sonne geweckt zu werden, in Ruhe zu duschen und sich am Frühstücksbuffet in dem kleinen Speisesaal zu bedienen.
    Kurt fragte uns, ob wir Zeitung lesen wollten, aber wir lehnten beide ab. Erst Michi erzählte mir, als sie aus der Schule kam, von dem Überfall.
    »Auf einmal kannten sie dich alle wieder«, sagte sie. »Selbst die Kleinen, die dich gar nicht kennen können.«
    »Michi.«
    »Sie fanden es spannend, mal mit dem Sohn eines …«
    »Hast du das etwa ..?«
    »Beruhige dich.« Michi setzte sich zu auf die Sessellehne und schlug an meinen Oberarm.« Es ist entsetzlich, wie wenig dich die wirklich spannenden Dinge interessieren. Natürlich habe ich nichts erzählt. Ich weiß nicht, woher es alle wussten. Aber sie haben was zu erzählen.«
    »Ich möchte nur wissen, was er getan hat und wie.« Sie murrte, aber sie erzählte.
    Mein Vater war unmaskiert und schon mit gezogener Pistole in die Bank marschiert, hatte dem Schalterbeamten die Waffe unter die Nase gehalten und das Geld gefordert. Weder hatte er darauf geachtet, ob jemand telefonierte noch, ob jemand Alarm auslöste. Die wenigen Kunden in der Bank duckten sich sofort auf den Boden oder versteckten sich hinter dem Sitzgelegenheiten für die Wartenden. Der Mann am Geldschalter war abgebrüht. Er hat meinem Vater das Geld vorgezählt, jeden Schein, den er in einen Sack gestopft hatte.
    »Was soll das?«, hatte Papa gebrüllt und mit der Pistole gefuchtelt.
    »Es ist für die Versicherung. Die möchte ja wissen, wie viel Sie abgehoben habe.« Mit dem Geldsack hat der Bankbeamte meinem Vater eine Quittung hingelegt und gebeten: »Wenn Sie hier bitte unterschreiben würden.«
    Papa muss für einen Moment perplex gewesen sein und ist dem Wunsch nachgekommen. Dann jedoch zerrte er eine junge Frau zu sich, richtete seine Waffe genau auf ihr Gesicht und sagte

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