Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
sich gern gute und teure Kleidung gekauft, interessante Fernreisen gebucht und fuhr einen ziemlich kostspieligen Wagen, dessen Anschaffung letztes Jahr einen beträchtlichen Teil ihrer Ersparnisse verschlungen hatte. Häufige Besuche beim Friseur und bei der Kosmetikerin waren für sie ebenso selbstverständlich gewesen wie diverse Wochenendtrips nach Rom, Paris, London oder New York. Kurz: Sie hatte gelebt wie eine dieser modernen Karrierefrauen, bei denen alles stimmte. Der Job, das Outfit, das Ambiente und der Lover.
Von alledem war ihr nur das Outfit geblieben, und wenn sie Pech hatte, würde ihr davon bald kein einziges Teil mehr passen. Entweder wegen des Kreuzes oder wegen der Schokolade.
Sie stand auf, um zur Toilette zu gehen.
»Was ist los, wieso rennst du ständig ins Bad, hast du Durchfall?«, wollte Babette wissen.
»Keine Sorge«, meinte Samantha patzig, »ich putz hinterher das Klo.«
Sie verschwand im Badezimmer und betrachtete ihr hohläugiges Spiegelbild. Irgendwann im Laufe der letzten beiden Wochen hatte sie sich von einer hübschen, vollschlanken Blondine in einen großen, fetten Bauerntrampel verwandelt. Ihre Haare hingen an den Seiten zottelig herab. Am Hinterkopf beulten sie sich zu filzigen Bergen auf. Das war die Stelle, auf der sie die ganze Zeit gelegen hatte, seit sie hier eingezogen war. Abgesehen von den ungefähr fünfzig Malen, die sie aufgestanden war, um aufsKlo zu gehen oder sich frische Schokolade aus dem Kühlschrank zu holen. Und dem einen Mal, als sie Giovanni beim Aufbauen der Möbel zur Hand gegangen war. Er war ein gut aussehender Sizilianer mit schwarz blitzenden Augen, der einen unverwüstlichen Optimismus verströmte und ein Faible für modisch ausgeflippte Kleidung hatte.
Es klingelte an der Wohnungstür, und Samantha hörte Giovannis Stimme. Er machte Babette Komplimente über ihr Outfit.
»Eh, das ist echte eine Wahnsinnsbluse! Wo hast du die gekauft?«
»Du könntest auch mal sagen, dass ich toll aussehe, nicht immer nur meine Klamotten!«, beklagte Babette sich.
»Tolle Titten«, sagte Giovanni bereitwillig.
»Warum hast du dieses Hemd an? Ich habe dir schon mal gesagt, dass Rosa dir nicht steht.« Pause, dann: »Lieber Himmel, was hast du denn da am Fingernagel?«
»Ist eine Brilli«, sagte Giovanni stolz. »Und gucke ma hier. Hab auch eine da auf de Zahn!«
Babette stöhnte entsetzt auf. »Meine Güte, welcher Mann lässt sich denn heutzutage einen Brilli auf den Fingernagel oder die Zähne kleben?
»Mein Bruder hat zufällig auch einen auf dem Fingernagel«, rief Samantha durch die geschlossene Badezimmertür.
»Dein Bruder?«, schrie Babette. »Wieso sagst du das jetzt in diesem Zusammenhang? Willst du damit vielleicht etwas Bestimmtes zum Ausdruck bringen?«
»Hallo, Sam«, rief Giovanni. »Gehst du auch mitte auf de Party?«
»Nein«, murmelte Samantha vor sich hin. »Ich kann nicht mehr auf Partys gehen. Ich bin fett, verzottelt und schwanger.«
Doch mit Letzterem lag sie definitiv falsch, wie sie zehn Sekunden später endlich feststellte. Das rote Kreuz war von ihr genommen. Es hatte sich in einen roten Fleck verwandelt. Vor lauter Erleichterung fing sie an zu heulen. Dann ließ sie sich ein schönes, heißes Bad ein.
*
Valerie drückte sich von hinten gegen Eddie und zog den Kopfhörer von seinem linken Ohr weg. »Was ist? Willst du nicht ins Bett kommen?«
»Eine Minute noch«, sagte Eddie, ohne aufzublicken. Er saß vor dem Keyboard, das er an den PC angeschlossen hatte, und probierte verschiedene Tonfolgen aus. Auf dem Monitor tauchten Akkorde auf und verschwanden wieder, gleichzeitig mit den Klängen in seinem Kopfhörer.
»Das sagst du schon seit einer Stunde. Der Kleine ist längst eingeschlafen, aber du hockst immer noch hier und vergnügst dich mit deinem Computer statt mit mir.«
»Das ist kein Vergnügen, sondern Arbeit. Ich mach es ja auch für dich. In zwei Wochen habe ich einen Termin bei Thomas.«
Valerie quietschte aufgeregt. »Mit mir?«
Eddie nickte und schob ihre Hand von seinem Kopfhörer, um ungestört weitermachen zu können.
»Wie weit bist du?«, wollte Valerie wissen. »Gibst du mir was zum Einsingen mit nach Hause? Hast du schon einen Text?«
Doch Eddie hörte sie nicht mehr. Er war weit weg, eingetaucht in die Musik. Seine Augen hingen am Bildschirm, und seine Hände huschten abwechselnd über die Tastatur des Keyboards und diejenige des PC, und zwischendurch glitt seine rechte Hand zur Maus, um Sequenzenzu
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