Wenn Frauen zu sehr lieben
Beziehung als körperlich tief befriedigend erleben, dann vermag dies auch eine starke gefühlsmäßige Bindung zu schaffen. Besonders für Frauen, die zu sehr lieben, kann der Kampf um einen Mann dazu beitragen, das gemeinsame sexuelle Erleben und folglich die Bindung an ihn zu intensivieren. Auch die Umkehrung dieses Satzes ist zutreffend: Wenn wir mit einem Mann zusammen sind, um den wir nicht ständig kämpfen müssen, dann empfinden wir in sexueller Hinsicht vermutlich sehr viel weniger leidenschaftliche Erregung. Eine Beziehung, die uns nicht in ständiger Anspannung hält, in der Sex nicht dazu dient, etwas zu beweisen, eine Beziehung also, die eher unbeschwert ist, kommt uns irgendwie fade vor. Und damit scheint sich für uns zu bestätigen, dass Anspannung, Kummer und Drama eben doch die «wahre Liebe» ausmachen.
Das führt uns zu der Frage, was «wahre Liebe» eigentlich heißt. Liebe scheint ein Wort zu sein, das sich nur schwer definieren lässt. Der Grund dafür besteht meines Erachtens darin, dass wir in unserem Kulturkreis versuchen, zwei grundverschiedene, sich offenbar sogar gegenseitig ausschließende Aspekte von Liebe in einer einzigen Definition zu verbinden. Je mehr wir also über den Charakter der Liebe sagen, desto mehr widersprechen wir uns selbst. Wenn wir feststellen, ein Aspekt von Liebe verträgt sich nicht mit dem anderen, geben wir verwirrt und frustriert auf und kommen zu dem Schluss, dass Liebe eben zu persönlich, zu rätselhaft, zu unerklärlich ist, um genauer definiert werden zu können.
Die Griechen waren klüger. Sie verwendeten verschiedene Wörter,
Eros
und
Agape
, für die grundsätzlich unterschiedlichen Ebenen der Erfahrungen dessen, was wir «Liebe» nennen. Eros bezeichnet natürlich die leidenschaftliche Liebe, während Agape die stabile, innige,
leidenschaftslose
Beziehung meint, wie sie zwischen zwei Menschen existiert, die einander sehr viel bedeuten.
Den Unterschied zwischen Eros und Agape zu verstehen, bedeutet auch, das Dilemma zu verstehen, in dem wir stecken, wenn wir uns zur selben Zeit, in einer Beziehung und mit einem Menschen, beide Formen von Liebe erhoffen. Sowohl die Verfechter von Eros als auch die von Agape haben gute Gründe für die Behauptung, ihre Form der Liebe sei die wahre, weil tatsächlich beide auf ganz eigene Weise schön, aufrichtig und wertvoll sind. Aber beiden Formen fehlt auch etwas Kostbares, das nur die jeweils andere zu bieten hat. Lassen Sie uns an dieser Stelle genauer ansehen, wie die Verfechter beider Richtungen Liebe beschreiben würden.
Eros: Wahre Liebe ist eine alles umfassende, verzehrende Sehnsucht nach dem Geliebten, der als andersartig, geheimnisvoll und nicht klar fassbar wahrgenommen wird. Die Stärke der Liebe bemisst sich an der Intensität des Begehrens. Für andere Interessen oder Ziele bleibt wenig Zeit oder Aufmerksamkeit, weil die Energie stark darauf konzentriert ist, vergangene Begegnungen ins Gedächtnis zurückzurufen oder sich zukünftige auszumalen. Oft müssen große Hindernisse überwunden werden, folglich ist Leid immer ein Teil dieser Art von Liebe. Ein weiteres Zeichen für die Stärke der Liebe ist die Bereitschaft, um der Beziehung willen Not und Schmerzen zu erdulden. Zu wahrer Liebe gehören Empfindungen von Erregung, Ekstase, Erschütterung, Angst, Spannung, Unergründlichkeit und Sehnsucht.
Agape: Wahre Liebe ist eine Partnerschaft, an die sich zwei Menschen, die einander viel bedeuten, aufrichtig gebunden fühlen. Diese Menschen teilen viele grundsätzliche Werte, Interessen und Ziele und tolerieren bereitwillig die individuellen Verschiedenheiten des anderen. Die Stärke der Liebe bemisst sich am Grad des gegenseitigen Vertrauens und Respekts. Die Beziehung erlaubt beiden, in allen Bereichen des Lebens selbstbewusster, kreativer und produktiver zu sein. Erfahrungen, die sie miteinander teilen, sind für sie eine Quelle der Freude – die gemeinsamen Erinnerungen, das gegenwärtige Leben, die Zeit, die vor ihnen liegt. Für jeden der Partner ist der andere der liebste und wichtigste Freund/die liebste und wichtigste Freundin. Ein weiterer Maßstab für die Stärke der Liebe ist die Bereitschaft, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, damit die Beziehung wachsen kann und an Nähe gewinnt. Zu wahrer Liebe gehören Empfindungen von Klarheit, Sicherheit, tiefer Zuneigung, Verständnis, Kameradschaft, gegenseitiger Unterstützung und Wohlbehagen.
Leidenschaftliche Liebe, Eros – das empfindet
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