Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
Vom Netzwerk:
häufig die Frau, die zu sehr liebt, für den Mann, der nicht zu ihr passt. Gerade weil er nicht zu ihr passt, entwickelt sie diese Leidenschaft. Leidenschaft kann nur dann existieren, wenn es ständige Kämpfe gibt, Hindernisse, die überwunden werden müssen, und die Sehnsucht danach, mehr zu erhalten, als gegeben wird. Leidenschaft kommt von
leiden
. Je größer das Leiden, desto stärker die Leidenschaft – das trifft in vielen Fällen zu. Die erregende Intensität einer leidenschaftlichen Liebesaffäre lässt sich nicht mit den eher ruhigen Annehmlichkeiten einer stabilen, innigen Beziehung vergleichen. Würde eine solche Frau, die zu sehr liebt, also endlich vom Objekt ihrer Leidenschaft das bekommen, was sie sich inständig ersehnt hat – dann hätte das Leiden ein Ende und die Leidenschaft wäre bald erloschen. Dann würde sie vielleicht glauben, nicht mehr verliebt zu sein, weil der bittersüße Schmerz vergangen wäre.
    Die Gesellschaft, in der wir leben, und die uns umgebenden allgegenwärtigen Medien, von deren Botschaften unser Bewusstsein durchdrungen ist – sie verwechseln ständig diese beiden Formen von Liebe. Uns wird immer wieder gesagt, dass eine leidenschaftliche Beziehung (Eros) auch Zufriedenheit und Erfüllung (Agape) mit sich bringt. Im Grunde wird uns damit suggeriert, genügend Leidenschaft könne eine dauerhafte Bindung hervorbringen. Alle gescheiterten Beziehungen, die ursprünglich auf Leidenschaft beruhten, können jedoch Zeugnis davon ablegen, dass dieser Schluss falsch ist. Frustration, Leid und Sehnsucht tragen nicht dazu bei, eine stabile, tragfähige, fürsorgliche Beziehung zu entwickeln, obwohl diese Gefühle den Hauptanteil an einer leidenschaftlichen Beziehung haben.
    Gemeinsame Interessen, gemeinsame Werte und Zielvorstellungen und die Fähigkeit, sich auf dauerhafte Nähe einzulassen, sind notwendig, wenn sich die anfängliche gegenseitige erotische Faszination mit der Zeit in eine verlässliche, fürsorgliche Zuneigung verwandeln soll, die Bestand hat. Häufig geschieht allerdings Folgendes: In einer jungen, leidenschaftlichen Beziehung, die natürlich mit Aufregung, Kummer und Frustration belastet ist, entsteht bald das Gefühl, es würde etwas sehr Wichtiges fehlen: die Bereitschaft zur festen Bindung, die erst Ordnung in das emotionale Chaos bringen und ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit schaffen kann. Sind nun alle Schwierigkeiten überwunden, die dem Zusammensein im Weg standen, sodass sich eine echte Bindung entwickeln kann, stehen vielleicht die Partner eines Tages voreinander und fragen sich, wo die Leidenschaft geblieben ist. Sie fühlen sich geborgen, wohl und zufrieden miteinander, aber auch ein wenig betrogen, weil sie kein heißes Verlangen nach dem anderen mehr empfinden.
    Der Preis, den wir für Leidenschaft bezahlen, ist Angst. Und genau der Schmerz und die Angst, die leidenschaftliche Liebe nähren, können sie auch zerstören. Der Preis, den wir für eine feste Bindung bezahlen, ist Langeweile – und genau die Sicherheit und Geborgenheit, die eine solche Beziehung festigen, können sie auch starr und leblos machen.
    Wenn in einer Beziehung, die zur festen Bindung gewachsen ist, Aufregung und Herausforderung lebendig bleiben sollen, dann muss sie sich auf etwas anderes als Frustration und Sehnsucht stützen: auf eine immer weitergehende Erforschung der – in den Worten von D. H. Lawrence – «freudvollen Geheimnisse» zwischen einem Mann und einer Frau, die sich einander verbunden fühlen. Wie Lawrence andeutet, geschieht dies vielleicht am besten mit einem einzigen Partner, weil sich Vertrauen und Ehrlichkeit (Agape) mit Mut und Verletzbarkeit (Leidenschaft) verbinden müssen, um wirkliche Nähe zu schaffen. Ein seit kurzem trockener Alkoholiker drückte dies einmal mit den einfachen und schönen Worten aus: «Als ich getrunken habe, ging ich mit vielen Frauen ins Bett, und im Grunde genommen erlebte ich immer wieder dasselbe. Seit ich trocken bin, habe ich nur mit meiner eigenen Frau geschlafen, aber jedes Mal, wenn wir zusammen sind, ist es eine neue Erfahrung.»
    Die Spannung, die nicht durch Erregen und Erregtwerden entsteht, sondern durch Kennen und Gekanntwerden, ist so selten wie kostbar. Die meisten von uns, die in stabilen Beziehungen leben, geben sich mit Verlässlichkeit, Wohlbefinden und Kameradschaft zufrieden, weil wir Angst davor haben, die Geheimnisse zu erforschen, die wir als Mann und Frau zusammen verkörpern, die Angst

Weitere Kostenlose Bücher